Interessant war dann noch eine Beobachtung, als ich die oben erwähnten Nester A
und B/C miteinander durch eine Röhre vereinigte. Es begannen dann nach einer Weile die
Tiere von A nach B/C überzusiedeln und nahmen dabei die Fliege mit -M n gleicher Weise,
wie es sonst Ameisen mit ihrer Habe tun.
Wenn so die Acromyrmex wirklich andere Insekten verzehren, ist es aber doch immer
etwas ganz anderes, als wenn etwa Pheidole eine Fliege erbeuten. Das ganze Benehmen
weist darauf hin, daß die Jagd nicht wie dort die Regel ist.
Sie haben Jagd aber auch gar nicht nötig; denn eine gute Eiweißquelle steht ihnen neben
den Pilzen in der so zahlreichen B r u t zur Verfügung, und alle Beobachtungen zeigen
immer wieder, daß die Attinen diese Quelle redlich ausnützen. Es ist ja schon von der Nest-
gründung bekannt, daß die Königin 90:?i> der Eier und mehr auffrißt; und Arbeiterinnen
stehen der Mutter darin oft nicht nach. Immer wieder wurde unmittelbar beobachtet, wie
sie Eier verzehrten, und noch öfter, wie sie Larven damit fütterten, die nach einem so
kräftigen Schluck dann sofort förmlich anschwollen. Daß die Larven auch wirklich mit
diesem F u tter allein heranwachsen können, lehren die Beobachtungen von Huber, bei dem
junge Weibchen die ersten Arbeiter ohne alle Pilze aufzogen.
Noch öfter beobachtet man aber, daß P u p p e n verzehrt werden; Beobachtungen, die
immer ganz besonders geeignet waren, die Planmäßigkeit a l l e s Ameisen-Handelns in
Frage zu ziehen. „In aller Gemütsruhe“ gleichsam sieht man Arbeiterinnen, die sich lange
Zeit eifrigst mit der Pflege beschäftigen, der Puppe ein Bein ausreißen und es dann verzehren;
und wenn erst einmal eine Wunde da ist, linden sich sofort Genossen, die bei dem
Mahle helfen und um die Puppen herum eine Freßgesellschaft bilden. Besonders oft sah ich
dies Verhalten bei älteren Puppen, die vor dem Schlüpfen standen. Vermutlich packte dann
der Pfleger an irgendeiner Stelle so fest an, so daß ein Bein oder dergleichen einriß. Dann
erfolgte der Umschlag von Fütterungs- zu Freß-Instinkt. Dies geschah so oft in den K unstnestern
aller Acromyrmex-Arten, daß ich es später g ar nicht mehr äufschrieb; und es machte
einige Male die Hoffnungen zunichte, junge Arbeiterinnen für die Pilzpflege zu erhalten.
Denn dies Verzehren der Puppen ging stets auch bei Nestern vor sich, welche üppigste Pilz-
gärten zur Verfügung hatten.
Nur einen einzigen Protokoll-Auszug möchte ich wiedergeben, da er auch für den ltorn-
menden Abschnitt von Bedeutung ist:
In Nest P2, das mit kleinen Pilzgärten ausgestattet war, befanden sich am 1. XII. 15 Puppen verschiedener Amfär-
bung. Während der Beobachtung des Nestes wurde eine gelbliche Puppe von einem Arbeiter zerkaut, T ä Z Z n Weise
",'e s°!lst, 1 “ ,e des Plfcgartens. Kurz danach ging ein anderer jüngerer größerer Arbeiter an eine weiße Puppe und b eg a in
S18^ !e™ere kamen hmzu und beteiligten sich sehr heftig an der Leckerei. Dabei wurde die Puppe zerquetscht
und dann völlig aufgefressen Auch eine dritte Puppe schien schon angenagt zu sein; am Tage darauf ließen sich auch wirklich
nur noch 10, am 3. XII. 4 Puppen feststellen. Daß sie wirklich gefressen waren, lehrten die Hüllen, die ich fand und
zwar auf dem P i l z g a r l e n , der allerdings inzwischen sehr klein geworden war, da die Acromyrmex ihn in der später
noch zu besprechenden Weise abgeweidet hatten, ohne für Ersatz zu sorgen. Nicht hier, aber in einem Parallelnest mit
T iL 6 die^i t8n au?Sefressemm PuPPe » einigen Tagen üppige Pilzmycelien, worauf die
lie r e diese verpilzten Puppen erneut zur Nahrung benutzten.
Die Attinen gebrauchen also regelmäßig diese Eiweißquelle, die ja auch von Messor
und anderen Ameisen nie versebmäbt wird; und bei dem großen Reichtum an Nachkommenschaft
ist das Verhalten auch durchaus biologisch zweckmäßig, solange man es nicht mit
menschlichen Gefühlen betrachtet.
Auch L arven werden verzehrt, jedoch nicht so oft wie E ier und Puppen. Dies liegt wohl
daran, daß sie durch bestimmte Bewegungen um Fu tter b e t t e l n , wie man dies immer
wieder sieht, und dies rettet ihnen sicher oft das Leben: Auch bei einer hungrigen Pflegerin
überwiegt dann der Flitter-Instinkt, und sie stopft der heranwachsenden Genossin lieber
selbst etwas zwischen die Mandibeln: ein Kohlrabi-Häufchen oder aber das ausgerissene
Bein einer Puppe, wie ich dies verschiedene Male sah.
d) H u t p i l z e u n d Myc e l i en.
Als letzte und wichtigste Ernährungsquelle kommen die Pilze in Frage. Ich möchte
dabei an den Anfang stellen, daß Teile der Fruchtkörper von Pilzen in Kunstnestern gefressen
werden, wie übrigens schon Möller beschreibt, und daß weiterhin auch im Freien
die Hüte durch Acromyrmex angegangen werden können, wie ich in Buenos Aires bei
Acrom. lundi und in Boca bei Acrom. lobicornis zweimal sah. Stets handelte es sieh um
Pilze, die aus dem Nest der Acrom. seihst herausgewachsen waren; die einzigen Pilze übrigens,
die ich weit und breit in der Umgebung feststellen konnte (vgl. Abb. 23).
Ob diese Hüte wirklich die Fruehtformen der Pilze aus den Acromyrmex-Nestern
waren, ist ebenfalls natürlich schwer zu entscheiden. Nach Untersuchungen von Spegazzini
1921 (s. E idmann 1935) kommen hei den einzelnen Attinen verschiedene Pilze vor, die ganz
verschiedenen Gattungen angehören können; so bei Acromyrmex lundi Xylaria micrnra
Speg. und bei Acromyrmex (Moellerius) heyeri F e r . Peroniopsis brnchi Speg. Ich erwähne
diese beiden Formen deshalb, weil es mir ohne weiteres gelang, die Pilze von Acrom. (Moellerius)
striatus, den nächsten Verwandten von Acrom. (Moell.) heyeri, an Acrom. lundi zu
geben, und ebenso auch die von Acrom. lobicornis. Die Pilze dieser letzten A rt (Acrom. lobicornis)
wurden ohne weiteres von Acromyrmex lundi sowie von Acromyrmex (Moellerius)
striatus genommen. Endlich wurden die Pilzgärten der nördlichen Acromyrmex (Moellerius)
striatus silvestri aus Patquia von Acrom. (Moellerius) striatus bruchi des Rio-Negro-Tals
sofort weiter gepflegt, ja sogar Pilzgärten von Acromyrmex-Arten von Atta pulita resp.
vollenweideri gefressen, die nach Spegazzini wieder eine andere Gattung (Locellina maz-
zuchii Speg .) züchtet. Danach scheint die besondere Spezifität der Pilze doch geringer zu
sein als m an annahm, und alle Ameisenarten verschiedene Pilzformen übernehmen können.
Neuerdings hat noch N. H. Weber einen neuen Hutpilz (Lentinus atticolus n. sp.) aus
dem Nest von A tta cephalotes beschrieben. Nach noch laufenden Isolierungsversuchen
scheint es sich indessen bei den Pilzen der Mistbeete nicht um höhere Hutpilze (Basidiomy-
ceten) zu handeln, die vielleicht nur gelegentlich auftreten. Im Hamburger Institut für allgemeine
Botanik wurden jedenfalls von F rau Professor R. Stoppel (zuerst von ihrem
Schüler cand. rer. nat. W. F riedländer) Kulturen ans Pilzgarten-Material von A tta sexdens
hergestellt und später auch aus Mistbeeten von Acromyrmex-Arten Pilze isoliert. Das Material
war laut brieflicher Mitteilung von F rau Professor Stoppel zum Teil aus Brasilien
von Herrn W. F riedländer mitgebracht, zum Teil von dort durch Herrn M. J acoby übersandt.
Später konnten auch die Pilze eines von mir mitgebrachten Acromyrmex striatus-
Nestes untersucht werden. Es ließen sich bis jetzt isolieren in mehreren Fällen Hypomyces
ipomeae, ferner 4 verschiedene Fusarium-Arten und Varietäten sowie einmal ein Mucor. Nur
in einem Fall tra t ein anderer Fungus imperfec. auf, augenscheinlich eine Verunreinigung.
Die Fusarium-Arten und Hypomyces fanden sich bei verschiedenen Sendungen immer wieder.
Basidiomyceten-Mycel wurde in keinem Falle gefunden. Bei allen genannten Pilzen
handelt es sich um thermophile Arten mit hohem Fettgehalt, die auch von einer Milbe bevorzugt
als Nahrung auf genommen wurden. Daß meine Acromyrmex-striatus-J£.u\txiren alle