s ta n d d ü r f te e b e n f a lls d a fü r s p r e c h e n , d a s s C ly p e u s u n d L a b rum e in e m o rp h o lo
g is c h e W ic h tig k e it b e s itz e n m ü ssen .
Wenn ich auch erst später auf jp n en genaueren Vergleich der Kopfsegmentierung von
Scolopendra mit anderen Arthropoden eingehen will, so sei doch schon jetzt bemerkt, dass
bei den Insekten Clypeus und Labrum nicht nur in durchaus ähnlicher Weise entstehen
sondern auch später so übereinstimmend gestaltet und gelagert sind, dass- an einer
thatsächlichen Homologie derselben mit den gleichnamigen Teilen von Myriopoden kein Zweifel
obwalten kann. Clypeus und Labrum stellen bei beiden Gruppen bestimmt nur präoral gelegene
Körperteile dar, und alle Versuche, die bekanntlich sogar noch bis in die neueste Zeit
hinein wiederholt worden sind, in dem Labrum der Insekten ein verschmolzenes Gliedmassenpaar
zu erblicken-, müssen schon wegen der Zugehörigkeit der Oberlippe zum präoralen Acron
als verfehlt bezeichnet werden1/. -
Das T e ls o n des S c o lo p e n d e rs b e tr a c h te ich als das Homologon de s Ends
e gm en ts von A n n e lid en . Die Berechtigung hierzu erblicke ich darin, dass in beiden
Fällen der fragliche Abschnitt in Beziehung zur Afteröffnung steht, dass er am terminalen
Korperende sich befindet, keine weitere Gliederung gewinnt, und dass in beiden Fällen unmittelbar
vor ihm die Knospungszone (Zwischenstück beim Scolopender) gelegen isfti'/L
Beim Embryo hufeisenförmig gestaltet, wandelt sich das Telson in die fleischige A n a l,
partie um, an der eine Lamina supraanalis, zwei Laminae- adanales und 'eine Lamina sub-
analis zu unterscheiden sind.
Es ist zweifellos, dass der beschriebene Analabschnitt homolog ist dem längst bekannten
Telson von Crustaceen und auch dem zuerst von mir (,1895) als Telson gedeuteten abdo-
minalen Endabschnitt bei den Insekten.
Bei den Insekten pflegt das Telson, soweit es eben überhaupt noch bei den Imagines vor-
handen ist, typisch aus drei Teilf,n zu bestehen, indem man zwei ventrale oder laterale Laminae
subanales (adanales) und eine dirsale. Lamina supraanalis ■ unterscheiden kann. Die unpaare
ventrale Lamina subanalis der Chilopoden fehlt den Insekten wohl immer. Bei den Diplopoden
z. B. bei Julus zeigt sich das Telson in der Regel in Form zweier- grösser seitlicher Afterklappen
(Laminae adanales) ausgebildet, während die unpaaren medianen Laminae vermisst werden.
Ich führe dies: nur an, um zu zeigen, dass die unpaaren Platten des Telsons (Lamina -supra -
anahs und subanahs) kein konstantes Vorkommen bei den Arthropoden haben, und d |ss sie nicht
etwa mit einem Tergit oder Sternit für identisch gehalten werden dürfen. Eine morphologische
Wichtigkeit haben die verschiedenen Laminae überhaupt nicht, es sind eben nur Teile des Telsons,
welche namentlich zum Schutze und gelegentlich auch als Verschlusseinrichtungen für den
Anus dienen.
Betrachtet man nunmehr A c r o n u n d T e ls o n in ih r e n B e z ie h u n g e n z u r Mund-
u n d A f te rö f f n u n g , so ergiebt sich an der Embryonalanlage des Scolopenders mit Deutlichkeit,
dass diese Darmöffnungen eigentlich hinter bezw. vor den beiden bezeichneten End-
abschmtten gelegen sind. Thatsächlich kann man bei Scolopendra beinahe von einer ursprünglich
, r W k ? S ll0n bei frül,cre( Gelegenheit (18951 noch einige weitere Gründe dargelegt, weswegen das Labmm
der Insekten meiner Überzeugung nach kem verschmolzenes Gliedmassenpaar sein kann. Es genügt, hier darauf hinzuweisen,
dass das Labruin namentlich bei niederen Insektenformen (Phyllodromia, Lepisma) gerade wie bei Scolopendra von
von, heretn unpaar angelegt wird, und dass es vor allem stets medial von den beiden Neuralwülsten sich bildet, während
alle Extremitäten paarig und auch ohne Ausnahme lateral von dem Nervensystem zur Entwicklung kommen.
intersegmentalen Stellung des Mundes und Afters sprechen, jedenfalls ist nicht zu verkennen,
dass bei weitem die Hauptmasse des Acrons vor dem Munde, diejenige des Telsons dagegen
genau genommen hinter dem After sich befindet. Diese charakteristische Lage ist bereits
ab origine bei den jüngsten Entwicklungsstadien nachzuweisen, sie scheint demnach wohl kaum
sekundär erworben zu sein.
Ich habe auf dieses Verhalten besonderes Gewicht gelegt, weil es mir in Widerspruch
zu einem allerdings sehr interessanten und geistvollen Erklärungsversuch des französischen
Forschers J a n e t (1899, 1900) zu stehen scheint, der auf Grund theoretischer Erwägungen neuerdings
geneigt ist, in der Mund- und Afteröffnung den morphologisch vordersten bezw. hintersten
Pol des Insektenkörpers zu erblicken, und welcher demgemäss nicht nur das Acron bereits
für einen postoralen Körperteil hält, sondern ihm auch wieder eine Zusammensetzung aus
mehreren Segmenten zuschreibt. Dieser Meinung, als deren Konsequenz noch andere Abweichungen
von wesentlicher und prinzipieller-. Bedeutung in der Auffassung der gesamten
Körpersegmentierung bei den Gliedertieren sich ergeben würden, vermag ich nicht zuzustimmen.
Sie befindet sich nicht im Einklang mit den thatsächlichen embryologischen Befunden an Scolopendra
und Insekten und sie lässt sich ebenso wenig mit dem Segmentierungsschema bei Anneliden
vereinigen, denen nach anderweitigen Erfahrungen in morphologischer Beziehung doch
sämtliche Arthropoden mehr oder weniger.sich anschliessen. Bei Anneliden sowohl wie bei
Arthropoden ist der Mund schon an der Ventralfläche -des Körpers gelegen, vor ihm befindet
sich ein selbständiger präoraler Teil (Prostomium oder Kopf lappen, Acron oder Clypeus), welcher
morphologisch den vordersten Körperpol einnimmt, aber immer vollkommen ungegliedert ist. Dieses
primäre Verhalten lässt sich sehr deutlich noch bei den Embryonen aller Arthropoden nachweisen,
bei denen die Mundöffnung daher auch niemals mit der vordersten Körperspitze zusammenfällt.
Die Frage, ob Mund- und Afteröffnung, wie ich oben angedeutet habe, nun thatsächlich rein
intersegmentale (richtiger prä- bezw. postmetamerale) Bildungen sind, die primär zwischen
Acron und Telson und dem sich anschliessenden ersten und letzten Metamer ihre Lage haben,
oder ob sie von vornherein doch eigentlich noch zum Acron und Telson mit hinzugehören und noch
in das Bereich der letzteren hineinfallen, wage ich nicht bestimmt zu beantworten. Die Befunde an
Scolopendra scheinen für die erstere Alternative zu sprechen. -Es ist jedenfalls hervorzuheben,
dass ein postoraler Bezirk am primären Kopfsegment des Scolopenders fehlt. Bekanntlich
unterscheidet H a tsch ek (1891) am primären Kopfsegment (Prosoma) der Anneliden einen
präoralen Teil (Prostomium) -und einen postoralen Teil (Metastomium), von denen aber nur
der erstere beim Scolopenderembryo nachzuweisen ist, sodass also die Mundöffnung im letzteren
Falle eigentlich nicht im Acron sondern hinter dem Acron liegt. Anders verhält es sich dagegen
mit dem Hinterende, indem mit der Ausbildung der Lamina subgenitalis die Afteröffnung des
Scolopenderembryo wenigstens später vollständig in das Areal des Telsons selbst hinein gelangt.
Ein definitives Urteil hinsichtlich der Zugehörigkeit der Darmöffnungen zum Acron und Telson
dürfte aber wohl erst auf Grund eines ausgedehnteren Untersuchungsmaterials sich gewinnen
lassen. Ich begnüge mich darauf hinzuweisen, dass eine andere durch ektodermale Einstülpung
entstandene Körperöffnung, die Genitalöffnung (Atrium genitale) sicher intersegmental gelegen ist.
Wenden wir uns nun zu einer Betrachtung der eigentlichen Segmente,. so ist in der Reihe
der zwischen Acron und Telson gelegenen Metameren als erstes das P rä a n te n n en s egm e n t zu
bemerken. Dieses Segment ist deswegen von einem besonderen Interesse, weil es bisher von
keinem Beobachter an Arthropoden nachgewiesen worden ist. Z o g ra f (1883) in seiner sorg