
kosität ist ungleich stärker als die andere Seite. Zu erwähnen ist, daß es sich bei den
Präparaten, nach denen diese Zeichnungen angefertigt wurden, um solche handelt, die
nicht überimprägniert waren. Es kann sich also bei den breiten Varikositäten auch aus
diesem Grunde schon nicht etwa um mitimprägniertes Bindegewebsprotoplasma handeln.
Diese Möglichkeit ist vollkommen ausgeschlossen.
Über die Bedeutung solcher Nervenfasern und auch des nervösen Terminalreticulums
im Bindegewebe ist vorläufig nichts Sicheres auszusagen. Es wird auch sehr schwer sein,
mit dem Experiment an solche Fragen heranzugehen. Um eine motorische oder sensible
Funktion, wie wir sie bei den peripheren Endigungen des Zentralnervensystems vorfinden,
kann es sich nicht handeln. Beim autonomen Nervensystem sind afferente und efferente
Nervenendflächen noch nicht mit Sicherheit zu unterscheiden. Ich meine sogar, daß man
vielleicht auch gar nicht immer wird von solchen Endformationen sprechen können. Möglicherweise
gibt es Nervenfasern, die die Erregung gar nicht zu einem größeren übergeordneten
Zentrum — auch des sympathischen Nervensystems — leiten, sondern sie schon in
der Peripherie dem Erfolgsorgan oder -gewebe übermitteln. Es ist möglich, daß die vegetativen
Nervenendformationen doch zu einem Teil die vielgelästerte trophische Funktion
besitzen, also für den Funktions- und Ernährungszustand der von ihnen innervierten
Gewebe verantwortlich sind; sprechen doch die Untersuchungen aus der Schule von
MÜLLER (1931), die an vielem pathologischem Material angestellt wurden, sehr dafür.
Ähnlich ist ja die Fragestellung bei der Innervation des Fettgewebes. Es ist darüber
noch nicht vieles bekannt. Dogiel (1898) bildet wohl zum ersten Mal Nervenfäserchen ab,
die in der Umgebung von Fettzellen daherlaufen. Boeke (1933, IV) zeigt schon sehr viel
deutlicher die engen Lagebeziehungen seines Endapparates zu den Fettzellen. Interessant
sind die vielen kleinen Varikositäten im Verlauf der feinen Faserzüge, die auch Boeke zu
der Überzeugung bringen, daß es sich hier um wahre, im Leben vorhandene Strukturen
handelt. Stöhr (1932) zeigt schon etwas früher Nervenzüge in unmittelbarer Nachbarschaft
von Fettzellen, dann später (Stöhr 1934) weitere Einzelheiten. In seiner neuesten
Abhandlung (Stöhr 1937) zeigt er wiederum zwei Fettzellen in Verbindung mit dem
nervösen Terminalreticulum. Die wirklich intracelluläre Lage des Reticulums konnte hier
noch nicht nachgewiesen werden, ist aber doch höchst wahrscheinlich. Daß allerdings nun
punktförmige Endigungen vorhanden seien, die sogar in den Kernen liegen sollen, wie es
K ostowiecki (1937) in einer mir nur im Referat vorliegenden Arbeit behauptet, mag ich
einstweilen noch nicht recht glauben.
In der Unterhaut des Habichts fand ich ebenfalls viele Fettzellen, die sich durch
recht dicke Wandungen auszeichnen. In der Abb. 21 zeige ich vier solche Fettzellen. Die
nervöse Substanz, die sich dort vorfindet, entspricht eindeutig dem nervösen Terminalreticulum.
Eine parallele Lagerung der feinsten Fäserchen, wie Boeke sie für die Nerven
der Fettzellen und überhaupt fü r seinen sympathischen Grundplexus andeutet, ist manchmal
wohl zu sehen, aber nicht immer vorhanden. Ein so feines Reticulum, wie gerade hier
bei den Fettzellen, fand ich selten. Seine intracelluläre Lage ist nicht einwandfrei nachzuweisen.
Es scheint eher in den Wandungen der Fettzellen zu verlaufen und nur mit ganz
feinen Fortsätzen mit dem Zellprotoplasma in Verbindung zu stehen. Das entspricht auch
durchaus dem Aufbau, wie ihn Stöhr für das nervöse Terminalreticulum fordert. Ich
glaube, daß es an der Zeit ist, die genaue Lage und die Bedeutung des nervösen Terminalreticulums
für alle Gewebe und so auch fü r das Fettgewebe experimentell nachzuprüfen.
IV. Die Innervation der glatten Muskulatur.
Jetzt will ich versuchen, dem bisher über die Innervation der glatten Muskulatur Bekannten
noch einiges Neue hinzuzufügen. Die Zahl der Arbeiten darüber ist wohl schon
ins Ungeheuere gestiegen. Es sei deshalb vorerst von der Nennung speziellerer Arbeiten
abgesehen und auf zwei deutsche Zeitschriften hingewiesen, die wohl einen Hauptteil der
Arbeiten enthalten, die aus den Schulen von Stöhr (Bonn) und Boeke (Utrecht) und von
russischen Autoren (Lawrentjew, K olossow, Subussow, Iwanow, P olykarpowa, Bo -
rowskaja, Leontowitsch, W orobiew, Schabadasch u s w . ) hervorgegangen sind. Es
sind die Zeitschrift für Zellforschung und mikroskopische Anatomie und die Zeitschrift
für mikroskopisch-anatomische Forschung.
Drei Probleme will ich vor allen Dingen berühren:
1. Ist das nervöse Terminalreticulum d i e Endformation der glatten Muskulatur?
2. Gibt es noch andere Endigungsweisen in der glatten Muskulatur?
3. Kann der syncytiale Aufbau des nervösen Terminalreticulums bewiesen werden?
Zu der ersten Frage muß ich noch einmal die Ansichten gegenüberstellen, wie sie von
Boeke und von STÖHR vertreten werden. STÖHR glaubt an ein nervöses Terminalreticulum,
das wie ein feiner Schleier alle Gewebe umhüllt und zu einem Teil auch in sie eindringt.
Es ist nach seiner Ansicht kein rechtes Ende der nervösen Substanz zu erkennen.
Das gesamte nervöse Terminalreticulum hat Endcharakter. An die Stelle der „punktförmigen“
Endigungen des cerebrospinalen Systems sind die „netz“- bzw. „fiächenförmigen
Endformationen des vegetativen Nervensystems getreten. Ich habe daher vorgeschlagen
(Schartau 1936), beide Endigungsformen auch dem Namen nach voneinander zu trennen.
Sie haben erstens eine prinzipiell verschiedene morphologische Struktur, müssen zweitens
auch ein verschiedenes physiologisches Verhalten auf weisen. Das periterminale Netzwerk
(Boeke) vermittelt den Übergang zwischen einer Nerven„endigung“, die als solche nicht
mehr sicher zu bestimmen ist, und dem Wirtsgewebe. Es gehört den motorischen und sensiblen
Endigungen des Cerebrospinalsystems an. Das nervöse Terminalreticulum (Stöhr),
von dem sich der sympathische Grundplexus (Boeke) meines Erachtens nicht recht unterscheidet,
bildet die efferenten und afferenten Endflächen des vegetativen Nervensystems
und tr itt seinerseits in engste Verbindungen mit dem Wirtsgewebe. Ich persönlich halte
es nicht für notwendig, zwischen Terminalreticulum oder sympathischem Grundplexus und
Wirtsgewebe nun noch eine Zwischensubstanz, etwa ein periterminales Netzwerk zu legen.
Wenn L awrentjew und seine Schule ein solches demonstrieren, so spricht das nach
meinem Dafürhalten angesichts der vielen nervenfreien Stellen im Gewebe, die sich bei
ihnen noch finden, nur dafür, daß ihre Methoden wohl noch verfeinert und vervollständigt
werden könnten. Vor etwa fünf Jah ren sah noch jeder Autor nur Endreticularen in
sämtlichen untersuchten Geweben und nahm noch jeder Autor an, daß nur ein Teil der
Muskelzellen Nervenendigungen auf weise. Ob nicht vereinzelt Endösen, etwa des Vagussystems,
in der glatten Muskulatur Vorkommen, ist natürlich eine andere Frage, die weiter
unten noch behandelt sein soll.
Zur Untersuchung der Innervation der glatten Muskulatur ist die Vogelhaut denkbar
gut geeignet. Ich habe mir einmal die nicht sehr dicken Muskelschichten zur Beobachtung
vorgenommen, die parallel zur Hautoberfläche im Corium liegen, zum anderen auch die
vielen einzelnen Muskelzellen, die sich von dort in das Bindegewebe hinein abzweigen.
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