Bei Acromyrmex striatus ließ sich ebenfalls feststellen, daß aus Eiern von unbefruchteten
Königinnen sowie Arbeiterinnen Männchen entstehen; die Attinen ordnen sich also
den allgemeinen Vorstellungen ein.
Tabelle 34. Acromyrmex lundi, Buenos Aires, Belgrano.
a) M ä n n c h e n
b) W e i b c h e n
153/54
69/96
174 b
173
160
164 a
12
9
21 3Ü = 34
Die Tabelle 34 zeigt indessen, daß die Größe der Männchen bei Acromyrmex lundi
recht schwanken kann, und die Messungen bei Acromyrmex striatus aus dem Norden und
Süden beweisen, daß dies überall zu trifft. Auch bei anderen Ameisen schwanken die Größen
der Männchen. Es liegt dies sicher zunächst in der verschiedenen Fütterung begründet,
da, wie w ir gleich sehen werden, diese trophogenen Bedingungen in weitem Maße die Größe
beeinflussen können. E s kommen aber bei der Größenausbildung der Männchen auch andere
Faktoren in B etracht: die aus den E iern der A rbeiter schlüpfenden Männchen sind hei vielen
Arten kleiner als die der Weibchen, und da schon die Eier der Arbeiterinnen in den beobachteten
Fällen (W a s m a n n 1910) sich durch geringe Größe auszeichnen, haben wir bei
den Männchen wohl auch blastogene Faktoren, welche das Endergebnis beeinflussen.
Ob die verschiedene Größe der Männchen bei den Attinen auf den einen oder anderen
Faktor zurückgeführt werden muß, ist noch nicht untersucht; vielleicht und sogar wahrscheinlich
kommen beide Faktoren in Betracht, so daß man also vielerlei Möglichkeiten
hätte: Männchen aus kleinen Eiern und Männchen aus großen Eiern; und in beiden Fällen
schwächere oder stärkere Ernährung. Daß die größten auf das Zusammentreffen der günstigen,
die kleinsten der ungünstigsten Möglichkeiten zurückgeführt werden müssen, ist anzunehmen;
äußerlich sind hier k e i n e Merkmale dafür sichtbar. Da aber bei manchen
Arten nicht nur verschieden große, sondern auch verschieden gebaute Männchen Vorkommen
(z. B. bei Ponera edwardsi nach F o r e l ) , scheinen sich dort die entwicklungsbestimmenden
Faktoren auch gestaltlich auszuprägen.
Die b e f r u c h t e t e n Eier tragen die Bereitschaft in sich, alle möglichen weiblichen
Kasten aus sich hervorgehen zu lassen, die besonders gerade bei den Attinen auffällig verschieden
sind. Wie die echten Weibchen entstehen, wissen wir allerdings noch nicht durch
Versuche, sondern nur durch Analogieschlüsse. Sie können nur zustande kommen in alten
Nestern, also da, wo ältere Weibchen die Eier ablegten und wo sehr viele Pfleger zur Verfügung
stehen; und weiterhin nur dann, wenn schon in allererster Zeit, auf dem ersten
Larvenstadium vermutlich, eine besondere Pflege einwirkte (wohl reichliche Fütterung aus
den Futterdrüsen). Also bei einer Kombination von guten blastogenen und trophogenen Bedingungen.
Die endgültige Größe der Weibchen kommt dann wohl ähnlich wie bei den
Männchen zustande; bei den Attinen fehlen hierüber noch Untersuchungen.
Die Arbeiterinnen sind, wie bekannt, sämtlich weiblichen Geschlechts, auch die Großtiere,
d.h. die Giganten und Soldaten, und es frag t sich nun, wie diese verschiedenen
Arbeiterkasten zustande kommen. Die chromosomale Bestimmung wird bei der Befruchtung
durch E in tritt des Spermiums ins Ei erreicht. Daß blastogene Faktoren eine Rolle
spielen, wissen wir aus Untersuchungen der letzten Jahre. Die von jungen gerade befruchteten
Weibchen abgelegten Ersteier ergeben bei verschiedenen Arten von Pheidole, Sole-
nopsis und Camponotus stets nur winzige, meist kurzlebige Arbeiterinnen, die auch dann
kaum größer werden, wenn man sie unter günstigsten Bedingungen hält. Ich habe solche
Untersuchungen, die ich zuerst bei Pheidole pallidula durchführen konnte, in Argentinien
bei anderen Pheidole-Arten sowie Solenopsis bestätigen können; auch dann bleiben die
Arbeiterinnen klein, wenn man sie in ein Nest mit vielen Arbeiterinnen tut, die aus Eiern
von älteren Königinnen Normalarbeiter aufziehen. Versuche mit genau abgezählten Eiern
der einen und anderen Kategorie ließen jeden Zweifel verschwinden; G ö S SW A L D hat diese
Beobachtung kürzlich auch für Lasius und Myrmica bestätigt ( G ö s s w a l d 1938).
Es spielen also hier Zustände im Ei eine Rolle, die durch Fütterung n i c h t beeinflußt
werden, mithin blastogene Einflüsse. Bei den A ttinen sind die Ersteier der jungen Weibchen
meist nicht besonders klein wie bei manchen anderen Ameisen, sondern gerade groß, und in
Übereinstimmung hiermit steht, daß meine jungen Acromyrmex-'K.ömgmnen keineswegs zuerst
Zwerge produzierten, sondern Mittelformen. Das in Abbildung 19 b wiedergegebene Tier
ist beispielsweise die erste vom Weibchen 151 aufgezogene striatus-Arbeiterin. Im späteren
Alter können die Eier, wie E i d m a n n hei A tta zeigte, viel kleiner werden, und auch bei dem
erwähnten Weibchen von Acrom. striatus kamen in den späteren Ei-Serien kleinere Eier
vor. Nach Ablauf der normalen Entwicklungszeit fand sich damals, als das erste kleine Ei
beobachtet worden war, in der Tat unter den Puppen der erste Zwerg, und damit ist, obgleich
doch jetzt viel mehr Pfleger zur Verfügung waren, ein Beweis dafür geliefert, daß hier hei
Attinen tatsächlich die Gr ö ß e der Eier die blastogene Bestimmung liefert. Daß diese Beobachtung
nicht allein steht, beweisen gelegentliche Bemerkungen anderer Autoren. F ü r Atta
sexdens gibt H u b e r an, daß manchmal von Anfang an zwei Ar beiter großen im jungen Nest
vorhanden sind, und E s c h e r i c h beschreibt die jungen, etwa halbjährigen Nester folgendermaßen:
In den zarten Pilzgärten „befinden sich kleine und kleinste A rbeiter, zum Teil noch
unausgefärbt“, also junge und jüngste Tiere, und auf dem Pilzkuchen oder neben ihm zuweilen
eingetragene Blätter und auch ein oder „mehrere größere Arbeiter, die eben ein
Blattstück eintragen“. Die älteren, schon im Außendienst befindlichen Arbeiter sind also
größer als die jüngeren, obgleich man nach den Erfahrungen bei anderen Ameisen das
Gegenteil erwarten sollte.