Organen, so ergibt sich zwischen beiden eine augenscheinliche Korrelation. Die in der
Abb. 38 a und b dargestellten Endglieder der Antennen von Notonecta glauca und von Nau-
coris cimicoides weisen eine Cuticularwand auf, die sich gleichmäßig auf das ganze Endglied
verteilt. Dementsprechend behalten die einzelnen Hautsinnesorgane bis zur Spitze dieselbe
Größe bei. Genau die gleichen Verhältnisse liegen bei Ranatra linearis (Abb. 16) vor, die
somit in dieser Richtung grundsätzlich verschieden von der weiter unten beschriebenen
Nepidenart Nepa cinerea ist.
Eine gewisse Abweichung tritt bei der in Abb. 38 c dargestellten Antennenspitze von
Macrocorixa geoffroyi auf. Die Cuticularwand erreicht nämlich im distalen Teil des Endgliedes
eine größere Dicke, und im Zusammenhang damit weisen die Hautsinnesorgane an
der Spitze, die zweifellos Sinneshaare5) darstellen, eine entsprechend beträchtlichere Länge
auf. Bei Nepa cinerea (Abb. 38 d) zeigen die Cuticularschichten an der Spitze des Endgliedes
eine besondere Dicke im Verhältnis zu den übrigen Wandstrecken. Diese Gegebenheit geht
Hand in Hand mit einer noch stärkeren Verlängerung der terminalen Sinneshaare. In
schroffem Gegensatz hierzu zeigt die Abb. 38 e die entsprechenden Verhältnisse bei Aphelo-
cheirus aestivalis. Die Cuticula erreicht bei Aphelocheirus an der Spitze des letzten Antennengliedes
ihre größte Feinheit und träg t überhaupt keine Hautsinnesorgane.
Diese Feststellungen lassen den Schluß zu, daß bei den Hydrocores zwischen der Cuticularwand
der Antennenspitze und den terminalen Hautsinnesorganen eine Beziehung
besteht, die zu der Schlußfolgerung führt, daß mit wachsender Mächtigkeit der Cuticula
eine Vergrößerung der Cuticularbildungen der Hautsinnesorgane Hand in Hand geht und
andererseits, daß ein Dünnerwerden derselben einen Schwund der Hautsinnesorgane bedingt.
Neben dieser Art Korrelation tritt eine andere zwischen der Ausbildung der Augen und
jener der Antennen der Hydrocores auf. Schon F o r e l (1910, p. 18) weist auf die Korrelation
hin, die zwischen den Augen und den Antennen vieler Insekten besteht. Nach seinen
Befunden haben Insekten mit großen Augen meist schwach entwickelte Fühler (Libellula),
während bei Insekten mit kleinen Augen (Ameisenarbeiter) auffallend lange Antennen
auf treten. E r bezeichnet daher letztere im Gegensatz zu den „Luft- oder Tagtieren“ auch
als „Antennen- oder Nachttiere“.
Ähnl iche Verhältnisse treten nun bei den Hydrocores auf. Die Nepiden, Notonecta, Nau-
coris und Corixa besitzen auffallend große, wohlentwickelte Augen und kurze Antennen, die,
wie schon erwähnt, nie größer als der horizontale Durchmesser der Augen von der Ventralseite
aus gesehen sind. Aphelocheirus aestivalis dagegen ha t sehr kleine Augen und relativ
lange Antennen, die mehr als die vierfache Länge des Augendurchmessers besitzen
(Abb. 32). Auch in diesem Falle steht Aphelocheirus aestivalis in deutlichem Abstand zu den
anderen Hydrocores. Es fragt sich jetzt, inwieweit Aphelocheirus aestivalis im Sinne Fo-
RELS zu den „Antennentieren “ gezählt werden müßte, da die Korrelation zweifellos durch
die Umweltfaktoren mitbedingt ist.
Während die anderen Hydrocores ausnahmslos in stehenden oder nur schwach fließenden
Gewässern Vorkommen, häufig an die Oberfläche steigen und sogar größere Flüge
unternehmen, tritt die flügelreduzierte Wasserwanze Aphelocheirus aestivalis nach meinen
eigenen Beobachtungen nur tief am Grunde stark fließender Gewässer auf, wo sie sich mit
Hilfe der kräftigen Klauen ihrer Beine am Boden festklammert. Ihre Umwelt gestattet ihr
5J Da ich noch keine Haarbildungen an Antennen angetroffen habe, die nicht innerviert wären, so rechne ich
damit, daß auch jene Haare, die ich nicht auf das Vorhandensein von Sinneszellen untersucht habe, Sinneshaare sein,
werden. Selbstverständlich ist der Beweis für diese Annahme noch in jedem Einzelfalle zu erbringen.
nicht ein Hinaufsteigen an die Oberfläche, was uns im übrigen zu der Annahme zwingt, daß
bei ihr eine Haütatmung vorliegen muß.
E rst auf Grund dieser Feststellungen finden die behandelten Korrelationen eine zureichende
Erklärung. Die Ausbildung größerer Sinneshaare an den Antennen von Aphelocheirus
würde diesen Tieren in stark fließendem Wasser hinderlich sein. In bezug auf die
Ausbildung der Augen und der Antennen verhält sich Aphelocheirus aestivalis im gewissen
Sinne analog den „Antennen- oder N achttieren“, und die übrigen Hydrocores den „Luftoder
Tagtieren“ F o r e l s . Auf ihre Umweltsverhältnisse bezogen möchte ich Aphelocheirus
aestivalis in Hinblick auf die Korrelation zwischen den Augen und den Antennen als „Bodentier“
und die übrigen Hydrocores bedingt als „Oberflächentiere“ bezeichnen. Hinzu kommt,
daß solche „Oberflächentiere“ unter den Hydrocores Antennen auf weisen müssen, die ihnen
beim Schwimmen möglichst wenig Widerstand entgegensetzen, während Aphelocheirus
aestivalis als „Bodentier“ durch die Länge der Antennen nicht behindert wird. Bei Nepa
und Ranatra, die im allgemeinen als Bodentiere aufgefaßt werden, möchte ich erwähnen,
daß sie nach meinen Beobachtungen immerhin selbständig zur Oberfläche schwimmen und
gelegentlich auch ausgedehnte Flüge unternehmen. Sie sind also nicht ausschließlich Bodentiere,
und das dürfte die geringe Ausbildung ihrer Antennen verständlich machen.
Man kann selbstverständlich die Frage aufwerfen, ob nicht primäre anatomische Gegebenheiten,
z. B. die Flügelreduktion ( E g g e r s 1938), die morphologischen Besonderheiten
von Aphelocheirus aestivalis mit verursachten. Eine Untersuchung dieser Frage war im
Rahmen dieser Arbeit nicht möglich6).
°) Anmerkung während der Korrektur. Aus einer soeben erschienenen Arbeit von E g gers (1939, S. 711) ergibt sich,
daß reziproke Ausbildungsbeziehungen, wie sie hier zwischen Antennen und Seitenaugen vorliegen, auch zwischen Palpen
und Beinen bei Arachniden und zwischen Gehirn und Giftdrüse bei Webspinnen festgestellt sind (nach P. Sch u l z e).