II. Chelicerata [Xiphosupen und Arachnoiden].
C e p h a lo n aus A c ro n (P ro s tom ium ) u n d 7 M e tam e re n h e rv o rg e g a n g e n .
E x tr em it ä t e n von M e tam e r 1 feh len . E x t r e m i t ä t e n von M e tam e r 2 zu Cheli-
c e r e n um g e s t a l t e t , d ie E x tr em it ä t e n d e r fo lg e n d e n M e tam e re n t e ils G n a th o -
p o d e n te ils g ew ö h n lic h e Beine.
III. Atelocerata [Myriopoda und Hexapoda].
C e p h a lo n aus A c ro n (P ro s tom ium ) u n d 6 M e tam e re n h e rv o rg e g a n g e n .
E x trem itä te n von Metamer 1 fehlen. E x trem itä te n von Metamer 2 zu einem Ante
n n e n p a a r um g e s ta lte t. E x trem itä te n von Metamer 3 fehlen oder sind ru d imen tär.
Die E x tr em itä te n von Metamer 4—6 zu Mundwerkzeugen (M an d ib eln u n d zwei
M a x ille n p a a re n ) au sg ebildet.
An einen Vergleich der Körpersegmentierung bei Arthropoden pflegt vielfach auch eine
Besprechung der Segmentierung von Peripatus angeschlossen zu werden. Ich glaube freilich
kaum auf dieselbe näher eingehen zu müssen, weil die betreffenden Fragen im Lehrbuche von
Korschelt und Heider (1892) schon ziemlich ausführlich behandelt worden sind.
Bei Peripatus vereinigen sich bekanntlich drei Segmente mit dem „primären Kopfabschnitt,“
nämlich das Segment der Antennen, das Segment der Kiefer und das Segment der
Oralpapillen, um gemeinsam den Kopf des Tieres herzustellen. Korschelt und Heider haben
weiterhin die Aufmerksamkeit auf zwei kleine Höcker gelenkt, die beim Embryo von Peripatus
vorübergehend auftreten, präantennal gelegen sind und den Verfassern zufolge möglicherweise
als Reste der primären Annelidenfühler gedeutet werden können.
Es liegt gewiss nahe, diese präantennalen Höcker des Peripatusembryos mit den Präantennen
des Scolopenderembryos zu vergleichen und damit dann gleichzeitig anzunehmen,
dass der „primäre Kopfabschnitt“ des Peripatus ein Verwachsungsprodukt des Acrons (Prostomium)
mit dem ersten postoralen Metamer darstellt, gerade wie dies bei der Mehrzahl der
Arthropoden der Fall ist. Ich halte diese Erklärung für die wahrscheinlichste, verkenne aber
nicht, dass erst noch neue Untersuchungen und genauere Beobachtungen über die primäre
Gliederung des Nervensystems und Cöloms bei Peripatus abgewartet werden müssen, ehe sich
in dieser Beziehung hinreichende Sicherheit gewinnen lässt.
Für die Arthropoden habe ich oben den Satz aufgestellt, dass bei ihnen den Extremitätenpaaren
der beiden vordersten Metameren noch keine Coxalfortsätze zukommen. Peripatus
würde, wenn die obige Erklärung seiner Körpersegmentierung sich als zutreffend erweist,
gleichfalls diesen Arthropodencharakter bereits zur Schau tragen, indem weder seine
embryonalen präantennalen Höcker noch die Antennen die Eigenschaften von Kauapparaten
besitzen. Die Antennen des Peripatus würden hiermit den Antennen der Atelocerata, den
Cheliceren der Cheliceraten und den Antennulä der Tetraceraten entsprechen. Erst die Extremitäten
des dritten postoralen Metamers, die als Mandibeln bezeichnet werden, stellen
beim Peripatus typische Kiefer dar, in analoger Weise wie dies bei den am dritten Metamer
befindlichen primären Kauwerkzeugen bei den Arthropoden der Fall ist.
Die hiermit schon berührte Frage nach der verwandtschaftlichen Beziehung des Peripatus
zu den Arthropoden ist gerade in neuerer Zeit mehrfach ventiliert worden. Von mehreren
Seiten (Kingsley 1894,: Boas 1898) sind Bedenken aufgetaucht, ob denn die Onychophoren
überhaupt als den Arthropoden stammverwandte Tiere gelten können, oder ob sie nicht besser
in die Gruppe: der eigentlichen annelidenartigen Tiere im engeren Sinne mit einzureihen seien.
Da es hier nicht in meiner Absicht liegt, die Gründe, welche für und gegen eine solche Ansicht
sprechen, im einzelnen zu erörtern, so beschränke ich mich darauf, nur im allgemeinen auf die Ergebnisse
der Chilopodenentwicklung hinzuweisen. Es ist zweifellos, dass letztere eine bemerkenswerte
Ähnlichkeit mit derjenigen vom Peripatus besitzt. Die Bildung fast aller wichtigeren
Organsysteme von Scolopendra, z. B. die Entwicklung des Bauchmarks (Ventralorgane), die
Differenzierung der Cölomsäckchen, sowie namentlich auch die unten noch zu schildernde Entstehung
der Geschlechtsorgane, des Dorsalorgans u. a. spielt sich jedenfalls-in sehr ähnlicher
Weise ab, wie die entsprechenden Entwicklungsvorgänge, die bei den bisher untersuchten
Peripatusarten beschrieben wurden.
Die h e rv o rg eh o b en en emb ry o lö g isch enÜ b e re in stim m u n g en sind in d e s se n mehr
a llg eme in e r N a tu r und sind d e ra rtig , d a ss aus ihnen n ur au f eine v e rw an d tsch a ftliche
Beziehung des P e rip a tu s zu den gemeinsamen Stammformen d e r A rth ro poden
g e sch lo s sen werden darf. Es ist meiner Überzeugung nach aber nicht richtig, die
Onychophoren als Übergangsformen von den Anneliden speziell zu den landbewohnenden
Arthropoden anzusehn und dieselben als besonders mit' den Arthropoda atelocerata (Myriopoda,
Insekta) verwandt zu betrachten.
Jedenfalls scheint mir so viel festzustehen, dass wenigstens die entwicklungsgeschichtlichen
Thatsachen nicht zu Gunsten der letzteren Annahme verwertet werden können, denn
wenn auch in der Peripatusentwicldung und Seolopenderentwicklung sich vielfache Parallelen
ergeben, so handelt es sich doch eigentlich immer nur um allgemeinere Vergleiche, welche,
ebenso wie sie für Scolopendra zutreffen, so auch für die Hauptmasse der übrigen Arthropoden
im Prinzip als gültig angesehen werden können. Als Vergleichsmomente mit dem Peripatus
kommen also nur die Arthropodeneigenschaften, nicht aber die speziellen Myriopoden-
eigentümlichkeiten des Scolopenders in Frage.
Nimmt man Abstand von der Voraussetzung einer näheren Verwandtschaft zwischen den
Onychophoren und den Atelocerata (Myriopoda, Insecta), so scheint mir die dann als notwendige
Konsequenz anzunehmende heterophyletische Entstehung des Tracheensystems bei den Onychophoren
einerseits, den Myriopoden und Insekten andererseits nicht gerade sehr schwer verständlich
zu sein, sie ist um so begreiflicher als ja ohnehin aus anderen Gründen auch eine
heterophyletische Entwicklung der Tracheen bei den Atelocerata und Chelicerata angenommen
werden muss1).
Gegen eine nahe verwandtschaftliche Beziehung des Peripatus zu den Arthropoda atelocerata
dürfte sodann vor allem die abweichende Konfiguration und Segmentierung des Kopfes (Zahl
der cephalen Segmente), sowie die andersartige Gestaltung der Gliedmassenpaare sprechen,
denen bei Peripatus die nicht nur für Myriopoden und Insekten, sondern für alle Arthropoden
ursprünglich charakteristischen Coxalfortsätze überhaupt noch gänzlich fehlen. Zieht man ferner
den abweichenden Bau der Augen des Peripatus , sowie die bei ihm noch vorkommenden
1) S e lb st in n erh alb d e r g en an n ten A rth ro p o d en g ru p p en lieg en o ffenbar F ä lle v on h etero p h y letisc h er E n tsteh u n g
d e r T rach een vor, d en n d ie S tigm en am K o p f v o n S co lo p en d rella u n d einig en C ollem bolen (Sm inthurus) stellen sicherlich
sek u n d äre E rw erb u n g en dar. Ic h erin n ere fern er a n d ie Stigm en d e r P h alan g id en b ein e. .