Eigenschaften, die eben sämtlichen Arthropoden in gleicher Weise zukommen. Ein -Unterschied
im Vergleich zu den erstgenannten Tieren ergiebt sich nur in sofern, als bei den Anneliden,
sich die besprochene Art der Körpergliederung mehr oder weniger deutlich dauernd
erkennen lässt, während man zum Nachweis derselben bei Arthropoden zu embryologischen
Untersuchungen zurückgreifen muss.
Es dürfte wohl nur wenige Objekte geben, welche die für Würmer und Arthropoden
gemeinsamen Grundzüge der Körpersegmentierung so klar zur Anschauung bringen, wie dies
bei den Embryonen von Scolopendra der Fall ist. Die Körpergliederung entwickelt sich hier
genau in der Weise, wie man es den theoretischen Voraussetzungen nach erwarten muss.
E in g lie dm a s s e n lo s e s , d e r C ö lom s .ä ck c h e n e n tb e h r e n d e s p r im ä r e s K o p fs
e gm e n t (Acron) e r ö f f n e t beim S c o lo p e n d e r die S e gm e n tr e ih e , ein e n tsp re c h e n d
g e s t a l t e t e s A n a ls e gm e n t (T el.sö n );.,jch lie sst d ie s e lb e h in te n ab u n d zw isc h e n
b e id e s c h ie b e n s ic h 30 K ö rp e r s e gm e n te (Me tam eren ) ein, von d enen in e m b r y f i
n a le r Z e it ein je d e s m it d en o b en e rw ä h n te n A t t r i b u t e n , mit zwei C ö lom sä ck -
c h en , mit p a a r ig e n G a n g lio n a n la g e n u n d von e in e r e in z ig e n A u s n a hm e a b g
e s e h e n a u ch s t e ts m it zwei E x tr em it ä t e n , v e r s e h e n ist.
Fasst man die Art und Weise ins Auge, in welcher die Segmente gebildet werden, so
giebt sich bei Scolopendra allerdings eine gewisseBedoch nur geringfügige Unregelmässigkeit
m der Reihenfolge ihres Auftretens zu erkennen. Es erscheinen zunächst einige von den
mittleren Rumpfsegmenten, dann differenzieren sich die Kopfsegmente,, ungefähr ihrer Grösse
nach, die grossen Segmente zuerst, während die kleinen rudimentären Segmente etwas zurück-
bleiben, und erst wahrend dessen, zum Teil sogar noch etwas später kommt es schliesslich
auch zur Ausbildung der noch fehlenden Rumpfsegmente. Es zeigt iäch hier also eine teilweise
Beschleunigung in der' Bildung einzelner Segmente im Vergleich zu anderen, welche
jedoch wohl nur auf Rechnung eine||sog. „abgekürzten Entwicklungsmodus' 1 zu « fz e n ist.
Die typische Bildungsweise, welche darin besteht, dass zuerst Acron und Telson und hieraut
die Metameren successive in der Richtung von vorn nach hinten angelegt werden, eine Reihenfolge,
die bei vielen anderen Arthropoden zu konstatieren ist, hat bei S;6®lopendra, vielleicht
in Anpassung an den grossen Do.ttergehalt des Eies, eine geringe Modification erlitten.
Von allgemeinerem Interesse scheint mir dagegen die ungemein auffällige Verzögerung
in der Ausbildung der beiden hintersten (29. und 30.) Metameren, des Prägenitalsegments und
Genitalsegments, zu sein. Es ist bekannt, dass bei Anneliden das Endsegment „als ein undifferenzierter
Teil des Rumpfes persistiert, welcher während der Entwicklung (oder auch dauernd)
durch Teilung Metameren erzeugen kann" (Hatschek 1878). Demnach ist also bei den Anneliden
am Hinterende eine Proliferationszone vorhanden, von der aus neue Segmente- gebildet werden
können. Diese Zone bleibt bekanntlich aber auch bei manchen Chilopoden noch nachweisbar
und. ist stets vor dem unverändert bleibenden Telson, zwischen diesem und dem hintersten
Metamer, eingeschaltet. Von dieser Knospungszone oder Wucherungszone werden bei jugendlichen
Individuen von Lithobiiden und Sputigeriden (CMlopia anamorplia.); noch in postembryo-
naler Zeit neue Segmente nach vorn abgegeben.
Bei den Scolopendriden und Geophiliden (Chilofoda epimorfika), die bereits mit voller
Segmentzahl ihr Leben beginnen, muss dagegen die Segmentbildung schon vorher ihren Abschluss
gefunden haben. Nichtsdestoweniger vollzieht sich aber auch hei den letztgenannten
Formen die Neubildung der Segmente in analoger Weise. So giebt Z o g ra f (1883) an, dass
bei Geophilus, zur Zeit wenn das Embryo die Eischale sprengt, von den undifferenzierten
Schwanzlappen aus noch immer neue Segmente gebildet werden. Bei Scolopendra ist allerdings
nach meinen Beobachtungen die Segmentbildung abgeschlossen, noch ehe die Eischale
durchbrochen wird, aber auch hier dürfte das verspätete Auftreten des 29. und 30. Metamers
als ein letzter Anklang an die Segmentbildung bei anamorphen Chilopoden und Anneliden
aufzufassen sein.. T h a ts ä c h lic h b le ib t ja au ch beim S c o lo p e n d e r em b ry o zwischen
dem 28. M e tam e r (S e gm en t d e r E n d b e in e ) u n d dem T e lso n lä n g e r e Z e it hind
u rc h z u n ä c h s t e in e u n d if f e r e n z ie r te Z one z u rü c k , die ich o b en a ls Zw isc h en s
tü c k b e s c h r ie b e n h a b e , u n d w e lch e d e r c h a r a k te r i s t is c h e n K n o sp u n g s z o n e
n ie d e r e r A r tic u la te n d u r c h a u s e n ts p r ic h t. Diese Zone liefert dann erst verhältnismässig
spät das Prägenitalsegment und Genitalsegment, erst hiermit ist sie aufgeteilt und als
selbständiger Körperabschnitt endgiltig verschwunden, sofern nicht etwa der zwischen Genitalsegment
und Telson gelegene unscheinbare Querwulst, noch einen letzten Überrest davon
darstellen sollte.
Ich wende mich jetzt zu einer genaueren Betrachtung der einzelnen Körperabschnitte
und beginne zunächst mit einer Besprechung der beiden Endstücke.
Das A c ro n de s S c o lo p en d e rk e im stre ifen s kann s e in e r p rä o ra len Lag e wegen
ungezwungen mit dem p rä o ra len Kopflappen o d e r Pro stom ium de r Anneliden v e rglichen
werden. Abgesehen von der übereinstimmenden Lage werde ich unten noch Gründe
anführen, welche dafür sprechen, dass auch die Entstehung der Ganglien im Bereiche des
Acrons von Scolopendra einen Vergleich desselben mit dem Prostomium von Anneliden als berechtigt
erscheinen lässt, und überdies scheint mir ein solcher Vergleich sich auch wohl schon
ohne weiteres als Konsequenz des oben erörterten Segmentierungsschemas zu ergeben.
Das Acron der Embryonalanlage von Scolopendra besteht nur aus einem schmalen
Körperstreifen, der unmittelbar vor der Mundöffnung gelegen ist, und in dem einer der wichtigsten
Abschnitte des Gehirns (Archicerebrum nebst accessorischen Ganglien) sich bildet.
Verglichen mit dem homologen Kopflappen der Anneliden oder namentlich dem entsprechenden
präoralen Abschnitt einer Trochophoralarve erscheint das Acron von Scolopendra freilich recht
klein und reduziert. Gleichwohl ist das letztere nicht etwa nur eine rein embryonale, vorübergehende
Bildung, sondern aus ihm entwickelt sich die als Clypeus bekannte Kopfpartie,
die zeitlebens als distinkter Abschnitt erkennbar bleibt.
Genau genommen handelt es sich nicht um den Clypeus allein, welcher auf das Acron
des Embryos sich zurückführen lässt, sondern auch die bei Scolopendra noch ziemlich schmale
unscheinbare Oberlippe stammt vom Acron her. Jedenfalls ist aber der Clypeus als eigentlicher
fundamentaler Bestandteil anzusehen, während das Labrum erst sekundär als nach hinten
gerichteter und später von dem Clypeus sich abgliedernder Auswuchs angelegt wird.
W en n wir som it im C ly p eu s e in e n K ö r p e r te il k e n n e n g e le r n t h a b e n , d e r
s ic h u nm itte lb a r a u f den p r ä o r a le n K o p fla p p e n a n n e lid e n a r tig e r T ie r e zurü
c k fü h r e n lä s s t, so i s t d ie s von um so h ö h e rem I n t e r e s s e , a ls C ly p e u s und
L a b rum b e k a n n tlic h G e b ild e Sind, die a u ch b e i a n d e r e n T r a c h e a te n (Diplop
o d en , In s e k te n ) e in e w e ite V e rb r e itu n g b e s itz e n u n d g e r a d e be i den e in f a c h e r
o r g a n is ie r te n F o rm e n b e in a h e r e g e lm ä s s ig e n tw ic k e l t sind. D ie s e r Um