Schließlich aber wurde er allmählich zugedeckt; die Bauarbeiter, die Erde und Sandkörnchen
usw. aus dem Nesteingang herausbeförderten, legten ihre Last dort ab, so daß der
Tropfen schließlich wenigstens an der einen Seite völlig mit Sand verschüttet war.
Dieser Vorgang ist nun keineswegs so aufzufassen, als ob die Ameisen g eme r k t hätten,
daß im Allizol Gift ist, und es deshalb nicht m ehr annahmen, sondern sogar verdeckten,
damit nicht noch etwas davon genommen würde. Denn m an macht dieselben Beobachtungen
auch dann, wenn man Pheidole Z u c k e rw a s s e r reicht. Ich habe dies bei anderen Experimenten
und auch anderen Ameisen, insbesondere Solenopsis, Monomorium, Irido-
myrmex, Dorymyrmex, Forelius u. a. m. immer wieder feststellen müssen. Stets wird
Süßigkeit zwar zunächst begierig aufgenommen, dann aber verschmäht, und schließlich
mit Erde und Sand verschüttet.
Ob es sich in solchen Fällen um eine wirkliche Sättigung im eigentlichen Wortsinn handelt
oder nur um eine Abstumpfung der Sinne in der Weise, wie wir ja auch bei uns selbst
von einer Übersättigung mit bestimmten Gerüchen oder Tönen sprechen, ist hier belanglos.
Festgestellt werden muß jedoch, daß die gleichen Tiere bei Darreichung einer Fliege oder
eines anderen Insekts sofort wieder alarmieren, und solche Fleischspeisen dann nach kurzer
Zeit von vielen Tieren abgeschleppt werden.
Zum Schlüsse sei noch bemerkt, daß ein Anbeißen und Abbeißen von Pflanzen zur E ntnahme
von Säften viel weiter verbreitet ist, als man zunächst annehmen sollte. In Breslau
wurde Myrmica laevinodis an der Blattbasis von Rumex beobachtet; sie nagte dort kleine
Wunden und nahm den austretenden Saft. Camponotus herculeanus bohrte nach P rell
(1925) die Maitriebe der Eichen an, und zwar gerade die kräftigsten, so daß die Bäume
deutlichen Schaden litten. In ähnlicher Weise fraßen Lasius niger Mohnpflanzen an, Lasius
fuliginosus und Fórmica fusca Blütenknospen von Birn- und Apfelbäumen u. a. m. (S titz ).
Bei Besuch von B l ü t e n werden ebenfalls oft Pflanzenteile angenagt oder abgebissen, um
zum Nektar zu kommen, wie I. T a u tz in einer unveröffentlichten Zusammenstellung betont,
und nach E idm a n n decken Fórmica-Arten (F. rufa) 9%' ihrer Nahrung an ausfließenden
Säften.
Daß Tapinoma antarcticum die Basis der Kakteen annagt und in Massen Saft speichert,
ist von mir schon beschrieben und abgebildet worden (Go e t sc h 1937, Abb. 31); und
dies Verhalten ist vielleicht deshalb besonders bemerkenswert, weil es sich hier ebenfalls
um die Flüssigkeitsversorgung von Steppentieren handelt, wie bei vielen Acromyrmex.
b) B l a t t l a u s h o n i g u n d B l ü t e n n e k t a r .
Nachdem ich noch festgestellt hatte, daß Bienenhonig gern genommen wurde, stellte
ich nun die Frage, wie sich die Acromyrmex B l a t t l ä u s e n gegenüber verhalten. Ich legte
deshalb in einem Kunstnest (2 D) 25 Acromyrmex lundi, die vor zwei Tagen eingesetzt und
seither nicht gefüttert waren, einige Rosenzweige mit Blattläusen vor. Die hinzukommenden
Tiere untersuchten sie und leckten sofort die auf den Blättern befindlichen Tropfen ab.
Sie gingen auch an die Läuse selbst und betasteten sie; die B lattläuse gaben, wie die Lupenbeobachtung
zeigte, sofort Tropfen ab, und auch diese wurden aufgenommen. Ein besonderer
Ekel vor den Läusen wurde nicht wahrgenommen und die Läuse auch nicht angegriffen.
Dies ist bekanntlich ein Zeichen dafür, daß den Ameisen die Läuse nichts Neues
sind (Go e t sch 1937, S. 75 ff.).
Etwas anders verlief ein Versuch mit Acromyrmex striatus, die ich im Kunstnest mit
nach Buenos Aires genommen hatte. Hier zeigten die Ameisen zunächst ganz ausgesprochenen
Widerwillen vor den gleichen Rosen-Blattläusen, obwohl sie ihnen den austretenden
Honig ebenfalls sofort ableckten. Allem Anschein nach waren ihnen im Halbwüstengebiet
Blattläuse noch nicht begegnet! Zuletzt griff ein alter Gigant die Blattläuse sogar an. Er
zuckte aber sofort zurück, und wetzte die Mandibeln dauernd am Boden wie ein Hund, der
in etwas Unangenehmes gebissen hat.
Die Läuse wurden darauf in Ruhe gelassen und nur der Honig weiter abgeleckt. Unmittelbar
danach begann eine große junge Ameise die Blätter zu zerschneiden. Der daraus
kommende Saft wurde ebenfalls eifrig aufgeleckt. Nach etwa 1 Stunde waren dann insgesamt
5 Tiere beim Zerschneiden der Rosenblätter und Triebe beschäftigt (2 große junge, 2 mittlere
und 1 kleines altes). Sie trugen die abgetrennten Stücke zum Pilzgarten und legten sie
dort ab, um dann zu den Rosenzweigen zurückzukehren.
Die Versuche wurden später mit 2 neuen Nestern von Acromyrmex lundi (2 B und 2 C)
wiederholt; der Erfolg war der gleiche wie bei dem Zwwdi-Nest 2 A. D. h., die Läuse wurden
von dieser Form, welche dem gleichen Standort entsprach, in Ruhe gelassen und nur der
Honig abgenommen. Daß die Läuse durch schlechten Geschmack geschützt sind und die
daran gewöhnten Ameisen dies wissen, wurde hiermit erneut gezeigt (vgl. Goetsch 1937,
S. 75 f.).
Beim letzten Versuch zeigte sich auch, daß sogar „Blattlaus-Wächter“ im Sinne E id -
manns (1927) auftreten können, denn es blieben verschiedene Male einige Tiere an den
Läusen sitzen oder kehrten nach kurzen Gängen zu ihnen zurück.
Durch diese Beobachtungen ermutigt, legte ich im Freien den Acromyrmex des Nestes 1/2
(s. Abb. 17) Blattläuse vor; sie benahmen sich ganz wie im Kunstnest, d. h. sie beleckten die
Läuse und blieben an ihnen längere Zeit sitzen.
Waren die Acromyrmex nun wirklich so an den Läusehonig gewöhnt, daß sie sich
benahmen wie die Züchter? Eine Beobachtung im Freien zeigte, daß dies wirklich der Fall
war; auf den Zitronen-Bäumchen C des Gartens der Abb. 17 hatten sich nach und nach
Schildläuse angesammelt, und dorthin begaben sich nach ihrer Entdeckung neben Pheidole
und Camponotus ganze Scharen der Acrom. lundi des darunter liegenden Nestes (28. und
29. XI.). Ich konnte mehrere Nächte nacheinander beobachten, wie ein ganz geregelter Verkehr
zu den Schildläusen hinging, und zwar n u r zu den Stellen, wo diese saßen; die Heimkehrer
kamen ohne Blattlast auf fest bestimmter Bahn herab. Ich konnte weiterhin auch
hier feststellen, daß gewisse Tiere gleichsam als „geduldige Optimisten“ stundenlang an
einigen Schildläusen saßen, das Austreten des süßen Saftes erwartend. Sie ließen sich dabei
auch durch die nahe Beleuchtung mit der Taschenlampe nicht stören.
Interessant war endlich, daß zuletzt die Acromyrmex vom Schildlausbesuch z. T. zum
Blattschneiden übergingen: einige Knospen wurden an der Stelle, die am meisten besucht
war, abgebissen und heimgeschleppt. Dies ist aus mehreren Gründen bemerkenswert: zunächst
weil es zeigt, daß die Tiere sich hier so benehmen wie beim Nektar-Sammeln sowie
andere Ameisen beim Abtransport von Läusen, und weiterhin weil der Zitronenbaum unmittelbar
über ihrem Nest stand (vgl. Abb. 17). E idmann berichtet nämlich, daß A tta sex-
dens die Bäume über ihrem Nest s chont , und gibt auch an, w a r um sie es tut. Würden
nämlich diese Bäume „ihrer Blätter beraubt und als Folge davon zu Grunde gehen, so müßten
die Wurzeln bald vermodern, und die Pilzgärten“ (welche an den Wurzeln befestigt
sind) „würden ihres stützenden Haltes beraubt und müßten zusammenbrechen“ . „Deshalb
scheuen die Ameisen es nicht, weite Wanderungen zu unternehmen, um Blattmaterial zu
ernten“ . Da diese Redewendung ebenso wie einige weitere an anderen Stellen vielleicht so