Nachdem am 1 8 .1. noch etwas Brut hinzugegeben worden war, bestand das Nest aus 12 Arbeiterinnen (6 großen und
2 mittleren jungen, 1 mittleren und 3 kleinen alten), 8 braunen Puppen (2 großen, 6 mittleren), sowie 17 weißen Puppen
(1 großen, 3 mittleren, 13 kleinen). Bei der Zugabe der erwachsenen Tiere gab es zunächst Mißtrauen, und zwar von
b e i d e n Seiten. Das Weibchen nahm, als eine neue Arbeiterin erschien, eine ausgesprochene „Demutsstellung“ ein; es
ließ sich dabei belecken und leckte selbst. Ich wollte das Nest möglichst stark machen, damit es die beginnende Rückreise
gut überstehen konnte — was auch trotz der 24 Stunden Bahnfahrt Roca—Buenos Aires und der Schiffsreise vom 2 8 .1.
bis 22. II. und der nochmaligen Bahnreise Berlin^—Breslau gelang.
Schwierig war dabei auch die Verpflegung. Ich fütterte mit Zucker, Obst und Eiweiß und gab stets Blätter; aber es
dauerte einige Zeit, bis die Arbeiterinnen sich zum S c h n e i d e n anschickten. Als ich am 23. I. wieder Rosenblätter
unmittelbar auf die Pilze legte, begann eine große Arbeiterin dieselben zu z e r k l e i n e r n ; sie benahm sich also so, als
ob ein Schlepper Blattstücke ins Nest eingetragen hätte.
Die Methode, daß ich selbst die Arbeit der Schlepper übernahm, bewährte sich dann auch weiterhin und bewirkte,
daß die Kultur die Reise gut überstand.
Oft sah es allerdings recht schlimm aus, insbesondere als auf der nördlichen Halbkugel die Kälte begann und das
Schiff stärker schaukelte; es starben zu dieser Zeit eine ganze Anzahl Puppen und junger Tiere, deren Leichen auch auf
die Pilzgärten getragen wurden. Bei allen Arbeiten beteiligte sich auch das Weibchen, das Ende Januar die ersten 5 Eier
abzulegen begann; sie waren bedeutend größer als die, welche ich bei Pilzgärten alter Nester gefunden hatte. Die Eizahl
nahm dann zu; am 3. II. waren es etwa 12, am 4. II. 18, am 5. II. 25 Eier, am 7. II. 30 Eier, alle von derselben Größe. Dann
hörte die Eiablage wieder auf; am 23. II. schlüpften jedoch die ersten 3 Larven (also nach etwa 3 Wochen).
Bei der Ankunft in Breslau, Ende Februar, bestand das Nest außer der Königin aus einer Anzahl Larven und
Puppen sowie aus 8—10 Arbeitern, die den Pilzgarten, z. T. mit Korkbröseln, sehr schön zum Gedeihen brachten (8. III.).
Am 13. III. fiel er indessen stark zusammen, um dann wieder aufzublühen (7. IV.) und am 20. IV. einen Durchmesser von
2 cm zu erreichen. Ende März waren die von Anfang an vorhandenen Larven sämtlich zu mittelgroßen Imagines geworden,
sofern sie nicht als Puppen gefressen worden waren, was sehr oft geschah. Die Eier, deren Ablage Anfang Februar
begonnen hatte, hatten, soweit sie sich entwickelten, das Larvenstadium durchlaufen und waren zu Puppen mittlerer
Arbeiter geworden. Daß diese Larven oft mit Pilzen sowie mit Puppenteilen unmittelbar gefüttert wurden, ließ sich mehrere
Male unter der Lupe beobachten. Die noch lebenden kleinsten Arbeiter zeigten meist typische Alterserscheinungen,
wie täppische Bewegungen, und starben nach und nach dahin. Sie erreichten, da sie ja meist als Puppen zum Nest gegeben
waren, nur ein Alter von 2—3 Monaten.
Am 31. März begann die Eiablage von neuem; jetzt wurde neben 2 großen auch 1 kleines, etwa nur die Hälfte messendes
Ei festgestellt.
Am 8. April schlüpfte.die erste Tochter der im Nest lebenden Königin: es war eine mittelgroße Arbeiterin (Abb. 19b),
und die noch vorhandenen Puppen hatten dieselbe Größe (5K—6 mm).
Die Entwicklungszeiten, die sich daraus ergaben, waren demnach:
Ei bis Larve 20 Tage und mehr
Larve bis Puppe 35 Tage und mehr
Puppe bis Imago 15 Tage und mehr,
insgesamt also etwa 70 Tage. Spätere Ei-Serien konnten sich übrigens auch rascher entwickeln.
Zu der Zeit, als die Eier der zweiten, Ende März beginnenden Eiablage zu Puppen und später zu Imagines wurden
(Mai, Juni), war unter den Mittelformen ein Zwerg, der damit wohl eindeutig auf das kleinere Ei zurückgeführt werden
muß, denn weder vorher noch unmittelbar nachher entstand ein Kleintier. Er wurde fixiert und ebenso am 25. VI. der
erste Soldat von 7 mm Größe, so daß nunmehr sämtliche Größenklassen im Kunstnest von ein und demselben Weibchen
erzielt werden konnten.
Der Pilzgarten war, wie bereits erwähnt, Mitte April sehr in Blüte; es war so möglich, am 26. IV. Teile davon in
das pilzlose Nest 150, sowie in die Parallelnester 150 a, b zu geben, wo er dann weiter florierte. Im Hauptnest 151 fiel er
dagegen bald darauf zusammen, um dann in 3 Teilen neu zu entstehen. Als er am 9. V. fast verschwunden war, wurde aus
dem Nest 150 neu mit vollem Erfolg überimpft, und ebenso am 31. V. und 8. VI., als wieder eine starke Depression eingetreten
war.
Die weiteren Protokollauszüge (von E. W e in la nd) melden folgendes:
11. VII.: Noch zwei kleine Pilzgartenstücke, die herumgetragen werden,
5. VIII.: Pilzgarten zerstückelt und verwelkt,
8. VIII.: kein Pilzgarten mehr.
18. VIII.: Aus Nest 150 wird das winzige Stück Pilzgarten, das die Tiere hatten, herausgenommen und dem Nest 151
gereicht. Sofort stürzen einige Arbeiter darauf zu und zerren es hin und her. Die gerade frisch geschlüpften Tiere beteiligen
sich dabei n i c h t ; sie bleiben vielmehr bei der Brut, um die sie herumsitzen.
29. VIII.: Der Pilzgarten ist angenommen und bereits um das 8—4fache gewachsen; Tiere damit sehr beschäftigt.
13. IX.: Pilzgarten wird welk; Größe etwa wie 5 Erbsen.
15-IX.: Pilzgarten beginnt wieder aufzuleben.
Meine eigenen Protokolle meiden dann wieder!
Am 10. X. sind die Pilze allem Anschein nach ganz verschwunden; man sieht nichts mehr von ihnen, hur einigen
Abfall.
Ende Oktober entsteht aber ein neuer kleiner Garten und die Pilzzucht lebt wieder auf. Das Nest ist stark reduziert;
alle alten Tiere tot, nur junge, helle Exemplare (alles Mittelformen, keine Zwerge und Riesen). Am 3. XI. trug
eine Arbeiterin Eihäufchen umher mit 5 großen und mindestens 1 kleinen Ei; am 17. XI. sind 5—6 Eier und 3—6 Larven
vorhanden. Die erwachsenen Arbeiterinnen sind sämtlich große Übergangsformen von annähernd gleicher Größe.
Der Pilzgarten war zu dieser Zeit in voller Blüte. Er bestand Anfang Dezember aus einem länglichen Stück von
2% : 1 : 1 cm Größe. Es zeigte sich indessen bereits wieder die Neigung, ihn abzutragen. Erst sah es so aus, als ob ein
zweiter Garten angelegt werden solle: einige Arbeiterinnen schleppten ständig Teilchen umher, in gleicher Weise wie sie
es mit der Brut tun. Diese Teilchen wurden dann am 9. Dez. in einer Nachbarkammer des Gipsnestes wieder niedergelegt,
und es war so ein neues Mistbeet von %, : % : % cm entstanden. Aber auch hier handelte es sich mehr um einen
Abfallhaufen, denn besondere Pflege bekam dieser neue Garten zunächst nicht zu spüren. Vom alten Garten wurden am
11. Dez. dann weitere Teile umhergetragen und schließlich aus dem Nest hinaus zu anderem Abfall geworfen. Ich konnte
2 Arbeiterinnen etwa 1 Stunde lang (10%—11% Uhr) beobachten, die eifrigst diesen Abbau betrieben. Einige andere Arbeiterinnen
nahmen sich indessen einiger Teile mit gut wachsenden Pilzen wieder an und schleppten sie in eine andere
Ecke, wo sie auch die jungen Larven pflegten (12. Dez. vormittags). Dadurch, daß wir fein zerschnittene Rosenblütenteilchen
unmittelbar darauf warfen, entstand dort ein neues
Mistbeet, so daß Ende Dezember, bei Abschluß des
Manuskriptes und beinahe einjährigem Bestehen
des Nestes, wieder ein Pilzgarten im Entstehen war.
Es könnte scheinen, als ob der Zustand des
Nestes ein Jahr nach der Gründung recht kümmerlich
sei, da es so wenig Arbeiter enthält. E idmann
gibt aber für ein Naturnest von Acromyrmex subler-
raneus var. eidmanni Sants. (1938) ungefähr die
gleiche Zahl von Arbeitern an, so daß die Kleinheit
wohl nicht auf die Gefangenschaft zurückgeführt
werden kann. Tatsächlich nahm auch die Zahl der
Eier zu Beginn des 2. Jahres plötzlich stark zu, d. h.
zu der gleichen Zeit, in der auch in der Natur die
jungen Weibchen in Eiablage eintreten und meine
Breslauer Königin ein Jahr vorher ebenfalls sehr
produktiv war. Die meisten der Mitte Januar (15.
bis 2 1 .1.) gelegten Eier waren groß; doch ließen sich
zu dieser Zeit auch mindestens zweimal kleine Eier
feststellen.
hend, mit Pilzgärten. An das Glasrohr links kann eine Tube wie
Abb. 21 angeschlossen werden.
Die Entwicklungszeit war gegenüber den früheren
Beobachtungen v e r k ü r z t . Schon nach 8 Tagen schlüpften die ersten Larven, deren Fütterung mit Pilzen und liiern
verschiedene Male unmittelbar beobachtet wurde. Am 5. Februar begann die Verpuppung, und am 16. Februar schlüpfte die
erste Imago, als unter der etwa 30 Eier enthaltenden Brut erneut ein kleines Ei sichtbar war.
Bis Ende Februar verließen bereits sehr viele Junge die Puppenhülle, und bis Ende März gab es neben etwa 20 Puppen
und über 20 Larven schon eine große Zahl von Arbeitern, die sämtlich der Mittelklasse angehörten. Bei Vorlage der
Korrekturbogen (Mitte April) ließ sich aber auch schon ein Zwerg sowie einige kleinere Giganten feststellen, so daß in dem
15 Monate alten Kunstnest der Normalzustand sich anzubahnen begann, der Mitte Juni dann auch erreicht war. —
Die Brut lag oft entfernt vom Pilzgarten, der bis zu dieser Zeit wieder dreimal stark ab- und wieder aufgebaut worden
war. Ende März war er so, wie Abb. 36 zeigt. Die Mistbeete wurden ständig eifrig von den Acromyrmex auf- und abgebaut,
die neben den Pilzen immer auch Zucker und Mehlwurmstückchen fraßen. Letztere wurden verschiedene Male bis zur Brut
geschleppt oder an die Pilzgärten angeklebt.
Die hier niedergelegten Protokolle sollten, wie schon erwähnt, noch einmal eine Reihe
von Tatsachen einiger Probleme erläutern. Sie zeigen zum ersten, wie eine abhängige
Gründung durchgeführt wird, wenn die Königin befruchtet war; wie aber auch unbefruchtete
Weibchen die Flügel ab werfen und Eier legen, aus denen dann stets nur Männchenpuppen
entstehen.
Sie zeigen ferner noch einmal an einem bestimmten Beispiel, wie die Pilzgärten auf-
und abgebaut werden, und zwar ohne bestimmt erkennbaren Plan oder bestimmte äußere