Tab. 5 ersichtlich. Es waren zu deren Zusammenstellung in der Zeit von l l 30—1230 Uhr (1)
und 1710—1810 Uhr (2) alle Heimkehrer mit ihrer Beute weggefangen worden. 91% bei
Versuch 1, 85% bei Versuch 2 trugen sichtbare Last, die am Vormittag zu 14% (1), am
Abend zu 22% (2) aus frisch geschnittenen Blättern bestand. Entsprechend waren morgens
86% und abends 78% vom Boden auf gelesen worden: es fand also nach und nach eine Verschiebung
der Arbeit statt. Daß die Tiere, welche ohne sichtbare Last heimkehrten, vermutlich
alle den Kropf mit süßer Flüssigkeit gefüllt hatten, war schon früher angegeben.
Am 11. X. ergab sich ein ähnliches Bild; durch Regen und Kälte waren die Tiere aber
am Auslaufen behindert, so daß über Tag nur einige wenige erschienen. Als später die
Sonne durchbrach, begannen 1210 Uhr einige Tiere auszulaufen. Ich legte wiederum an den
Stellen B und C größere Haufen von Orangenschalen und Papierschnitzel mit Orangenduft
aus. In 3 Stunden (1510) waren von beiden Haufen etwa 60 Schalenteilchen sowie etwa 40
Papierschnitzel abgeschleppt, und eine danach folgende weitere Zählung ergab folgendes
Bild: In V2 Stunde trugen von 60 Tieren 7 frische Blätter (12%), 17 welke Blätter (29%),
3 trockene Blätter (5%). 1 Tier brachte Teile von einer Frucht, 6 Unbestimmtes heim (2%
und 10%), und 26 trugen Orangenschalen und Papier ein (43%).
Die ersten Versuche lehrten aufs schönste, daß Früchte besondere Aufmerksamkeit
erregten, und zwar, wie das Abschleppen von imprägniertem Papier sowie von Blütenblättern
ergab, auf Grund des Geruchs. Die Beobachtungen der nächsten Tage zeigten dann,
wie Straßen entstehen und ferner wie vom einfachen Sammeln zum Schneiden übergegangen
wird.
Am 12.X. war strahlender Sonnenschein, so daß ich das Nest von 8 Uhr früh an beobachten
konnte. Wie früher waren auch diesmal noch eine Anzahl erste Auslaufende zu
sehen, die in der Art von Messor ihre „vueltas“ machten, infolge des warmen Wetters indessen
viel schneller als in der Kälte. Die meisten Tiere gingen aber nach den ersten Umgängen
gleichsam zielbewußt geradeaus nach links (Abb. 17). In der Grasrabatte zwischen
B und A konnten sie nicht genau gesehen werden. 5 Tiere ließen sich jedoch auf der etwa
15 m langen Strecke in allen ihren Bewegungen verfolgen. Sie liefen in gerader Richtung
bis etwa in die Nähe des Baumes A (chinesischer Apfel); dann machten sie an bestimmter
Stelle einen Bogen und traten über auf den Kiesplatz unter Baum P (Pampelmuse)
(Abb. 17Xi). Dort angekommen, begann jedes Tier auf Orientierungswegen zu s u c h e n ;
das eine hier, das andere dort. Umherliegende welke oder frische Blattstückchen wurden
betastet und schließlich das eine oder andere abgeschleppt. W a s hierbei den Ausschlag
gab, blieb unerfindlich. Es kam vor, daß eine Ameise das, was andere schon nach Untersuchung
vernachlässigt hatten, abzuschleppen begann. Es reizte also die einzelnen Tiere
etwas ganz Verschiedenes, wie sich ja bei einer solchen ersten Sammeltätigkeit die Individualität
der Ameisen stets besonders gut ausprägt. So bemühte sich bei einer ähnlichen Gelegenheit
ein mittelgroßer Acromyrmex-Arbeiter bei stärkerem Wind ununterbrochen, ein
kleines welkes Rosenblatt vorwärts zu bringen. Während der Stunde Beobachtung, die ich
ihm widmen konnte, brachte er es etwa V2 m vorwärts. Immer wieder wurde er zurückgetrieben
oder verlor das Blatt. Stets suchte er es wieder und nahm kein anderes, obwohl
viele hundert gleiche überall auf seinem Weg umher lagen. In derselben Zeit schleppte ein
weniger arbeitsstetes Tier dreimal verschiedene Blättchen einige Zentimeter vorwärts, um
sie dann wieder fallen zu lassen, und neunmal wurden andere Dinge ganz genau untersucht.
Hierbei wurde in Orientierungsspiralen ein Weg von etwa 3 m zurückgelegt.
Jedes einzelne Tier verhält sich also ganz verschieden und hat für andere Dinge ein
Interesse als der Nestgenosse.
Um auf den Vergleich mit der Forscher-, Siedler- oder Goldgräber-Gruppe zurückzukommen:
Auch in solchen Fällen wird es sich ereignen, daß der eine das, was der andere
schon untersuchte und wegwarf, für wichtig genug hält, mitgenommen zu werden; auch da
wird das individuelle Verhalten den Ausschlag geben. Und bei beiden Gelegenheiten waren
noch keine solch wertvollen Funde gemacht, daß eine Mitteilung an die Genossen erfolgte.
Von den suchenden Acromyrmex tra f schließlich ein Tier doch auf etwas, das eine
größere Anstrengung zu lohnen schien; auf ein größeres herabgewehtes Blatt der Pampelmuse.
Die Ameise ergriff es und suchte es als Ganzes abzuschleppen. Als dies nicht ging,
begann sie unter meinen Augen mit Schneiden; d. h. sie sägte in der schon oft beschriebenen
Weise zunächst den Blattrand ein und trennte so ein halbrundes Stück heraus. Unmittelbar
darauf konnte ich ein anderes Prinzip des Arbeitsbeginns aufs schönste verwirklicht sehen,
das ich schon bei Messor beschrieb: die Stafette. Eine heimkehrende Acromyrmex tra f auf
eine auslaufende Genossin, die sie anstieß. Dabei fiel das geschleppte Blatt zu Boden und
wurde nun von der auslaufenden Ameise ergriffen und heimgetragen, während die erste
umkehrte und zu dem Kiesplatz zurücklief, etwas Neues zu suchen.
Eine Zusammenarbeit war damit eingeleitet. Sie blieb jedoch in den Anfängen stecken,
da noch nichts gefunden war, das einen stärkeren Alarm lohnte. Alle Sammler liefen noch
selbständig aus. Eine Spurfolge ließ sich nicht feststellen; der Weg wurde auch dann eingehalten,
wenn ich den Sand durcheinander brachte oder die Erde auf dem Beet umgrub.
Die T iere liefen zwar immer auf dem Beet innerhalb der Rabatte (Abb. 17), der sie folgten.
Aber sichtlich jedes fü r sich -jgain gleicher Weise wie auch etwa bei der schon erwähnten
Goldgräbergruppe jeder einzelne unwillkürlich einem Flußlauf oder einem Waldrand folgt,
welcher das Richtunghalten erleichtert.
Wie sich das Bild ändert, wenn etwas Wertvolles, Aufreizendes gefunden wurde, zeigten
Beobachtungen an A tta sexdens in Santo Pipö (Nest XY). Auch dort beobachtete ich
die ersten Erkunder und Sammler einer Kolonie, die unter dem Hause ihren Wohnsitz auf-
geschlagen hatten und rechts und links von der Terrasse zu selbständigem individuellem
Sammeln übergegangen waren. Es ließen sich deutlich zwei Gruppen feststellen, von denen
die linke schon zum Schneiden an Rosenstöcken überging. Auch bei der rechten zeigten einige
Tiere Interesse an den Rosen; es gelang aber dort das Interesse für ausgelegte Orangenstückchen
zu erwecken, die schließlich alle abtransportiert wurden, ohne daß Alarm zu
bemerken war. Während einer kurzen Abwesenheit entdeckte dann allem Anschein nach ein
erkundender Sammler einen Strauß von Tungblüten, den wir zum Photographieren in einer
größeren Glastube aufgestellt hatten. Jedenfalls w ar bei der Rückkehr nach etwa 4 Stunden
ein Zug von Sammlern nach dort unterwegs, der auf ganz bestimmten Wegen über die
Terrassenstufen an der Glastube hinaufmarschierte und dort bereits fast alle Blüten abgeschnitten
hatte. Im Laufe einer weiteren Stunde waren dann auch die Laubblätter an-
und abgeschnitten und weggeschleppt worden, und alles ging, wie schon gesagt, auf ganz
bestimmten Straßen vor sich.
Dieser Vorgang ist nur durch vorherige Alarmierung und Spurbildung erklärbar,
Erscheinungen, die in besonderen Abschnitten noch gesondert besprochen werden. Hier
möchte ich nu r eine weitere Beobachtung in Sto. Pipö anschließen, die ebenfalls Tungblüten
und A tta sexdens zum Gegenstand hatte.