Diese centralen Dotter- oder Furchungszellen zeigen nun unverkennbareDegenerationserschei-
nungeri von dem Zeitpunkt an, in welchem der Keimstreif an der Eioberflächo entstanden ist. Ihre
Kerne erlangen zunächst eine unverhältnismässige Grösse und wandeln sich hierauf in vollkommen
uriregelmässige Ballen und Chromatinstränge um, welche untereinander zusarnmenfliessen und
dann schliesslich nach und nach resorbiert werden. Die Auflösung der centralen Furchungszellen
geht langsam von statten und ist erst dann eine vollständige geworden, wenn an der
Eioberfläche die Segmentierung des Embryonalkörpers beendet ist. Natürlich muss das Zugrundegehen
der in Rede stehenden Zellen einen erheblichen Einfluss. auf die Gestaltung der
Dottermasse ausüben. Wie bereits oben dargelegt wurde, beherrschen die central gelegenen
Dotterkerne gewissermassen den ganzen Nahrungsdotter, indem letzterer durch einen bestimmten
von den Dotterkernen ausgehenden Einfluss in eine grössere Anzahl pyramidenförmiger
Segmente zerlegt wird. Wenn aber mit dem Verfall der centralen Dotterkerne die
Centren der Dottersegmente zerstört werden, so ist es erklärlich, dass auch die, pyramidenförmigen
Segmente alsbald zu Grunde gehen müssen. Die Dottersegmentierung wird daher
immer undeutlicher, die Pyramiden fliessen. zusammen, und wenn dann die Seitenhälften des
Keimstreifs auseinander weichen, so stellt der Dotter nur eine einheitliche breiartige Masse
dar, die der Zerteilung in eine vordere und hintere Hälfte seitens des in die Tiefe eindringenden
und ventral sich einkrümmenden Keimstreifs keine Schwierigkeiten mehr bereiten kann.
In dieser Entwicklungsepoche oder doch wenigstens sehr bald nach der ventralen Einkrümmung
des Körpers dürfte aber auch bereits die Thätigkeit der übrigen Dotterzellen im
wesentlichen ihren Abschluss gefunden haben. Mit Ausnahme des Vorder- und Hinterendes
liegen die Dotterzellen dann nirgends mehr in grösserer Anzahl beieinander, sondern sind
ziemlich gleichmässig innerhalb der Dottermasse zerstreut (Fig. 47, 50 de). Sie zeichnen sich
aus durch die Grösse ihrer Kerne, welche gelegentlich das fünf- bis sechsfache des Umfangs
von Entoderm- oder Mesodermkernen beträgt, sowie durch die vielfach unregelmässige wurstförmige
oder zackige Gestalt der letzteren (Fig. 46). Beides sind bereits beginnende Degenerationserscheinungen.
Die Rolle der Dotterzellen als Nährzellen, deren Aufgabe darin besteht,
die Dottermasse zu resorbieren, wird jetzt von den Entodermzellen übernommen, die in Form
eines einschichtigen Sacks die ganze Dottermasse rings umgeben.
Man darf sich nicht vorstellen, dass die Ersetzung der Dotterzellen durch Entodermzellen
.mit einemmale und unvermittelt erfolgt, denn wie schon gesagt, ist in frühen, Stadien,
wenn das Entoderm sich differenziert, eine Unterscheidung zwischen beiden Zellensorten vielfach
gar nicht möglich. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass aus dem Entoderm sich nicht
selten Zellen loslösen, die in den Dotter einwandern und dort zu Dotterzellen werden. Andere
Entodermzellen bleiben dagegen auf der Oberfläche der Dottersubstanz und schliessen sich
daselbst dann zur Bildung des Entodermepithels zusammen.
Ich habe hiermit eine Darstellung der wichtigsten Entwicklungserscheinungeri gegeben,
welche an den Trophocyten (Dotterzellen und Entodermzellen) von der Furchung bis zur Einkrümmung
des Keimstreifs d. h. bis zum Übergang von der zweiten zur dritten Entwicklungsperiode
sich abspielen. Da mittlerweile aber auch schon Stomatodäum und Proctodäum entstanden
sind, so mag zunächst noch auf die Entwicklung dieser Teile eingegangen werden.
Stomatodäum und Proctodäum entstehen als einfache sackförmige Ektodermeinstülpungen,
das erstere, entsprechend dem zeitigeren Auftreten des Mundes im Vergleich zum After, früher
als das letztere. Die Gestalt der betreffenden Darmteile zeigen die Fig. 48 und 49, sowie
die beiden Textfiguren XXXIX und XXXX.
Es fällt namentlich auf, dass das enge Proctodäum, welches durch die schmale Afterspalte
ausmündet, sich ursprünglich an seinem proximalen Ende trichterförmig erweitert (Fig. 49),
w'ährend das
Stomatodäum
einen nahezu
von vorn bis
hinten gleich weiten Sack darstellt.
Die dorsale Wand des
stomatodäalen Sacks ist anfangs
bedeutend dicker als
die gegenüberliegende ventrale
(Fig. XXXIX). Dieser
Umstand hängt damit zusammen
, dass aus der dorsalen
Wandschicht die Ablösung
des Schlundnervensystems
vor sich geht.
Schon von vorn herein
sind das Stomatodäum und
namentlich das Proctodäum
mit einem dicken Belag von
Mesodermzellen versehen, die
dazu bestimmt sind, die Muskelschichten
dieser Darmteile
zu liefern. Das Mesoderm
des Stomatodäums (Fig. 61
mes) stammt, wie bereits
oben erwähnt wurde, zum
grossen Teile von Zellen ab,
die in der Medianlinie in der
Umgebung der Mundgrube
sich vorfinden. Die mesodermale
Bekleidung des Procto-
däums dagegen leitet sich
von den Mesodermzellen des
Telsons her.
Fig. 49 zeigt einen Schnitt
durch das Telson mit längsgetroffenem
Proctodäum. Die
Fig. XXXIX. Sagittalsclmitt durch das Stomatodäum eines Embryos von Scol. ring.
cer = Gehirn, de = Dotterzellen, do = Dotter, enc = Entodermzellen, fgl =
Anlage des Frontalganglions, fk = Fettkugel des Nahrungsdotters, lab = Labrum,
mes = Mesoderm, n. ree. = Anlage des Nervus recurrens, o = Mundöffnung,
qva = queres Phragma (vordere Grenzlamelle), sch = Blutsinus, splm = Muskelschicht
des Mitteldarms, stm = Muskelschicht des Vorderdarms, stoml = Lumen
des Vorderdarms, v = vorn. Die Zellgrenzen der Entodermzellen, die in diesem
Stadium schon den Dotter in sich aufzunehmen beginnen, sind nicht angegeben.
unregelmässig verteilten oder nur zu lockeren Zügen und Strängen angeordneten Mesodermzellen
in diesem Abschnitt haben sich schon teilweise an die Wand des Enddarms angefügt
und stellen eine der Oberfläche desselben anliegende Schicht dar, die in etwas späteren Stadien
(Fig. 48) schon deutlicher hervortritt und schliesslich zur Muscularis (Fig. 58 rm, Im) wird.
Zoologica. Heft 33. , 25