dermalen Ausführungsgang über. Das Epithel des Canalis ejaculatorius zeichnet sich durch
seine hohen Zellen aus, zwischen denen auch vereinzelte Becherzellen (Drüsenzellen) eingestreut
sind. Fig. XXXVIII giebt einen Querschnitt wieder durch den von den Genitalhöckern
gebildeten kegelförmigen Zapfen, und zwar einen Schnitt, der durch den vorderen Teil des-*
selben geführt wurde, so dass gerade der Übergang des Canalis ejaculatorius in den mesodermalen
Abschnitt der Leitungswege (gdm) erkennbar ist.
Der in Rede stehende kegelförmige Zapfen stellt bei den Scolopendern wohl zweifellos
einen Kopulationsanhang oder eine Art Penis dar. Ich wüsste diesem Gebilde wenigstens
keine andere Bedeutung beizulegen. Thatsache ist jedenfalls, dass der genannte von den
beiden Genitalhöckern gebildete zapfena-rtige Anhang erforderlichenfalls ziemlich weit aus dem
Intersegmentalraum (Atrium), in dem er gewöhnlich verborgen liegt, vorgestreckt werden kann
(Fig. 20). Das Hervorstülpen desselben wird durch Blutandrang zum hinteren Körperende bewerkstelligt,
wobei die ziemlich weiten und im normalen Zustande schlaffen Intersegmental-
häute zwischen dem penisartigen Zapfen (hk) einerseits, dem Telson und 22. Sternit andererseits
ausgedehnt werden. Infolge der Dehnung und Schwellung dieser Teile wird einmal das
fleischige Telson am Hinterende hervorgepresst, und ferner tritt der Peniszapfen im Extrem
beinahe rechtwinkelig hierzu nach der Ventralseite aus dem Körper heraus. Im Maximum
der Erektion stülpt sich sogar die dünne Haut am distalen Ende des Canalis ejaculatorius
noch nach aussen hervor.
Ein wahrer Schwellkörper, wenn es gestattet ist diesen Namen anzuwenden, oder genauer
ausgedrückt doch jedenfalls ein Raum, der zur Aufnahme des zur Schwellung erforderlichen
Blutes bestimmt ist, befindet sich zwischen dem 22. Sternit und der Intersegmentalhaut, die
von diesem Sternit bis zum Grunde des Copulationsanhanges reicht. Am hinteren Ende wird
die Wand dieses Raums von der Lamina accessoria des 22. Sternits begrenzt, welche wohl
zur Verstärkung der Intersegmentalhaut dient, damit diese nicht etwa von dem andringenden
Blute zersprengt wird. Im normalen Zustande ist diese Lamina accessoria dorsalwärts umgeklappt,
im Erektionszustande dagegen ist sie hervorgestülpt und liegt dann, wie Fig. 20 u. 21
(sternac) zeigt, in der Verlängerung des 22. Sternits.
Der betreffende Apparat, den ich nirgends genauer beschrieben oder auch nur erwähnt finde,
scheint mir deswegen von besonderem Interesse zu sein, weil er in Übereinstimmung mit den
eingangs mitgeteilten biologischen Beobachtungen auch vom morphologischen Standpunkte für
das Vorhandensein einer Copulation bei den Scolopendern spricht. Es kann wohl keinem
Zweifel unterliegen, dass der von den Genitalhöckern beim Männchen gebildete. vorstreckbare
Anhang ein sehr geeignetes Werkzeug ist, um die ventralwärts an seiner Spitze aus dem
Canalis ejaculatorius hervortretenden Spermatophoren in das weibliche Atrium genitale zu übertragen.
Über die Lage der zu den beiden Glandulae accessoriae des Männchens gehörenden
Drüsenöffnungen habe ich bereits oben das Nähere mitgeteilt und bemerke, dass diese Angaben
auch noch für das erwachsene Tier Giltigkeit haben. Die genannten Drüsenpaare bestehen
aus zahlreichen rundlichen dicht zusammengedrängten Lappen. Das Sekret beider
Drüsen ist verschiedenartig. Dasjenige des vorderen Drüsenpaares zeichnet sich durch seine
intensive Färbbarkeit mit Carminfarbstoffen aus.
Beide Drüsenpaare sind in Fig. 27 abgebildet. Die vorderen Drüsen (dra) bleiben kürzer
und nehmen eine mehr mediale Lage im Körper ein, die hinteren Drüsen (drp) werden grösser,
erstrecken sich etwas weiter nach vorn und befinden sich weiter lateral'. Verfolgt man die
Ausführungsgänge nach hinten, so konstatiert man, dass dieselben sich kreuzen, diejenigen der
Glandulae posteriores münden (scheinbar weiter vorn) am Grunde des Canalis ejaculatorius, diejenigen
der Glandulae anteriores (scheinbar weiter hinten) ventral an der Basis des Copulations-
anhangs, aber noch im Bereiche der von diesem zum 22. Sternite führenden Intersegmentalhaut.
B. Allgemeiner Teil.
Die bisherigen Angaben über die Entwicklung der Geschlechtsorgane bei den Myriopoden
sind leider noch so lückenhaft, dass es kaum möglich ist, dieselben zu einem Vergleich mit
den im vorigen Abschnitte mitgeteilten Ergebnissen an Scolopendra zu verwerten.
Nach Zograf (1883) gehen die Genitalorgane bei Geophilus aus zwei neben dem Herzen
gelegenen Zellanhäufungen hervor. Nach Heathcote (1888) sind die Geschlechtsdrüsen von
Julus mesodermaler Abkunft und entwickeln sich in der Weise, dass die ventral gelegenen
Teile der Ursegmente unter dem Darm und über dem Bauchmark in der Medianlinie miteinander
verschmelzen. Hiermit entsteht die bei den Diplopoden ventral gelegene Geschlechtsdrüse,
deren Hohlraum mithin ein Derivat des Cöloms ist. Wenngleich auch über die Entstehung
der Ausführungsgänge bei den Diplopoden nähere Mitteilungen zur Zeit noch fehlen, so
lässt sich doch wohl soviel unschwer erkennen, dass in der Entwicklung der Genitalien zwischen
Julus und Scolopendra im grossen und ganzen eine gewisse Übereinstimmung herrscht, nur
darin zeigt sich ein kleiner Unterschied, dass bei den Chilopoden die Vereinigung der zur
Genitalröhre werdenden Cölompartie nicht ventral sondern dorsal vom Darm von statten geht.
Besser fundiert sind unsere Kentnisse über die Entwicklung der Genitalorgane bei Peri-
patus und namentlich über diejenige bei den Insekten.
Die Beschreibung, welche Sedgwick (1887) von der Entstehung der Geschlechtsorgane
des Peripatus capensis gegeben, erinnert in hohem Masse an die geschilderten Verhältnisse bei
Scolopendra. Hier wie dort sind es Teile der Ursegmente, welche die Form kleiner Säckchen
gewinnen und die, nachdem sie sich in der dorsalen Medianlinie zwischen Perikardium und
Darm aneinandergelegt haben, dazu bestimmt sind, die Wand der Genitaldrüse herzustellen.
Die Genitalanlagen sind in beiden Fällen, sowohl bei Peripatus wie bei Scolopendra entsprechend^
ihrer Abstammung von den Cölomsäckehen in eine Anzahl auf einander folgender Abteilungen
gegliedert, und erst später bildet sich nach Durchbrechung der trennenden Dissepimente ein
einheitlicher Hohlraum in ihrem Innern aus.
Dass bei Peripatus die beiderseitigen Genitalanlagen ganz oder doch wenigstens grösstenteils
getrennt bleiben, während sie bei Scolopendra untereinander zu einer medianen unpaaren
Röhre verschmelzen, ist ein Unterschied von selbstverständlich untergeordneter Bedeutung.
Der wesentliche Punkt in der Übereinstimmung liegt jedenfalls darin, dass bei Onychophoren
wie bei Chilopoden die Genitalhöhle sich noch direkt als Überrest der sekundären Leibeshöhle
zu erkennen giebt. Nach den oben erwähnten Angaben von Heathcote (1888) darf dies
wohl auch für die Diplopoden als wahrscheinlich angesehen werden.
Vergleicht man hiermit das Verhalten der Insekten, so muss man sagen, dass letzteres
offenbar, schon ein weit mehr modifiziertes ist. Die Genitaldrüsen der Insekten gehen aus
zwei kompakten Anlagen hervor, welche als solide Verdickungen der Ursegmentwände angelegt
werden. Das Gleiche gilt auch für die niesodermalen Ausführungsgänge mit Ausnahme
Zoologiea. Heft 83. 2 4