ausländische Kaufleute ins Land zu ziehen, um den Handel in Gang zu bringen.
Obgleich der Kaufniannsständ in den ältesten Zeiten, des wichtigen Activ-Han-
dels wegen, den Rufsland trieb, sehr angesehen war *): so war er doch im
Anfänge des vorigen Jahrhunderts um vieles in seiner Würde gesunken. Die
grofsen Kaufleute waren damals mit den Geschäften des ausländischen Handels, den
P e t er mit Errichtung einer Marine in seinen Staaten einführen wollte, fast völlig
unbekannt. Es waren daher Lehrer für sie nothwendig, um durch diese
sich Kenntnifse in der ihnen so ganz neuen Wifsenschaft des Handels zu erwerben:
Kenntnifse, ohne welche anhaltend fortgesetzte Unternehmungen von
gröfserm Umfange nie gelingen können. Auch um die etwanigen Vorurtheile,
welche von Seiten des Adels gegen den Kaufmannsstand herrschten, zu vertilgen,
mufsten Ausländer ins Land gezogen werden, die, ohne von Adel zu seyn,
die Aufmerksamkeit des Monarchen auf sich zogen, und oft seine Achtung gewannen.
Mit einem Worte, der Kaufmannsstand mufste in den Augen der Nation
wieder veredelt werden. P e t er der Grofse machte damit den Anfang. Seine
Nachfolger haben alle, mehr oder weniger dazu beygetragen. Mehrere Umstände
haben zwar, ungeachtet der eifrigsten Wünsche der Souveraine Rufslands,
den rufsischen ausländischen Handel zu erweitern, die gänzliche Erreichung
dieses schönen Zwecks sehr verzögert; indefs gewann der Kaufmannsstand doch
immer mehr und mehr Ansehen. Der jetzigen weisen Regierung ist es Vorbehalten,
die letzte Hand an diese von P e t e r dem Grofsen begonnene Umbildung
seines Volks zu legen. Es ist jetzt die Zeit gekommen, das Joch der uns im
Handel drückenden Ausländer abzuwerfen, welche, nach dem sie auf Kosten
Rufslands sich Reichthümer gesammelt, das Reich verlafsen, um sie in ihrem
eigenen Vaterlande zu verzehren, und auf diese Weise dem Staate Capitale entziehen,
die ihm verbleiben würden, wenn den Eingebornen Mittel zu Gebote
stünden, wodurch Energie und Gemeingeist belebt, und zum Besten des Staats
angewendet würden. Diese Energie, dieser Gemeingeist, kann ihnen in einem
Staate wie Rufsland, welcher von dem Willen eines Einzigen abhängt, auch nur
von diesem Beherrscher defselben eingeflöfst werden, und die Regierung unsers
jetzigen vortreflichen Monarchen, der seine Gewalt nur zum Besten seiner Un-
*) Die rufsischen Grofshändler (G o s t i) genofsen früher sehr viele Vorrechte,
Welche sie nach und nach verloren haben. Sie wurden zu Gesandtschaften
gebraucht, an fürstliche Tafeln gezogen, ihre Forderungen gingen denen
anderer Gläu big er vor, beinahe von allen Abgaben waren sie befreiet, hatten
keine Einquartierung, brauchten nicht selbst zu schwören, sondern
konnten den Eid durch ihre Diener leisten lafsen , niemand durfte sie richten
aufser dem Zar, und einem dazu verordneten Bojaren u. s. w.
terthanen. anwendet, und täglich die schönsten Beweise vonHumanität undEifer
für das W o h l und den Ruhm der Nation ablegt, zeichnet sich hierin ganz vorzüglich
aus.
Hundert Jahre lang sind Ausländer im Besitze des activen Handels von
Rufsland gewesen, und es würde noch eine lange Zeit erforderlich seyn , ehe
man, selbst b e y den wirksamsten Mafsregeln, so weit kommen könnte, ihn nur
zum T h eil ihnen aus den Händen zu spielen; wenn nicht der Besitz von Kamtschatka,
und der daranstofsenden Inseln, die sich, so wie ein grofser Theil der
nordwestlichen Küste Amerika’s nach und nach der Botmäfsigkeit Rufslands unterworfen,
und deren Handel ungestört im ausschliefslichen Besitze der nordöstlichen
Bewohner Rufslands gewesen ist, jetzt den westlichen Rufsen Mittel an
die Hand ,gäbe„ dieses früher, als der Wahrscheinlichkeit gemäfs schien, zu bewerkstelligen:
Mittel, die zu wichtig geworden sind, als dafs die jetzige Regierung
sie nicht zu ihrem grofsen Zwecke benutzen sollte.
Obgleich ich bey keinem meiner Leser die Geschichte der rufsischen Entdeckungen
und Schiffahrten im grofsen nördlichen Weltmeere,, als ganz unbekannt
voraussetzen darf, so wird dennoch vielleicht eine gedrängte Skizze davon
hier nicht am Unrechten Orte stehen.
. ■ Schon im Jahre 17 16 segelte auf Befehl P et er s des Grofsen ein Schiff von
Ocliotzk nach Kamtschatka, und machte den ersten Versuch, eine directe Co-
munication zu Wafser zwischen dem festen Lande und dieser Halbinsel zu stiften
, welche man seit jener Zeit immer dem beschwerlichen Landwege vor»e-
zogen hat. Auf seinen Befehl wurden auch von den Jahren 171-1 bis 1730 die
Kurilischen Inseln untersucht; und kurz vor seinem .Tode, welcher im Jahre 1725
erfolgte,’ veranstaltete er die iso genannte erste Kamtschatkasche Expedition, zu
welcher B e h r in g als Befehlshaber, ernannt wurde. Seinem scharfen Blicke
konnte es nicht entgehen, dafs diese weit entlegenen -Länder dereinst seinem
Reiche sehr nützlich werden müfsten; deshalb wünschte er, genaue Kennlnifs
von ihnen zu erhalten. Auch die Berichtigung der damals unentschiedenen
Streitfrage: ob, und wie weit Amerika von Asien entfernt sey? um deren Untersuchung
man den Kaiser auch schon während seines Aufenthalts in Holland im
Jahre 17 17 gebeten, und worüber die Akademie der Wifsenschaften zu Paris,
deren Mitglied er war, eine Vorstellung" an ihn gemacht hatte, lag ihm am
Herzen. Behring, den die Lieutenants T s c h i r i k o f f und S p a n g b e r g begleiteten,
machte zwey Reisen: die erste 1738 nach Norden bis zum Vorgebirge
Serdze Kamen in 67° 18' nördlicher Breite, welches er unrichtig für die äufserste
Spitze von Asien hielt; die zweyte im nächstfolgendem Jahre nach Osten zu, um
Amerika zu entdecken, welches er aber nicht fand. Der Endzweck beyder