Juni 5.
darzubieten. Bereits im vorigen Herbste war für das naturhistorische
Fach ein durch frühere Schriften rühmlichst bekannter
Gelehrter, Hofrath Tilesius aus Leipzig, durch den Grafen von
Manteufel, der sich damals in Berlin aufhielt, zu dieser Expedition
berufen worden. Zwey Maler der St. Petcrburgischen Académie
der Künste sollten uns begleiten, jedoch mufste der eine,
wegen Mangel an Raum Zurückbleiben. Ich wagte es daher,
noch auf die Anstellung eines Astronomen anzutragen. Der Graf
Romanzoff, den ein lobenswürdiger Eifer für die Wissenschaften,
beseelt, schrieb deshalb sogleich an den berühmten Director der
Seeberger Sternwarte, Baron von Zach, welcher bald darauf einen
seiner Schüler, den Dr. Horner, einen Schweizer von Geburt, zu
dieser Stelle vorschlug. Es sey mir erlaubt dem würdigen Lehrer
dieses geschickten Astronomen hier öffentlich meinen Dank 'abzustatten
, dafs er mir einen so treflichen Mann, den ich immer stolz
seyn werde meinen Freund zu nennen, zum Begleiter ausgewählt
hatte.
Den fünften Juni i 8o3 kamen die zur Reise bestimmten
Schiffe in Cronstadt an; ich eilte sie in Augenschein zu nehmen,
und fand sie beyde, der Bauart sowohl, als der innern
Einrichtung wegen, sehr gut. Weil der Gesandte mit seinem
ziemlich zahlreichen Gefolge auf meinem Schiffe die Reise machen
wollte: so wählte ich mir die N a d e s h d a als das grössere der
beyden Schiffe. Der in England angewandten Reparatur uner-
achtet sah ich mich genöthigt, zwey der alten Masten, so wie
das ganze Tauwerk des Schiffs mit neuen zu vertauschen. Diefs
kostete uns viel Zeit und Arbeit, und ohne die gefällige Unterstützung,
die mir der Admiral Mäsoedoff, damaliger 'Capitain
von Port, und sein Gehülfe, der Capitain Bütschenskoy, mit
anhaltender Aufmerksamkeit zukommen liefsen, wären wir nicht
im Stande gewesen, selbst in der langen Zeit, die wir in Cronstadt
zubringen mufsten, alle unsere Arbeiten zu beendigen. Es
ist nicht mehr als Pflicht, dafs ich diesen beyden Männern hier
öffentlich meinen Dank abstatte.
Den sechsten Juli konnte ich den Befehl geben, beyde Schiffe
auf die Rhede zu bringen, in' der Erwartung, nach einigen Tagen
absegeln zu können; vorher aber hatten wir noch das Glück
Se in e M a j e s t ä t den K a is e r in Cronstadt zu sehen. Die Absicht
des Besuchs des. Monarchen war , die beyden Schiffe in
Augenschein zu nehmen, welche zum erstenmal die russische
Flagge um die Welt führen sollten, ein Ereignifs, dafs nach
hundert Jahren der Cultur Rufslands der Regierung A l e x a n d
e r ’s Vorbehalten war. Der erste Gang des Kaisers, als er
aus der Schaluppe ans Land stieg, war am Bord beyder Schiffe.
Er besah alles mit der gröfsten Aufmerksamkeit, und äufserte
seine Zufriedenheit sowohl über die Schiffe selbst, als über die
verschiedenen aus England zur Reise mitgebrachten Sachen,
unterhielt sich mit den Befehlshabern beyder Schiffe, und sah
mit vielem Wohlgefallen einige Zeit den Arbeiten zu, welche auf
dem Schiffe vor sich gingen. Ich schätzte mich besonders
glücklich, Gelegenheit zu haben,; meinem dankbaren Herzen
Luft zu.machen, und dem Kaiser die'Empfindungen zu bezeigen,
die durch sein so aufserorde.ntlich grofsmüthiges Benehmen gegen
mich, mir so natürlich waren. Er hatte nämlich die Gnade gehabt,
meiner Frau auf zwölf Jahre die Revenüen eines Guts anzuweisen,
welche sich auf iöoo Rubel jährlich beliefen, um, wie
dieser gefühlvolle Monarch sich ausgedruckt hatte, mich in
meiner Abwesenheit über den Wohlstand meiner Familie ganz
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Juli 6.