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Namen, und keiner wagt es, einen solchen Gegenstand anzurühren.
Wer indefs gottlos genug seyn sollten ein Tahbu zu brechen,
und defsen überwiesen würde, der heilst K ik in o , und die Kiki-
nos sind immer die ersten, welche von den Feinden gefrefsen
werden, wenigstens erhält sich der Glaube bey ihnen, dafs es
geschieht, und es ist nicht unmöglich, dafs die Priester es so
einzurichten wifsen, dafs dieses auch wirklich statt hat. Die Personen
der königlichen Familie und der Priester sind Tahbu.
Der Engländer versicherte mich, auch seine Person sey Tahbu,
demungeachtet äufserte er doch oft seine Furcht, im nächsten
Kriege gefangen genommen und gefrefsen zu werden. W ahrscheinlich
hat man ihn anfangs, so wie jeden Europäer für einen
Etua gehalten, und nur die siebenjährige Bekanntschaft mit ihm
hat vielleicht allmählig den Glanz seiner Göttlichkeit schwinden
gemacht..
Roberts konnte mir Wenig Auskunft über die Religionsbegriffe
seiner neuen Landsleute geben, wahrscheinlich, weil sie
seihst nur verworrene Ideen davon haben, vielleicht halte er
sich auch nicht Mühe gegeben, über diesen Gegenstand genaue
Erkundigungen einzuziehen. Folgendes sind nach ihm die üblichen
Begräbnifs-Trauergebräuche, in welchen der Geist ihrer
Stifter sich nicht verkennen läfst. Nachdem die Leiche gewaschen
ist, wird sie auf eine, mit einem ganz neuen Stücke Zeug
überzogene Plattforme gelegt, und mit einem eben so neuen
Stücke Zeug zugedeckt. Den folgenden Tag geben die Verwandten
des Verstorbenen ein grofses Fest, zu welchem die besten
Freunde und Bekannten gebeten werden. An diesen Festen,
bey welchen die Priester immer gegenwärtige.seyn müfseri, darf
das Frauenzimmer nicht Theil nehmen. Man bietet dabey seuren
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ganzen Reichthum an Schweinen, die überhaupt selten bey einer
andern Gelegenheit verzehrt werden, Taro Wurzel und Brod-
frucht auf. Sobald alle' Gäste versammelt sind, schneidet man
den Schweinen die Köpfe ab, als eine Gabe für die Götter,
damit sie dem Verstorbenen eine sichere und ruhige Fahrt nach
der andern Welt zügestehen mögen. Diese Gabe, welche die
Priester in Empfang nehmen, wird von ihnen heimlich verzehrt,
und nur ein kleines Stück unter einem Steine verwahrt. Die
Freunde, oder die nächsten Verwandten des-Verstorbenen müfsen
darin einige Monate “bey der Leiche wachen, und sie beständig
mit Cocosoel einreiben, um die Fäulnifs zu verhüten. Der
Leichnam wird durch dieses Einreiben hart wie ein Stein, und
unzerstörbar. Zwölf Monate nach dem ersten Feste wird ein
zweytes nicht weniger verschwenderisches Mahl gegeben, um
den Göttern zu danken, dafs sie den Verstorbenen glücklich
in jener Welt haben ankommen lafsen. Damit endigen sich
die Begräbnifsfeste. , - Die Leiche wird alsdann in’ Stücke zerbrochen,
die Knochen in einen kleinen Kasten von Brodfrucht-
holz eingëpackt, und nach dem Moray oder Begräbnifsplatze gebracht,
welchen Personen weiblichen Geschlechts bey Todesstrafe
nicht betreten dürfen.
Ein allgemeiner Glaube an Hexerey, welche von allen Insulanern
als sehr wichtig angesehen wird, scheint mir einige Beziehung
auf ihre Religion zu haben; denn es sind nur die Priester,
die ihrer Aussage nach dieser Zauberkraft mächtig sind,
obgleich auch einige aus dem Volke vorgeben sollen, das Ge-
heimnifs zu besitzen, wahrscheinlich um sich furchtbar machen,
und Geschenke erprefsen zu können. Diese Zauberey, welche
bey ihnen K ah a heifst, besteht darin, jemand, auf den sie einen
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