sonders beim zweiten größeren Stein eine förmliche Scheu, ihn zu verlassen (b), und andere
kleine Besonderheiten mehr. Stets zeigt es sich aber, daß die eingefügten Steinchen aus der
alten Spur wirklich richtunggebend wirken konnten; und zwar um so besser, je mehr solche
Steinchen ich einfügte und je enger sie infolgedessen lagen (Abb. 27 e).
Diese letzten Versuche führten dann zu Experimenten mit k ü n s t l i c h e n Spur e n.
Es wurden in eine wiederum erst mit Erde verschüttete Spur Steinchen gelegt, die mit
lebenden Acromyrmex bestrichen waren. Der Erfolg war verschieden; manchmal folgte an
solchen Stellen eine Fluchtreaktion, wie dies auch Pheidole bei zu stark beschmierter K unstspur
erkennen ließ (G o e t s c h 1 9 3 7 , Abb. 5 7 ), oder ein zaghaftes Vorbeischleichen. Einmal
war allem Anschein nach gerade ein Stein zu stark beschmiert, denn bei einem Umtausch
der Steine erfolgte die stärkere Fluchtreaktion gerade von ihm, während ein anderer nur
richtend wirkte.
In einer zweiten Versuchsserie wurde auf einer verschütteten Stelle die Spur dadurch
wieder hergestellt, daß ich mit einer Morphiumspritze, die 15 lebende Acromyrmex enthielt,
den Weg mit dem Dunst dieser 15 Tiere
bestrich. Die Heimkehrer folgten der bestrichenen
Kunstspur im allgemeinen sicher,
wenn auch einige etwas zögerten.
Versuche, diese K unstspuren im Winkel
stärker abbiegen zu lassen, ergaben unsichere
Resultate; es zeigte sich dann oft Verwirrung.
Eine A rt künstlicher Spur suchte ich
schließlich noch dadurch zu erhalten, daß ich
schmale Papierstreifen an den Nesteingang
heranlegte und sie so m it Ameisengeruch imprägnierte.
Solche Papierstreifen wirkten
auch für Heimkehrer dann etwas richtend.
Wenn man sie auf ein neues, noch ungespur-
tes Papier legte, f o l g t e n ihnen die Tiere
streckenweise, wenn auch n icht so genau, wie
ich es erst erwartete (vgl. Abb. 28).
Auslaufende Tiere benahmen sich dagegen
dann, wenn sie auf ihrem Weg an
einem solchen mit der Umgebung des Nesteingangs
imprägnierten Papier in Berührung
kamen, ganz verwirrend: sie benützten
den Streifen n i c h t als Wegweiser, sondern
wurden unsicher, aber nicht etwa unruhig
wie bei ganz neuen Dingen. Sie k e h r t e n
meist u m, wenn sie mit dem Streifen in Berührung
gekommen waren, und liefen wieder
nestwärts. Wenn man ihnen dann neues P a pier
oh ne Geruch vorlegte, dann stutzten
sie auch; sie suchten nach Möglichkeit das
Papier zu umg e h e n . Die Marschrichtung
wurde also b e i b e h a l t e n und eine Um-
Abb. 28. Acromyrmex lundi. Auf e
ein Papierstreifen 1—1 befestigt, der längere
gangsloch des Nestes lag. Er dient
(Näheres siehe Text.
Papierblatt ist
kehr erfolgte nicht. Legte ich nun wieder das Papier mit dem Duft vor, so erfolgte
Umkehr. ö
Diese genaue Beobachtung von Einzeltieren ergab dann, daß sie nach der Umkehr zum
liefen. In Nestnähe angekommen, wurden sie wiederum unruhig, machten kehrt und
gingen nun wieder zum P a p i e r . Ein Tier ta t dies dreimal und lieferte damit auch die
Erklärung: Der Papierstreifen hatte schon zulange am Nesteingang gelegen; er roch also
wohl ganz so wie das Nest selbst. Die Ameisen, welche an ihn heränkamen, glaubten also
falsch gelaufen und wieder am Nest angekommen zu sein! D a r um machten sie wieder
kehrt und versuchten nun die a n d e r e Richtung. A l s » d a r a u f h i n w i e d e r zum Nest
kamen, und nun zum richtigen Eingang, wurden sie natürlich erst recht verwirrt und versuchten
es aufs neue. So kam es, daß Papier o h nie Geruch in solchen Pallen umgangen
wurde, wahrend das imprägnierte Papier die Ameisen zur Umkehr veranlaßte Wohl gemerkt
nur die neu auslaufenden; denn daß fü r die Heimkehrer das Papier richtend wirkte
zeigte schon die Abb. 28. Wir verstehen aber auch jetzt, daß diese Heimkehrer gleichfalls
nicht ganz sicher waren, da sie vermutlieh ebenso nach einiger Zeit den Nesteingang erwarteten.
• ^v aR PS p :
Die hier wiedergegebenen Versuche zeigen in ihrer Gesamtheit eindeutig, daß die
Attinen eine Spur herstellen und einer Spur folgen, gie ¡zeigen aber auch, daß die Spur nicht
immer a l l e m ausschlaggebend als Richtungsweiser dient. Worauf dies beruht, soll noch
der nächste Abschnitt zeigen.
51 9. Orientierung im Gelände. (!’e 0rientleruns der Attinen kommt, wie ja schon aus verschiedenen früheren Abschnitten
hervorgeht, sowohl das Gesicht wie auch der Geruch und endlich auch noch der Tastsinn
m Frage. Wenn eine Acromyrmex. beispielsweise an einem Wegrand oder-einem Bordstein
entlang lauft, dann kann man manchmal ähnliche Beobachtungen machen wie bei den
Termiten ( G o e t s c h 1936): Das Tier überzeugt sich durch Fühlerbewegungen in gewissen
Abstanden, ob der erhöhte Rand noch da ist. Auch sonst wird der Untergrund immer wie
der abgetastet, wobei einmal der rechte, einmal de® linke Fühler in Tätigkeit tritt. Hat
eine Acromyrmex aus irgendeinem Grunde nu r einen Fühler, so macht sie ähnliche Bewegungen
wie im gleichen Fall eine Termite; sie hält den Kopf schräg, so daß der Fühler
nach vorne zeigt, und tastet mit ihm einmal rechts, einmal links. Von dem Tasten ist das
lechen natürlich nicht zu trennen, da ja auf den Fühlern sowohl Tasthaare wie Geruchs:-
organe stehen; und dieser Geruchssinn ist für das Finden von Brauchbarem dann auch
ausschlaggebend.
F ü r eine Orientierung auf weitere Strecken spielt diese Art der Orientierung keine
besondere Rolle; hier ist es vielmehr das Ges-i e h t, das ja bei den Attinen wenigstens bei
dem hier zunächst allein in Betracht kommenden größeren Tier gut ausgebildet ist.
I So kommt es> daß wir bei den Acromyrmex-Arten auch alle die Orientierungsmöglichkeiten
finden, die sonst bei gut sehenden Ameisen beobachtet wurden; wie beispielsweise
das Richtungnehmen durch eine Mauer, einen Wegrand oder, wie in Abb. 17, durch eine
Grasrabatte, an der in einiger Entfernung entlanggelaufen wird, ohne daß hierbei Berüh-
™Df ^ eiZe 6ine ß °lle sPiel.en; °der aber das ..Anpeilen“ eines Strauches oder Baumes, wie
m Abb. 17 A und P, die sichtlich bei den Wegen von Acromyrmex lundi richtunggebend