1804. ich hlieb in der Ungewifsheit, oh der König nicht selbst Veran-
M a y . iafsung zu diesem falschen Gerüchte gegeben habe. Doch schien
mir das letzte fast unmöglich zu seyn, da er sich über nichts
beschweren konnte. Ich schöpfte also Argwohn, ob nicht der
Franzose aus irgend einer boshaften Ursache, vielleicht aus Neid,
dafs der Engländer ihm vorgezogen ward, Uneinigkeit zwischen
uns habe hervorbringen wollen, woraus er einigen Vortheil zu
ziehen hoffen konnte. Mein Argwohn schien nach den Erkundigungen,
welche ich darüber einzog, an Wahrscheinlichkeit zu
gewinnen. Die Sache verhielt sich so. Während ich zu Mittage
bey Tische safs, liefs mir der Offizier von der Wache sagen, dafs
der König, der kaum vor einer Stunde ans Land gefahren war,
und mit ihm noch jemand mit einem Schweine an Bord gekommen
sey, für welches er einen kleinen Papageyen forderte. Nach zehn
Minuten kam ich aufs Verdeck, und sah, dafs der Eigenthümer
des Schweins schon abgefahren war, weil man ihm den Papageyen
nicht sogleich abgeliefert hatte. Dieses wunderte mich,
und da mir sehr um das Schwein zu thun war, so bat ich den
König, den ungeduldigen Verkäufer zurück zu rufen- Jener
schien aber den Befehl des Königs nicht zu achten, sondern
ruderte mit noch gröfserer Eilfertigkeit ans Land. Gleich darauf
sprang einer von den Begleitern des Königs über Bord, und
schwamm gleichfalls dem Boote nach, um, wie mich der Franzose
versicherte, den Mann zu überreden, das Schwein an Bord zu
bringen; diefs verhielt sich abe/ nicht so, sondern er war, wie
ich nachher erfuhr, mit der Nachricht ans Land geschickt worden,
dafs ich den König in Fefseln legen wolle. War dieses
auch nicht eine Erfindung des Franzosen, . wie ich wohl glaube,
so hätte er es doch für seine Pflicht halten miifsen, mich von
dem Befehle des Königs zu benachrichtigen, von dem es leicht 1804.
vorher, zu sehen war, dafs er ernsthafte Folgen haben mufste. May.
Ich hatte die ganze Sache für eine Kleinigkeit, wie sie auch
wirklich war, angesehen, und keine ernsthafte Mine dazu- gemacht,
noch weniger schien ich in Zorn zu gerathen, aus welchem
er gewaltthätige Mafsregeln von meiner Seite hätte befürchten
können. Der König blieb noch eine Stunde nach diesem
Vorfall am Bord, und fuhr dann ganz ruhig scheinend in
einem Schiffsbote ans Land. . Kaum hatte sich indefs die Nachricht
auf dem Lande verbreitet, dafs der König in Fefseln sey,
so griff alles , zu den Waffen,, und nur mit Mühe gelang es der
Barkafse von der Newa, sich- zurück zu begeben. Nur die Ankunft
des Königs, der seine Unterthanen versicherte, dafs ihm
nichts zu Leide geschehen wäre, beruhigte sie ein wenig. Da
indefs der König entweder selbst ein gewaltthätiges Verfahren
von meiner Seite befürchtete, oder der Franzose ihm diese Furcht
eingeflöst hatte, so entschlofs ich mich, den folgenden Tag zu
ihm zu fahren, um ihn zu überzeugen, dafs wir keine feindselige
Absicht gegen ihn gehabt hätten. Schon vor einigen Tagen
hatte der Bruder des Königs mich gefragt, warum ich noch keinen
in Fefseln habe schlagen lafsen, wie ein Amerikaner mit
einem Verwandten des Königs gethan habe *). Ich antwortete
ihm, dafs so lange sie sich freundschaftlich gegen uns benähmen,
• ich gewifs keinem etwas zu Leide thun würde, und ich hoffte,
wir würden uns als gute Freunde trennen.
Capitain L is ian sk o y begleitete mich. Um 8 Uhr Morgens
fuhren wir ab. Unsere Barkafsen hatten wir-schon um 7 Uhr
♦ ) Dieser Amerikaner war vor aclit Monaten liier gewesen.
E R S T E R TH E I I i . lö