hinten (vom Blastoporus) nach vorn sich ablösender Streifen angelegt wird, die wie die Entwicklung
von Scolopendra beweist, auf die Mesodermstreifen der Anneliden zurückgeführt
werden können. Diese Mesodermstreifen pflegen sich indessen bei vielen holometabolen Insekten
in cänogenetisch etwas vereinfachter Weise gleich in Form einer gemeinsamen medianen
Einstülpung (Mesodermrinne oder Mesodermrohr) vom Ektoderm abzutrennen.
Im V e rg le ic h zu d en ü b r ig e n In s e k te n und a n d e r e n A r th r o p o d e n b ild e n
s e lb s tv e r s tä n d l ic h die M u s c id e n a u ch in d ie s e r H in s ic h t k e in e A u sn a hm e : da s
m e d ia n e M e so d e rm ro h r i s t von E s c h e r ic h g e n a u b e s c h r ie b e n w o rd e n , u n d in
den v o rd e r e n u n d h in te r e n M e s o d e rm fa lte n , die dem A u to r zu r B e s tä tig u n g
d e r „ E n t e r o c ö l th e o r i e “ V e r a n la s s u n g g a b en , lie g t in W ir k lic h k e it n ic h ts w e ite r
a ls n o ch e in R e s t d e r b e id e n p r im ä r e n M e s o d e rm s tr e if e n vor.
Freilich handelt es sich hier nur um einen ganz schwachen Anklang an primitivere Verhältnisse,
denn schon von der normalen und ursprünglichen Entwicklungsweise des Mesoderms
in der Richtung von hinten nach vorn, ist bei den cänogenetisch stark modificierten Fliegen
gegenwärtig nichts zu bemerken. Gerade wie bei den Anneliden und bei allen anderen Arthropoden
kommt aber wenigstens in diesem Stadium mit der Anlage des Mesoderms bei den
Musciden gleichfalls die bilatere Form der eigentlichen Embryonalanlage zum Ausdruck.
Allein das Bild der Musciden-
entwicklung erleidet insofern noch
eine gewisse aber unbedeutende
Komplikation, als auch in diesem
Stadium bereits die beiden Mitteldarmanlagen
in Form einer vorderen
und hinteren Invagination
auftreten (Fig. XXXXII rechts).
Dieser Umstand in Verbindung
mit derBeobachtung, dass von diesen
beiden Invaginationen das definitive
Mitteldarmepithel gebildet wird, hat
dann Z U der nicht zutreffenden Mei- XXXXII. Schema der stufenweisen Entwicklung der beiden Mesoderm-
_ -«r i i streifen bei den Insekten. Das Ei ist von der ventralen nung Veranlassung gegeben, dass v v ^ A PHW »PffffW • c v Seite geseh„en. Links. o & & & j der ursprüngliche Zustand lasst die beiden einfachen parallelen Mesodermerst
jetzt das Gastrulastadium ein- streifen erkennen. In der mittleren Figur ist zwischen den Mesodermstreiferi
träte Dass indessen diese letztere sc^on mediane Rinne zur Ausbildung gelangt, während rechts, wo das .
. . . . am weitesten fortgeschrittene Stadium dargestellt ist, zwischen die beiden
Meinung eine irrtümliche sein muss, Enden der Mesodermstreifen die bipolaren Mitteldarmanlagen sich eingedrängt
geht daraus hervor, dass ja bereits haben, hmd = hintere Mitteldarmanlage, mes = Mesodermstreifen, vmd =;
fcr ühi e r an dj em nMyursc- ijd enei• •ei n m■it, vordere Mitteldarmanla6ge.
der Gastrulation anderer Tiere zu vergleichender Vorgang sich vollzogen hat.
Wenn man nun angesichts dieser Thatsache trotzdem die Urdarmtheorie von Escherich
noch retten will, so kann in dieser Hinsicht überhaupt nur noch ein Versuch gemacht werden.
Es würde nämlich die von dem genannten Autor selbst nicht in Betracht gezogene Eventualität
zu berücksichtigen sein, dass mit der Einwanderung der Dotterzellen die Gastrulation
noch nicht ihren völligen Abschluss gefunden habe, sondern dass die Beendigung der Gastrulation
erst durch die Invagination der Mitteldarmanlagen herbeigeführt würde. Die Einstülpung
der letzteren würde dann also gewissermassen sich noch als eine zweite Phase der Gastrulation
darstellen, durch welche die eigentliche Gastrulation noch nachträglich vervollständigt wird.
Dies wäre wie gesagt meiner Meinung nach die einzige Möglichkeit, durch welche die Bildung
der Mitteldarmanlagen mit einem Gastrulationsvorgange überhaupt in irgend eine Verbindung gebracht
werden könnte. Diese Deutung ist jedoch sehr unwahrscheinlich, vor allem deswegen,
weil namen tlich d ie E in s tü lp u n g fü r d ie v o rd e re M itte ld a rm a n la g e n ic h t an d e r
S te lle lie g t, wo d e r B la s to p o ru s - s ic h b e f in d e n m u ss, d. h. am v e g e ta tiv e n E ip o le .
Es würde demnach auch hier wiederum erst die oben kritisierte unbefriedigende und
vor allem auch noch unbewiesene Zerreissungshypothese zu Hilfe genommen werden müssen,
man würde also notwendiger Weise wieder voraussetzen müssen, dass bei den Insekten einmal
ursprünglich ein langgestreckter Blastoporus vorhanden gewesen sei, der über die ganze Länge
des bereits bilateralen Embryos sich ausgedehnt hat. Für eine solche Voraussetzung fehlt
aber jede Basis, denn abgesehen davon, dass bei den doch in erster Linie wichtigen niederen
Ateloceraten (den Myriopoden und Apterygoten) eine eigentliche Urdarmeinstülpung (Blastoporus),
soweit eben alle unsere jetzigen Erfahrungen reichen, überhaupt gar nicht existiert,
was bekanntlich auch für die Spinnen und Skorpione, für die Gigantostraken (bei denen wenigstens
die mediane Vertiefung gerade mit der Entodermbildung nichts zu thun hat) und für viele
Crustaceen gilt, so steht andererseits auch wiederum die unumstössliche Thatsache fest, d a ss
b is j e t z t ü b e rh a u p t n o ch b e i k e in em e in z ig e n A r th r o p o d e n ein lo n g itu d in a le r,
ü b e r die g a n z e 'E m b r y o n a la n la g e Sich a u s d e h n e n d e r , l a n g g e s t r e c k t e r B la s to p
o ru s g e fu n d e n w o rd e n ist. Unter diesen Umständen lässt sich also wohl die Existenz
einer bei den Vorfahren der Insekten vorhanden gewesenen longitudinalen Urdarmeinstülpung
beim besten Willen nicht behaupten oder auch nur irgendwie wahrscheinlich machen. Ist eine
derartige Behauptung aber nicht zu begründen, dann ist auch der conditio sine qua non für
das Auftreten einer „vorderen Urdarmeinstülpung“ bei den Musciden der Boden entzogen.
Als weitere Bedenken gegen die Annahme einer partiellen nachträglichen Gastrulation
führe ich noch an 1. dass auch bei den Musciden das Lumen der beiden Mitteldarmeinstülpungen
(des sog. „Urdarms“) gar nicht einmal in das definitive Darmlumen übergeht, 2. dass
ein in ganz differenten Phasen und namentlich ein an verschiedenen Stellen des Eies sich abspielender
Gastrulationsvorgang bei anderen Tieren bisher überhaupt noch niemals konstatiert
worden ist, und 3. dass dann endlich auch bei den Musciden ein Fall von Enteröcölie vorliegen
müsste, der zu den sämtlichen bisherigen Ergebnissen im Gegensatz stehen würde.
Die Erklärung der vorderen und hinteren Einstülpung des Muscideneies liegt denn auch
.in der That sehr viel näher, als mittelst der eben besprochenen vagen Urdarmhypothese. Es
h a n d e lt s ic h b e i d e n b e z e ic h n e te n b e id e n E in s tü lp u n g e n um n ic h ts a n d e re s
a ls um d ie fü r die h o lom e ta b o le n In s e k te n c h a r a k te r i s t is c h e n e k to d e rm a le n
M itte ld a rm a n la g e n , w e lc h e , a n s t a t t wie be i z a h lr e ic h e n C o le o p te r e n , L e p i-
d o p te r e n u n d D ip te r e n (Me lophagus) e r s t vom V o rd e r - und E n d d a rm a u s z u g
e h e n , b e i den M u s c id e n s c h o n e tw a s f r ü h e r , und zwar g le ic h z e itig m it d e r
M e so d e rm b ild u n g zu T a g e t r e te n . Dass ihre Bildung in diesem Falle sich mittelst Invagination
vollzieht, ist hierbei von untergeordneter Bedeutung, oder spricht höchstens noch
für eine weitere sekundär eingetretene Modifikation. Ganz unwesentlich scheint es mir auch
zu sein, wenn der Autor am Vorderende eine vorübergehende Abgrenzung der Mitteldarm