gleichmäßiger Haltung nie alle Kulturen zu gleicher Zeit die Gärten abbauten. In solchen
Fällen war auch, wie schon erwähnt, ein gegenseitiger Austausch der Pilze von Acrom.
lobicornis, Acrom. lundi und Acrom. striatus möglich. Ein Protokollauszug über den Auf-
und Abbau im Kunstnest wird in dem Abschnitt über Koloniegründung noch genauere
Daten geben.
„Ein sinnloser Abbau der Mistbeete bis zum Absterben der Pilze ist aber doch wohl
nur in Kunstnestern zu finden, vielleicht als Folge unnatürlicher Haltung“, wird man einwerfen.
Ich glaube nicht, daß ein solcher Einwand berechtigt ist. Zunächst fühlen sich die
Tiere in den Kunstnestern sicher wohl; sonst würden sie nicht, wie dies bis jetzt geschah,
so schön die Brut auf ziehen und sich dauernd vermehren. Weiterhin zeigen aber auch
Naturnester ganz ähnliche Erscheinungen. Beim Ausgraben von Nestern trifft man immer
wieder verlassene Pilzgärten an, die noch sehr gut im Stande sind. Oft wird auch an einer
Stelle aufgebaut, an anderer zerstört, ohne daß man etwas anderes dafür verantwortlich
machen kann als Arbeitseifer und Arheitsstetigkeit. Man findet endlich besonders bei Acrom.
lobicornis stets getrennte Arbeitsscharen und getrennte Arbeitsplätze, von denen und zu
denen geschleppt wird; und bei manchen ungestörten Riesennestern sind die ausgetragenen
großen Massen gelber, kotgetränkter Mistbeete mit oft noch guten Mycelien von den
Ast- und Blätterhaufen der eintragenden Tiere schon von weitem deutlich unterscheidbar
(Abb. 23b).
Daß durch ein sorgloses Verhalten die Pilzgärten absterben und kleine, junge Nester
so zugrundegehen können, halte ich nicht für ausgeschlossen. Die Vernichtungsziffer junger
Kolonien ist nämlich erstaunlich groß, wie E idmann bereits betont (1935) und J acoby erneut
bestätigt (1936): Ei markierte in zwei Schwarmperioden mehr als 20 Jungnester, von
denen kein einziges zur Entwicklung kam. Es liegen also bei A tta sexdens ähnliche Verhältnisse
vor. Bei älteren Nestern ist die Gefahr eines Zusammenbruches der Pilzgärten deswegen
nicht zu befürchten, weil dort viele Alters- und Größenstufen der Arbeiter vorhanden
sind und infolgedessen nicht so leicht von allen in einseitiger Richtung gearbeitet wird.
Wenn wirklich an einer Stelle des Nestes die Pilze verloren gehen, werden sie vielleicht an
anderer Stelle um so besser florieren, genau wie in meinen verschiedenen Kunstnestern,
und es ist so möglich, sich von dort wieder Mycelien zu verschaffen, mit denen dann neu entstehende
Mistbeete geimpft werden — mit ähnlichem Erfolg wie bei den künstlichen Eingriffen
in meinen Kulturen.
Wenn gut florierende Pilzgartenteile doch eine bestimmte Pflege genießen und anders
als die oft auch verschimmelten Abfallhaufen behandelt werden, so liegt dies daran, daß die
wachsenden Mycelien den „Abfall“ wieder in „Nahrung“ verwandeln. Sie werden dann vom
Abfall ausgesondert, wie dies auch bei anderen Ameisen mit noch guten Futterbestandteilen
geschieht, die von arbeitssteten Nestgenossen hinausbefördert wurden (vgl. beispielsweise
die Arbeiten im Messor-Nest).
Eine solche verschiedene „Auffassung“ derselben Dinge fanden wir ja auch bei den
Attinen bereits einmal: bei der Sortierung der ins Nest geschleppten Materialien, die von
einer Gruppe als brauchbar heran-, von einer anderen als wertlos hinaus- und von einer
dritten dann endlich wieder als nützlich hineingeschleppt werden konnten. Aber es ist auch
möglich, daß bei ein und demselben Tier ein Umschlag in der „Auffassung“ eintritt. Ein
Honigtropfen, der fü r zuckerhungrige Ameisen eine Kostbarkeit ist, zu dem sich alles
drängt, wird nach Sättigung von denselben Tieren mit Erde bedeckt, und im Kunstnest gehaltene
Attinen gehen oftmals unmittelbar von der Pflege schlüpfender Puppen zum Kani-
balismus über, wie wir schon sahen. —
Im erwachsenen Nest der Attinen mit seiner ungeheuren Zahl von Arbeiterinnen gibt
es natürlich stets sehr große Gruppen von Tieren, die sich e i n e r Arbeit widmen; und so
finden wir dort auch eine deutliche Scheidung zwischen Sammelhaufen eingetragener
Pflanzenteile, eigentlichen Mistbeeten mit üppig wuchernden Pilzen und Abfallhaufen ausgelaugten
Materials. In kleinen Nestern ist zwischen diesen drei Gruppen oft keine deutliche
T rennung zu beobachten, da oft das eine in das andere übergeht und nichts überwiegt.
Und damit kommen wir zu der Frage, wie überhaupt wohl die Pilzgärten erstmalig entstanden
sein mögen.
Es wurde früher schon von mir einmal darauf aufmerksam gemacht, daß Messor-Arten
oft in ihrem Sammeleifer Blattstücke und dergleichen ahschneiden und eintragen, und
weiterhin, daß in Ameisen-Nestern manchmal Pilzmycelien auftreten. In ähnlicher Weise
müssen wir uns die erste Entstehung der Pilzzucht wohl auch bei den Blattschneidern vorstellen.
Das heißt in der Weise, daß die in den Abfallhaufen entstandenen Mycelien abgebissen
und als gutes F u tter erkannt und dann ebenso wie Nahrung behandelt wurden. Die
knopfartigen Erweiterungen der Mycelien, d.h. die Ambrosia- oder Kohlrabi-Kölbchen
sind ja vermutlich nur als Folge des Abbeißens aufzufassen (vgl. Spegazzini). Da wir weiter
oben sahen, daß die Attinen auch Teile der Fruchtkörper von Hutpilzen fressen und eintragen,
haben wir ein weiteres Glied dieser Entwicklungskette; und auch einen Hinweis
dafür, daß eine Neuinfektion sogar jetzt noch möglich ist.
Eine Anzahl von Eigentümlichkeiten der Blattschneider trug dann dazu bei, die Pilzzuchten
fester zu verankern. Wir sahen, wie später noch genauer zu beschreiben ist, eine
riesige Masse kleinster Arbeiterinnen fast ausschließlich im Innendienst beschäftigt, die
durch ihre verkümmerten Augen eine Scheu vor Außendienst zeigen. Dem ausgesprochenen
Pflegetrieb dieser Tiere kommt dann die Pilzzucht unmittelbar entgegen, ebenso wie das
Blattschneiden und Schleppen der Arbeitswut der großen Arbeiterinnen. Diese Zwerge im
Nestinnern behandeln dann die Pilze ähnlich wie die Brut, die sich meist unmittelbar
in diesen Nahrungskammern findet; sie halten sie von Schmutz und unbrauchbaren Schimmelpilzen
rein, wie dies ja auch andere Ameisen mit Nahrungsvorräten tun, und fressen
das eine wie das andere bei Hunger, auch darin keinen Unterschied zwischen Brut und Pilz
machend!
In den ^iia-Nestern sind die mit der Pilzzucht im Zusammenhang stehenden Erscheinungen
am weitesten gediehen, wie überhaupt die Gattung A tta sich in jeder Weise stärker
spezialisiert hat als Acromyrmex. Daß übrigens auch dort die Pilzzucht schon sehr verankert
erscheint, werden wir dann noch beim Hochzeitsflug und bei der Staatengründung
sehen.
Wenn wir so die Pilzgärten der Attinen als eine Art Zufallsbildung auffassen, entstanden
aus den von ausgekauten Blättern und anderem Unbrauchbarem gebildeten Abfallhaufen,
die dann durch Pilzbewuchs wieder zur Nahrung wurden, so zerstören wir vielleicht
gern geglaubte Märchen bei allen denen, die in den Blattschneidern Tiere von hoher
Intelligenz und in ihrem Staate ein Musterbeispiel fü r planmäßiges Handeln sehen. Mir will
es indessen scheinen, als ob Bewundernswertes nicht nur bleibt, sondern v e rm e h r t wird.
Denn daß wertloser Abfall neuerdings wieder der Staatsgemeinschaft nutzbar gemacht wird
und dadurch unbewußt etwas geschieht, das in solchem Maße bei den Menschen nur
straffste Organisation erreicht, erscheint mir genau so erstaunlich wie etwa die Zweck