Nähe ihres Nestes gebracht, fanden sie sofort den Heimweg und eilten zum Nest; sie waren
demnach noch völlig „staatsfähig“.
Bei einer in gleicher Weise durchgeführten Belastung von 1350 g blieben bei 3 Versuchen
von den 9 Tieren im ganzen 6 unbeschädigt, während 3 Verletzungen davontrugen.
Auch nach einer Belastung von 40 Diapositiven = 1800 g liefen einige Tiere noch davon;
bei 50 Diapositiven = 2250 g blieben noch 33%' beweglich, bei 75 Diapositiven = 3375 g
waren alle Ameisen tot, ohne daß die Köpfe zerquetscht wurden; bei 100 Diapositiven
= 4500 g waren immer noch einige Köpfe unzerdrückt, und erst eine Belastung von 150
Diapositiven = 6750 g zerquetschten auch die Köpfe restlos.
Kontrollversuche mit Stubenfliegen zeigten, daß schon 30 Diapositive = 1350 g die
Körper zerdrückten; ja sogar 20, 15 und 10 = 900, 675 und 450 g zerquetschten die Fliegenkörper
und Köpfe völlig. E rst bei 5 Diapositiven = 225 g blieben einige Tiere noch beweglich.
Eine Belastung, welche bei Acromyrmex noch keinerlei Schädigung verursacht, zerquetscht
also eine Fliege schon vollkommen; die Widerstandsfähigkeit der Ameise ist also
etwa 10—20mal größer als die der Fliege.
Der Fähigkeit eines starken morphologischen Widerstandes entspricht nicht immer
die physiologische Zähigkeit.
Daß Ameisen lange Zeit ohne Nahrung auszuhalten vermögen, ist bekannt; bei genügender
Feuchtigkeit machen sich Schädigungen des Hungerns erst nach Monaten geltend.
Bei Formen mit polymorphem Arbeiterstand sind, wie Versuche an Messor u .a . zeigten,
die großen, den Weibchen am nächsten stehenden Giganten am widerstandsfähigsten. Dies
gilt auch für die blattsehneidenden Ameisen. Schon E idmann weist darauf hin, daß die
Soldaten den Nahrungsentzug am längsten ertragen können.
Stets ist aber die Fähigkeit der Überlebenden bei Nahrungsentzug bei den Attinen recht
gering. Nach Möller gingen Arbeiter von Acromyrmex disciger Mayr in Trockenheit bei
Nahrungsentzug nach 2—3 Tagen, bei Feuchtigkeit in 8-—14 Tagen zu Grunde; in den
Versuchen von Bruch hielten es Arbeiter von Acromyrmex lundi R og . aber doch 45 bis
62 Tage aus. Ich selbst hielt Acromyrmex disciger Mayr aus Santos in erdgefüllten Pulverflaschen
20 Tage und Acrom. lundi Ro g . und silvestri Em. in Gipsnestern über 3 Wochen.
Am widerstandsfähigsten erwiesen sich in meinen Versuchsnestern einige Soldaten
von Acrom. lobicornis E m., die beinahe 5 Wochen am Leben blieben. Sie wurden noch
übertroffen von einigen geflügelten Weibchen derselben Art, die in einer Tube mit feuchtem
Filtrierpapier 6 Wochen am Leben blieben. Eine gleiche Zeit hielten es übrigens auch
unbefruchtete Weibchen von Acrom. lundi Ro g . aus. Weibchen anderer Ameisen leben dagegen
weit länger; sie sterben oft erst nach vielen Monaten.
Die zu gleicher Zeit und in gleicher Weise kultivierten Nester mit Pilzgärten blieben
bei allen Arten monatelang am Leben, auch in Kulturen ohne Weibchen; ein Zeichen dafür,
daß wirklich der Hunger schädigend wirkte und nicht schlechte Kulturbedingungen.
Atta vollenweideri F o r . starben bei Bruch nach 10 Tagen; einige Soldaten hielten es
bei mir bis 12 Tage aus. E idmann machte ähnliche Versuche mit A tta sexdens L.; bei ihm
starben in feuchtigkeitsgesättigten Tuben die kleinsten Arbeiter nach 6 Tagen, das letzte
Tier nach 11 Tagen. In jedem Fall war also die stärker spezialisierte Gattung A tta am
wenigsten widerstandsfähig.
Eine Ursache des Absterbens liegt wohl in der geringen Größe und Ausdehnungsfähigkeit
des Abdomens, das besonders bei Atta im Verhältnis zum Kopf und übrigen Körper
extrem klein erscheint. Der Kropf vermag dadurch nur wenig Nahrung als Reserve aufzunehmen,
wie wir später noch sehen werden. Daß es sich in den besprochenen Fällen
wirklich um ein Verhungern und nicht um das Fehlen der Pilzgärten handelt, lehrten
Fütterungsversuche; die Tiere leben bedeutend länger, wenn man ihnen Zucker, Obst oder
Marmelade reicht. Auch dienen die Larven und Puppen dann als Nahrung; ein pilzloses
Nest von Acrom. striatus Ro g . blieb ohne Pilzgarten etwa 4 Wochen am Leben, fraß dabei
aber neben Zucker und Obst fast alle Puppen auf. In einem anderen ähnlich gehaltenen
Nest (Acr. 150) starben die nach Verlust der Pilze m it allen möglichen Stoffen gefütterte Acr.
striatus erst nach 71 Tagen; und es war in diesem Fall noch nicht einmal sicher, ob sie
nicht aus Altersschwäche eingingen, da es sich um Tiere handelte, die bei mir im Kunstnest
geschlüpft und mindestens 9 Monate a lt waren. Wir werden auf dieses Nest noch zurückzukommen
haben.
E idmann ha t Untersuchungen durchgeführt über die Einwirkung verschiedener T em p
e r a t u r e n auf Atta sexdens L. Im Mittel lag der vitale Bereich zwischen 12 und 40 Grad.
Auch hier zeigten die Kasten Verschiedenheiten, derart, daß die Geschlechtstiere den größten
vitalen Bereich aufwiesen; ebenso ist für die größeren Arbeiter dieser Bereich gegenüber
den kleineren verschoben. Der verhältnismäßig geringe vitale Bereich von Atta macht
es verständlich, daß sie im Süden so bald die Verbreitungsgrenze erreicht, während manche
Acromyrmex-Arten weit tiefer gehen. F ü r sie ist auch in der Tat der vitale Bereich weit
größer: Meine Kulturen von Acrom. silvestri Em., die ich auf meinen Reisen mitzunehmen
gezwungen war, hielten im Schneesturm der Kordillere von Copahue sowie beim extremen
Temperatursturz Mitte J an u a r 1938 im Rio-Negro-Tal 5—6 Grad Kälte ohne jede Schädigung
aus, und ebenso plus 39—40 Grad Hitze in Rio de Janeiro.
Ähnlich verhielt sich Acrom. lundi Ro g . von Buenos Aires und Acrom. lobicornis E m.
vom Rio Negro; auch hier trafen enorme Temperatur Schwankungen von 35—45 Grad die
Kunstnester ohne jede Schädigung. So wird es auch verständlich, daß z. B. Acrom. striatus
sowohl im Norden der Provinz La Rioja zu leben vermag, wo man im Sommer in Sandalen
(Alpargatas) nicht den heißen Sand betreten kann, wie im Süden und Westen des Gebietes
von Rio Negro und Neuquen, wo auf der Vorkordillere sogar im Hochsommer (Januar)
noch Schnee fällt.
Gegen Trockenheit sind dagegen alle A ttinen stets recht empfindlich. Ohne eine gewisse
Feuchtigkeit sterben auch gefütterte oder mit Pilzgärten versehene Nester schon nach
einigen Tagen ab, und in Übereinstimmung damit findet man im Freien die eigentliche Nestanlage
stets nur da, wo der Boden eine bestimmte Feuchtigkeit aufweist. Daß demgemäß
in Trockengebieten die eigentlichen Nester von Acromyrmex und auch von A tta erst mehrere
Meter tief im Boden änzutreffen sind, wird dadurch verständlich.
Recht spät läßt sich dagegen bei den Attinen eine Schädigung durch E r s t i c k e n
feststellen. Wenn man von Acromyrmex-Arten viele Tiere in abgeschlossenen Gefäßen hält,
kann nach 1 S 2 Tagen ein scheinbares Absterben einsetzen. Die Tiere verlangsamen ihre
Bewegungen und liegen schließlich zusammengekrümmt wie tot umher. Gibt man dann
Luft zu, so tritt aber sehr schnell eine Erholung ein, und Nachwirkungen bleiben bei den
Erholten n i c h t zurück. Immerhin können bei einem Luftabschluß von mehr als 48 Stunden
in kleinen dichtbesetzten Tuben etwa 50%' so starken Schaden leiden, daß eine E rholung
ausbleibt; meist handelt es sich auch hier um kleinere Exemplare.
Die Weibchen waren bei diesen Versuchen widerstandsfähiger als die Arbeiter; und
Eier sowie Puppen starben auch nach 48 Stunden Luftabschluß nicht ab. Es sind dies Er