Genitalanlage als solcher keine Vergrösserung erfährt, die grossen plasmareichen Genitalepithelzellen
andererseits aber doch Platz finden müssen, so .bleibt gar nichts anderes übrig, als dass
letztere in das schon an und für sich ziemlich enge Cölom hineingedrängt werden, das von
ihnen nunmehr allmählich ausgefüllt wird. Genitalepithelzellen treten besonders an der ventralen
Seite der beiden Genitalröhren auf. Noch mehr als diese Seiten werden freilich
die beiden gegeneinandergepressten medialen Wände zum Schauplatz der Bildung solcher
Zellen, sie lösen sich zuletzt überhaupt gänzlich in Genitalepithelzellen auf. Ist dies geschehen,
so fällt natürlich auch die doppelte Scheidewand fort, welche die beiden nebeneinander liegenden
Genitalröhren bisher trennte, so dass man nunmehr nur noch von einer unpaaren ventral
vom Herzen gelegenen Genitalanlage reden kann. Einen sehr erheblichen Anteil an der Produktion
von Genitalepithelzellen nehmen endlich auch die Dissepimente. Auch letztere werden
aufgelöst und die bisherige Kammerung geht verloren. Selbst nach der Zerstörung der trennenden
Septen ist es aber nicht möglich, einen durchgängigen Hohlraum in der Genitalanlage
nachzuweisen, denn da die Genitalepithelzellen beinahe das ganze Innere ausfüllen, so ist an
vielen Schnitten von dem Cölom gar nichts mehr zu erkennen, während an anderen sich
letzteres nur noch in Gestalt von Spalten und Lücken erhalten hat.
Erst wenn sich der Embryo dem Fetalstadium nähert kommt in dieses Chaos Ordnung
hinein. Es findet alsdann eine deutliche Sonderung in etwas grössere Genitalepithelzellen
(Fig. 58 gep) und in etwas kleinere Zellen (Fig. 58 gm) statt, welche letztere später zur Mus-
cularis werden. Während d ie .Muskelzellen die äussere Schicht bilden, stellen die Genitalepithelzellen
die innere Schicht der Genitalanlage dar. Hierbei ordnen sich dieselben in regelmässiger
epithelialer Weise an, so dass sie in einer einfachen Lage die Wand der auf dem
Querschnitt kreisförmigen Genitalanlage bilden (Fig. 66). Der jetzt deutlich hervortretende
Hohlraum der Genitalröhre ist zweifellos auf das ursprüngliche Cölom zurückzuführen, das
während der Embryonalzeit nur vorübergehend und auch niemals vollkommen von den Genitalepithelzellen
ausgefüllt war. Diese letzteren Zellen sind, wie aus dem geschilderten Entwicklungsverlauf
zur Genüge hervorgeht, als Abkömmlinge des ursprünglichen Cölomepithels
aufzufassen.
Im Adolescensstadium besitzt die Genitaldrüse noch vollkommen den soeben beschriebenen
Bau, sie stellt eine einfache zwischen Darm und Herz verlaufende Röhre dar, die von einem
verhältnismässig dicken Muskelmantel bekleidet wird und im Innern eine einfache Schicht von
Genitalepithelzellen enthält, welche das centrale Lumen umgrenzen. An den Genitalepithelzellen
sind histologische Unterschiede noch nicht erkennbar, und eine Entscheidung, ob ein
Männchen oder Weibchen vorliegt, lässt sich hiernach also noch nicht treffen. Im Hohlraum
des Genitalorgans finden sich in einzelnen Fällen hier und dort noch Zellen vor, die wahrscheinlich
als von der Embryonalzeit her im Cölom zurückgebliebene Genitalepithelzellen aufzufassen
sind. Ihr schliesslicher Verbleib ist mir unbekannt, da ich sie in etwas späteren
Stadien in der Regel schon nicht mehr auffinden konnte.
Die endgültige Differenzierung der Genitaldrüsen geht erst beim freilebenden Scolo-
pender in der auf das Adolescensstadium folgenden Entwicklungsperiode vor sich, wenn der
Körper ungefähr eine Länge von 3—4 cm erlangt hat. Bei männlichen Tieren bilden sich
dann die weizenkornförmigen 'Hodenblasen als Anhänge der Genitalröhre aus. Bei weiblichen
Individuen bleibt die Genitalröhre einfach, und in ihr entwickeln sich dann an der Ventralseite
grosse Eizellen, die in das Genitalcölom hineinragen. Die Oberfläche dieser Eizellen wird von
einer Schicht abgeplatteter Epithelzellen bekleidet. (Fig. XXXI ovm). Schon frühzeitig lässt
sich an der Oberfläche der dotterreichen Eizellen ein feines Schalenhäutchen nachweisen.
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Fig. XXXI. Transversalschnitt durch Herz, Genitalorgan und die dorsale Darmwand nebst den Vasa Malpighi eines
2,7 cm langen weiblichen .Tieres von Scol. ring. Die dorsalen Längsmuskeln, die Aufhängebänder des Herzens und
die dorsale Körperwand sind nicht angegeben, c = Herz, fc = Fettkörperzellen, gcöl == Hohlraum (Cölom) der
Genitalröhre, inc = Epithelschicht des Mitteldarms, li = Lumen des Mitteldarms, lyst = Lymphstränge, ovm = junge
Eizelle, in deren Innerm das helle Keimbläschen zu erkennen ist, und welche von einer dünnen Schicht_äbgeplatteter
Follikelepithelzellen umgeben wird, pc = Perikardialzellen, pm = Perikardialmembran, vmp = Vas Malpighi.
Bezüglich der Ausdehnung der Genitalanlage ist zu bemerken, dass sich dieselbe im
Adolescensstadium fast durch den ganzen Rumpf hindurch erstreckt und vorn bis in das fünfte
Rumpfsegment hineinreicht. Über letzteres hinaus in der Richtung nach vorn ist zwar die
Genitalanlage als solche noch erkennbar, doch fehlen dann die Genitalepithelzellen, das Genital-
cölöm schwindet, und die Geschlechtsanlage geht schliesslich in einen einfachen bindegewebigen
Strang über, der immer dünner und dünner werdend sich schliesslich im Peritoneum des
Vorderdarms verliert.
Verfolgt man die Genitalanlage nach hinten, so zeigt sich, dass sie in der angegebenen
Weise bis zum 21. Rumpfsegment reicht. In den beiden noch folgenden Segmenten, dem
Prägenitalsegment und Genitalsegment liegen die Verhältnisse dagegen wesentlich anders und
zwar sollen dieselben im folgenden Abschnitt besprochen werden.
2. Die Entwicklung der Ausführungsgänge.
Zum Verständnis ist es notwendig, auf ein früheres Entwicklungsstadium zurückzugreifen.
Oben wurde bereits erwähnt, dass im Prägenitalsegment und Genitalsegment Cölomsäckchen