und alten Mittelformen beteiligten sich sämtlich an der Verteidigung, und von den Zwergefl
waren neben der Mehrzahl der älteren auch einige junge Tiere dabei beteiligt.
Solche Ausnahmefälle zeigen, daß man immer den psychischen Zustand des Nestes berücksichtigen
muß,und zeigen ferner, daß bei den Insekten die A rbeit nicht so streng geregelt
ist, wie es zunächst scheint; weder nach der Größe, wie sie E i d m a n n für A tta sexdens anzunehmen
geneigt war, noch nach dem Alter, wie es bei den Bienen zunächst den Anschein
hatte. Und aus solcher Erkenntnis heraus ist es auch leichter verständlich, daß bei ganz
außergewöhnlichen Verhältnissen ein Atta- oder Acromyrmex-Nest doch noch zu arbeiten
vermag.
Dies zeigt sich immer wieder bei den Bekämpfungsversuchen. Recht interessant ist beispielsweise
das, was R e h hierüber schreibt: , , I m Anfänge suchte ich der Ameisen dadurch
Herr zu werden, daß ich, wenn sie in voller A rbeit waren, vom Nest her bis zu dem Arbeitsplatz
alles wegfing und in Petroleum tötete. Einige Tage hatte ich dann Ruhe, aber auch
nur für einige Tage. Während vorher fast nur große Arbeiter zu sehen waren, brachen nun
plötzlich, nachdem mehrere Tage lang das Nest ausgestorben zu sein schien, der Eingang
verfiel usw., riesige Massen ganz kleiner Individuen hervor, die mit demselben Eifer, wie
jene, ihre verwüstende T ätigkeit begannen.“ Es trat also etwas Ähnliches ein wie hei Bienen,
denen man die Außentiere wegnahm; der Dienst wurde nun auch von Tieren übernommen,
die sich sonst nicht oder kaum dabei beteiligten, in diesem Falle von Zwergen.
Aber auch junge Nestgenossen können dann für den Ausfall der Alten eintreten. Ein
Nest von Acromyrmex striatus in Patquia (P.m) war einige Wochen vorher vergast worden.
Dabei hatten, wie schon früher dargelegt war, vermutlich die erwachsenen Nestgenossen
zum großen Teil den Tod gefunden, während die Puppen verschont blieben. Jedenfalls bestand
der Außendienst fast nur aus ganz jungen, hellen Tieren, die, wie Kurve 9 a zeigt,
fast sämtlichen Größenklassen angehörten. Es ergaben sich jedenfalls ganz ähnliche Verhältnisse
wie bei einem anderen, in der Nähe gelegenen Nest (Kurve 9 b, Nest 124), bei dem
zu gleicher Zeit die Schlepper mit ganz geringen Ausnahmen alte Tiere waren.
Zu bemerken ist hier vielleicht noch folgendes: Wenn ich nun gerade an diesem einen
Tag nur diese beiden Nester untersucht hätte, würde man zu dem Schluß gekommen sein,
daß lediglich die Gr ö ß e bei der Arbeitsteilung eine Rolle spielt, derart, daß Tiere von 5,5
bis 6 mm als Schlepper bevorzugt sind; während in Wirklichkeit die Verhältnisse doch viel
komplizierter liegen und eigentlich richtig erst dann verstanden werden können, wenn
man auch die Entstehungsweise der dabei beteiligten Tiere berücksichtigt, die im folgenden
Abschnitt besprochen werden kann. —
Eine Umstellung von alten, großen Nestgenossen zu dem Dienst, den sonst vorzugsweise
kleine junge übernehmen, ist etwas schwieriger, da hierbei auch morphologische Dinge eine
Rolle spielen, wie die nur in der Jugend stark ausgebildete Futterdrüse, zu denen bei den
Bienen ja noch die ebenfalls später verschwindenden Wachsdr üsen kommen. Daß bei großer
Not im Staat auch hier außergewöhnliche Dinge geleistet werden können, ist durch R ö s c h
bekannt geworden: wenigstens einige Tiere vermögen dann die Drüsen weit länger funktionsfähig
zu halten als sonst. Auf menschliche Verhältnisse übertragen wäre dies etwa so,
als wenn bei einem zufälligen Ausfall sämtlicher junger Mütter plötzlich alte Frauen die
Säuglinge ernähren könnten. Daß auch bei Acromyrmex alte große Arbeiter noch lange den
Dienst der jungen kleinen versehen können, zeigte ein 9 Monate lebendes Nest von Acrom.
striatus (150). Obgleich hier aus Mangel an einer Königin keine Jungen nachwuchsen,
wurde der Pilzgarten weiter besorgt, wenn auch nach und nach immer schlechter.
Es können in solchen Fällen dann sogar auch Umstellungen auf d i e Arbeit erfolgen,
welche das Weibchen zu erledigen hat: auf die Eiablage. Inwieweit Arbeiterinnen auch in
normalen Nestern als Eierleger Vorkommen, ist schwer feststellbar. Unmittelbare Beobachtungen
bei Myrmica, Messor und Acromyrmex zeigten, daß es keine Ausnahme ist. Meist
sind es Großtiere, die bei A tta sexdens (nach E i d m a n n ) und A tta columbica übrigens auch
durch die Anwesenheit von Stirnaugen den Königinnen ähnlich sind. Fehlt ein echtes Weibchen
im Nest, dann nimmt jedenfalls die Eiablage der Arbeiter zu, ein Vorgang, der im
Bienenstock schon lange bekannt ist. Solche Ersatzweibchen können dann durch Eiablage
den Pflege-Instinkt der Nestgenossen oft noch lange Zeit befriedigen. Schließlich stirbt,
wenn nicht etwa eine neue Königin aufgenommen wird, aber schließlich doch das Nest aus;
denn ebenso wie bei den „Drohnen-Mütterchen“ der Bienen schlüpfen auch bei den Ameisen
aus den unbefruchteten Eiern der Ersatzweibchen nur Männchen.
Auch bei dem zuletzt Gesagten wurde die Königin zu dem Begriff der „Arbeitsteilung“
mit herangezogen, weil ja eigentlich nur bei Berücksichtigung i h r e r Tätigkeit die T e i l
u n g der Gewohnheiten erst richtig verständlich wird. Sie allein kann alles verrichten:
Sie h a t normaler weise die Eier zu legen; sie pflegt eine Zeitlang die Brut allein, und sie
versorgt auch allein den Pilzgarten. Diese Arbeiten gibt sie dann ab an die Jungen, die zuerst
entstehen, und zwar große und kleine in gleicher Weise. Denn auch die Giganten vermögen
die Pilzgärten in Stand zu halten, trotz der großen Mandibeln, die ja auch das Weibchen
besitzt. Die Verteidigung, welche die Königin zuerst ebenfalls allein besorgt, überläßt
sie dann später den Großtieren. Die Königin vermag ferner zu sammeln und zu schneiden,
und tu t nicht nur als Ausnahme manchmal bei diesen Arbeiten mit, sondern holt auch dann,
wenn sie noch allein ist, Blattstücke in ihre erste Nestkammer hinein, wie wir später noch
ausführlich sehen werden. Diesen Sammel- und Schneide-Instinkt vererbt sie am meisten
auf die größeren Mittelformen, während die Zwerge vorzugsweise den Pflegetrieb mitbekommen.
Stets ist es aber, wie noch einmal betont sei, nur die „vorwiegende Tendenz“,
die den verschiedenen Größenklassen mitgegeben wird; es gibt stets Überschneidungen,
wie wir sahen, selbst mit der später meist allein bleibenden Tätigkeit der Stamm-Mutter,
der Eiablage.
Gewisse Überschneidungen lassen sich dann aber auch morphologisch bei den einzelnen
Kasten feststellen; und zwar sicher nicht zuletzt deshalb, weil die Giganten, Mittelformen
und Zwerge verschiedenen Kombinationen von Entwicklungstendenzen ihre Entstehung
verdanken, wie wir gleich sehen werden.
F ü r das Verständnis der Arbeitsteilung kann endlich von Wichtigkeit sein eine
Gruppenbildung, die oftmals beobachtet wird, d. h. das feste Zusammenhalten einzelner
Nestinsassen über längere Zeit hinaus, wie es sich beispielsweise bei der Pilzzucht und der
Brutpflege zeigt. Versuche hierüber, wie diese Scharen Zusammenkommen und wie sie Zusammenhalten,
werden jetzt im Institut von I. S im m e r s b a c h und mir an Myrmica- und
Lasius-Arten durchgeführt. So gibt es beispielsweise schon bei der Nahrungsaufnahme eine
Gruppenbildung, die sich darin kundgibt, daß sich immer nur 6—8 Tiere untereinander
füttern und nicht einmal hier, einmal dort Nahrung aufnehmen. Man konnte dies durch
eine F ütterung von gefärbter und vergifteter Nahrung sehr schön zeigen: eine Lasius flavus
wurde beispielsweise mit blauem Honig gefüttert, wodurch einige Tage lang das Abdomen
gefärbt erschien, eine andere mit farblosem Allizol. Die unter Kontrolle einzeln gefütterten
Tiere verteilten dann das aufgenommene Fu tter an je 6—8 Genossen. Aber nicht auf
einmal; sondern die gefütterten liefen nach einiger Zeit weg und im Nest umher, und die