ihres hintersten Endstücks, von dem noch unten die Rede Sein wird. Das Lumen der Vasa
deferentia und Ovidukte sowie der Binnenraum der Genitaldrüse bei den Insekten entstehen
erst später durch Auseinanderweichen der beteiligten Zellen und lassen sich also thatsächlich
nicht mehr auf den Hohlraum der embryonalen Cölomsäckehen direkt zurückführen. Wehn
man sich aber vergegenwärtigt, dass auch bei Scolopendra zur Zeit der Entwicklung der Ge-
nitalepitnelzellen der Hohlraum in der Genitalanlage vorübergehend beinahe schwindet und
erst später durch Dehiscenz wieder erweitert wird, so ist es klar, dass der hervorgehobene
Unterschied in der Entwicklung der Genitalhöhle bei den Onychophoren und Myriopoden
einerseits, und bei den Insekten andererseits nur als gradueller angesehen werden kann.
Von Wichtigkeit dürfte noch die Frage nach der Herkunft der eigentlichen, die späteren
Fortpflanzungselemente liefernden Genitalzellen sein. Die Beobachtung von Sedgwick (1887),
dass dieselben bei PeripcCtus capensis entodermaler Natur sein sollen, erscheint jedenfalls nööh
revisionsbedürftig, zumal nach von Kennel (1888) bei Peripatus edwardsi die Geschlechtszellen
modifizierte Mesodermzellen darstellen.
Bei den Insekten kann, wie ich schon früher (1895 a) genauer dargelegt habe, der Ort,
an welchem die Geschlechtszellen sich differenzieren, ein recht verschiedenartiger sein. Bei
vielen, vielleicht bei der Mehrzahl der Insekten, erfolgt die Differenzierung in den mesode’r-
malen Wandungen der Ursegmente, indem einige Zellen derselben sich ve'rgrössern und zu
Genitalzellen werden. Bei anderen Insekten treten die Geschlechtszellen schon vor der Bildung
der Cölomsäckehen hervor und lassen sich bereits in der noch unsegmentielrten Mesodermschicht
nachweisen. In zahlreichen weiteren Fällen endlich (Dipteren, Dermapteren, Chrysomeliden
etc.) kommen die Genitalzellen sogar noch zeitiger zum Vorschein und sind vielfach selbst schon
vor der Differenzierung der Keimblätter und zwar dann stets am Hinterende des Eies erkennbar.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass es bei den letztgenannten Insekten wohl erst sekundär
zu einer solchen Beschleunigung in der deutlichen Absonderung und Differenzierung der Fortpflanzungszellen
gekommen sein wird, denn die Verlegung der Genitalzellenbildung in die frühesten
Stadien des Embryonallebens hinein kann unmöglich als eine ursprüngliche Eigenschaft äüf-
gefasst werden. Wenn dagegen, wie ich es z. B. bei Phyllodromia nachgewiesen habe, die
Differenzierung der Keimzellen als solcher erst später erfolgt und vorzugsweise oder gänzlich
innerhalb der Epithelschicht der Cölomsäckehen vor sich geht, so ist dies ein Verhalten, welches
im wesentlichen mit den bekannten Verhältnissen bei Anneliden harmoniert und deswegen auch
noch mehr an den ursprünglichen Typus erinnert.
Die Scolopender bringen in der Art und Weise, wie sich bei ihnen die Geschlechtszellen
entwickeln, eine noch weiter gehende Übereinstimmung mit niederen Tieren, namentlich Anneliden,
zum Ausdruck. Erst längere Zeit nach Beendigung der Embryonalentwickluhg komrtit es
beim Scolopender zum Auftreten von deutlich erkennbaren Genitalzellen innerhalb der Genitalröhre.
Wie ich oben auseinandergesetzt habe, ist die letztere genau genommen weiter nichts
als eine Anzahl von Teilen der ursprünglichen Cölomsäckehen und weist daher, gerade wie
die Genitalregion der Anneliden anfänglich auch noch eine deutliche Kammerung auf. Die
Geschlechtszellen der Scolopender, die aus der Wand der Genitalröhre entstehen, stellen unter
diesen Umständen gerade so wie diejenigen der Anneliden modifizierte Epithelzellen der sekundären
Leibeshöhle dar und gelangen, nachdem sie sich aus dem Peritonealepithel losgelöst
haben, noch direkt in das Cölom hinein.
Ich habe sqhon vorhin darauf aufmerksam gemacht, dass bei sehr vielen Insekten die
Genitalzellen sich bereits in ganz frühen Entwicklungsstadien differenzieren. Gewisse Zellen,
die durch ihr abweichendes Aussehen gekennzeichnet sind, werden in die Genitalanlagen eingeschlossen
und sind von vornherein dazu bestimmt, die Fortpflanzungselemente zu liefern,
während anderen benachbarten Zellen, die gleichfalls an der Bildung der Genitalanlagen sich
beteiligen, nur die Fähigkeit zukommt, das Follikelepithel für Ovarien und Hoden herzustellen.
Bei Scolopendra ist es mir dagegen nicht möglich gewesen, den Nachweis einer so frühzeitigen
Absonderung der eigentlichen Fortpflanzungszellen zu erbringen. Das Aussehen der dabei
in Beträcht kommenden Zellen innerhalb der Genitalröhre ist hier selbst noch während des
Adolescensstadiums und der unmittelbar darauf folgenden Stadien ein so übereinstimmendes,
dass ich den gemeinsamen Ausdruck „Genitalepithelzellen“ für diese teils zu Follikelzellen teils
zu Geschlechtszellen werdenden Elemente anwenden musste.
Da nun aber bei Scolopendra doch auch nur auf diese Genitalepithelzellen allein und
nicht auf andere Embryonalzellen die Eigenschaft übergeht, später einmal zum Teil zu
Fortpflanzungselementen zu werden und da derartige Genitalepithelzellen schon zur Embryonalzeit
vorhanden sind, so ist wohl soviel klar, dass beim Scolopender doch wenigstens
schon verhältnismässig frühzeitig noch innerhalb des Eies ebenfalls eine bestimmte Verteilung
des Keimplasmas stattgefunden haben muss, die derartig ist, dass letzteres eben
nur einer gewissen Gruppe von Embryonalzellen zuerteilt wird. Diese Verteilung des Keimplasmas,
welche freilich nur erschlossen, aber nicht mehr durch direkte Beobachtung festgestellt
werden kann, muss zur Zeit der Sonderung der Keimblätter erfolgen, weil bereits
dann die zur späteren Bildung der Cölomsäckehen führende Gruppierung und Anordnung der
mesqdermalen Bestandteile stattfindet.
Es ist nun charakteristisch, dass bei allen Insekten, bei denen eine frühzeitige Differenzierung
der Geschlechtszellen sich erkennen liess, bisher immer nachgewiesen worden ist, dass
die Genitalzellen aus einer Zellanhäufung am Hinterende des Eies oder am Hinterende des
Keims hervorgehen und dass sie dann nach vorn wandern oder nach vorn geschoben werden,
Um in den mittleren oder vorderen Segmenten des Abdomens die Genitaldrüsen zu bilden.
Bei Scolopendra findet sich am Hinterende der Embryonalanlage die Keimstelle vor, an ihr
bildet sich gleichfalls eine Anhäufung von Zellen, die allerdings noch durch keine bestimmten
Merkmale äusserlich gekennzeichnet sind, die aber durch Wanderung nach vorn schliesslich
in die Epithelschicht der später auftretenden Cölomsäckehen eingeschlossen werden. Wie ich
schon bei der Besprechung der Keimblätterbildung gesagt habe, vermag ich angesichts der
Beobachtungen an Insekten und anderen Arthropoden nicht daran zu zweifeln, dass auch bei
Scolopendra diese von der Keimstelle nach vorn wandernden Zellen später zu Geschlechtszellen
werden, dass sie also die Träger des Keimplasmas sind, welches meiner Annahme nach
bei den Eiern aller .oder doch wenigstens der Mehrzahl der Arthropoden am vegetativen Eipole
oder dem Hinterende der Keimanlage gelegen ist.
Ich wende mich zur Besprechung der Genitalgänge. Bei Peripatus ist über die Entstehung
der paarigen Ausführungsgänge noch keine Klarheit erzielt. Während sie nach
Sedgwick (1887) mesodermaler Abstammung sind, entwickeln sie sich nach v. Kennel (1888)
grösstenteils aus dem äusseren Keimblatte.
Meine Ergebnisse an Scolopendra stimmen mit den Befunden von Sedgwick überein.