
lentigene Schicht selbst schliesslich wieder-auf die oben erwähnte irisartige Membran reduziert.
Ersatzkräftiges Material für die Erzeugung einer neuen Linse bei der nächsten Häutung bleibt
nur dort erhalten, wo die lentigenen Zellen in die Hypodermis übergehen.
Aus diesen Beobachtungen geht hervor, dass das Auge zur Zeit der Häutung aus zwei
übereinanderliegenden Schichten besteht, indem eine obere (distale) Lage von lentigenen Zellen
und eine untere (proximale) Lage von Retinazellen zu unterscheiden sind. Eine wirkliche Zweischichtigkeit
ist gleichwohl damit nicht vorhanden, weil es sich doch thatsächlich nur um ein vorübergehendes
Zusammenschliessen der ringförmigen lentigenen Schicht in der Augenmitte handelt.
Proximal gehen die lentigenen Zellen in die Retina über. Letztere bildet ein typisches
einschichtiges Epithel, dessen Kerne ungefähr alle in gleicher Höhe gelagert sind. Man kann
an jeder Retinazelle zwei Teile unterscheiden, einen äusseren basalen kernhaltigen und einen
inneren apikalen stäbchenführenden Teil. Das Grössenverhältnis und die Anordnung dieser
Teile erklärt Fig. 67 besser, als eine lange Beschreibung. Bemerkt sei nur, dass jede Retinazelle
basalwärts sich in eine Spitze auszieht und dort mit einer Opticusfaser im Zusammenhang steht.
Das Pigment findet sich im basalen Teile der Retinazellen vor, es umgiebt namentlich
den Kern in Form von schwärzlichen Kügelchen und erstreckt sich noch über den letzteren
in apikaler Richtung bald weiter, bald weniger weit hinaus, wobei es in Form eines Cylinder-
mantels der inneren Zellwand angelagert ist.
Die apikalen oder inneren Teile der Retinazellen reichen mit ihren Spitzen bis zur Mittelaxe
des Auges. Diese inneren Teile der Sehzellen sind von Grenacher (1880) als Stäbchen
bezeichnet worden. Das Studium der Stäbchen bereitet die meisten Schwierigkeiten und kann
bei nicht ganz ausreichendem Erhaltungszustände leicht zu Irrtümern führen. Nach den Untersuchungen
von Grenacher hat sich ergeben, dass die Stäbchen bei Scolopendra „lichtbrechende
Röhren sind von einem ansehnlichen gegen das freie Ende hin sich verjüngenden Lumen durchsetzt,
das den zugehörigen Retinazellen durchaus fehlt.“ Demgegenüber konnte ich jedoch
den unmittelbaren Übergang des körnigen Protoplasmas der Retinazelle in das Innere der
Stäbchenröhre mit aller Bestimmtheit konstatieren. Das Stäbchen stellt meiner Ansicht nach
überhaupt nichts anderes als den verlängerten apikalen Teil der Retinazelle dar, indem sich
der direkte Übergang der Stäbchenwand in die Zellmembran der Retinazelle nachweisen
lässt. Der Eindruck eines Stäbchens wird durch die starke Verdickung (Cuticularisierung)
hervorgerufen, welche die Zellmembran im ganzen apikalen Teile erleidet, so dass dieselbe
damit dort zu einer lichtbrechenden Röhre wird. Die Form der letzteren fand ich meist nicht
rund sondern sechseckig oder polygonal. Genau genommen ist der Ausdruck Stäbchenröhre
überhaupt aber kein sehr glücklicher, indem es sich nicht um eine Röhre, sondern eher
um einen langgezogenen Kegel oder um ein weites Haar handelt, das an seinem apikalen
nach dem Augeriinnern zugewendeten Ende geschlossen ist.
Das Innere des Stäbchens ist nicht hohl, sondern wie bereits erwähnt mit körnigem
Protoplasma, der direkten Fortsetzung des Zellplasmas, durchsetzt. Dieses Plasma erfüllt den
ganzen basalen Abschnitt des Stäbchens, während ich es weiter nach der geschlossenen Spitze
hin nur noch in Form einer dünnen der Innenwand des Stäbchens anliegenden Schicht nachweisen
konnte. In der Axe des letzteren ist das Plasma jedenfalls nicht körnig, sondern besitzt dort eine
homogene oder flüssige Beschaffenheit, Reste dieser Substanz glaube ich an einigen meiner Präparate
noch erkannt zu haben. Ein Querschnitt durch einige Stäbchen ist in Fig. 67a dargestellt.
Die Abbildung lässt deutlich die dicke doppelt konturierte Wand der Stäbchen erkennen.
An der rechten Seite der Figur sind die letzteren ziemlich basal, in der Nähe der Retinazelle
durchschnitten, ihr. Inneres ist von Plasma gänzlich ausgefüllt. Die in der Mitte der
Figur befindlichen Stäbchen sind in ihrem mittleren Teile durchschnitten worden. Das Protoplasma
liegt hier wie ein Mantel der Innenseite der Stäbchenwand an, während im Centrum
des Stäbchens der mit Flüssigkeit gefüllte Hohlraum zu bemerken ist. Links sind endlich
zwei Stäbchen in der Nähe ihres apikalen Endes durchschnitten. Der dunklere Kreis im Innern
ist nur der optische Schnitt des in eine abgestumpfte kegelförmige Spitze ausgehenden
Stäbchenendes.
Man wird jedenfalls nicht fehlgehen, wenn man annimmt, dass die mit Plasma erfüllten
Stäbchen die eigentlichen lichtempfindenden Teile sind. An der Stelle, an welcher der Nervus
opticus in den Augenbulbus eintritt, ragen die Zellen zapfenförmig in das Augeninnere vor,
jedoch fehlen an dieser Stelle die Stäbchen, so dass hiermit an dem genannten Orte ein blinder
Fleck zu Stande kommt.
Die Schicht der Retinazellen wird aussen umgeben von der becherförmigen Endausbreitung
des Nervus opticus (Fig. 67 n. opt1), dessen Fasern dort noch deutlich nachzuweisen sind.
Zahlreiche Kerne liegen zwischen den Nervenfasern eingestreut und treten auch im ganzen
Verlaufe des Sehnerven hervor. Die Wand des Augenbulbus besteht aus einer doppelt kon-
turierten cuticularen Membran (om), welche distal in die Basalmembran der Hypodermis übergeht
und proximal sich als sehr dünne Nervenscheide auf den Opticus fortsetzt. Die Matrixzellen
dieser Membran sind im ausgebildeten Auge meist nicht mehr nachweisbar. Schliesslich
ist noch auf die äussere Pigmentschicht hinzuweisen, welche die Fortsetzung der mesodermalen
Cutis (Fig.67 cs) darstellt und ausser dem Auge auch den Nervus opticus umhüllt. Viele Tracheenästchen
umspinnen diese äusserste bindegewebige Schicht.
2. Allgemeiner Teil.
Die Entwicklung des Myriopodenauges ist bisher nur von Heathcote (1888) an Julus
untersucht worden. Seiner Beschreibung zufolge stellen die Ocellen anfänglich geschlossene
Bläschen dar, welche durch Auftreten einer Höhlung in einer verdickten Ektodermpartie zustande
kommen sollen.
Bei Scolopendra werden die Augen jedoch bestimmt durch Einsenkung des späteren
Sinnesepithels in die Tiefe und durch darauf folgende teilweise Überwachsung desselben vom
Rande her gebildet. Geschlossene Bläschen sind die Augenanlagen bei Scolopendra niemals
und von der Hypodermis überwallt werden dieselben nur vorübergehend, nämlich nur dann,
wenn es zur Abscheidung der oberflächlichen embryonalen Cuticula oder später zur Bildung
der cuticularen Linsen kommt, mithin findet dies nur während der Häutungszustände statt.
Es ist meiner Ansicht nach wahrscheinlich, dass Pleathcote Embryonen in einem derartigen
Stadium vor sich hatte, während ihm die frühesten Entwicklungsstufen des Auges thatsächlich
entgangen sind.
Aus dem o b e n M itg e te ilte n g e h t zur G e n ü g e h e rv o r, d a s s d a s S c o lo p en -
d e r a u g e s e in e n C h a r a k t e r a ls e in s c h ic h tig e s N a p fau g e d u r c h a u s b ew a h rt.