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i8o3. Andenken jenes siegreichen Tages, an welchem es den braven
Oktober. Einwohnern dieser Insel gelang, den kühnen N e lson zum Rückzüge
zu zwingen, durch einen Obelisk zu verewigen, als einer
. absurden Fabel durch Errichtung eines Monuments den Stempel
der Wahrheit aufdrücken .zu wollen.
Allgemeines Elend des Volks, Sittenlosigkeit des andern Geschlechts
im höchsten Grade, und Sehaaren von feisten Mönchen,
die in den Strafsen, so bald es dunkel wird, herumziehen, um
ihren Sinnen zu fröhnen, diefs sind die charakteristischen Merkmale
von Santa Cruz, welche den Fremden, der eines solchen
Anblicks nicht gewohnt ist, mit Mitleiden und Ekel erfüllen.
Nirgends in der Welt vielleicht sieht man mehr zurückschreckende
Gegenstände- In Lumpen gekleidete Bettler beyderley Geschlechts
und von jedem Alter, und mit allen Arten von ekelhaften Krankheiten
behaftet, füllen die Strafsen nicht weniger an, als unzüchtige
, Mädchen, betrunkene Matrosen, und hagere mifsgestaltete Diebe.
Ich mufs fast glauben, dafs es unter den Einwohnern dieses Qrts
von der untern Classe in Rücksicht des Stehlens nur wenig Ausnahmen
giebt. Man glaubt nach einer Insel des Südmeers versetzt
zu seyn; denn man wird trotz der gröfsten Vorsichtigkeit
bestohlen. Wenn ein Boot zu unserm Schiffe kam, so wurde
auch fast jedesmal ein Diebstahl in Gegenwart aller Matrosen
des Schiffs begangen, und ich war zuletzt gezwungen, niemanden
an Bord des Schiffs kommen zu lassen.
Die Inquisition ist hier, wie in allen Besitzungen der Spanier
eingeführt, und wird, wie man mich versichert hat, mit voller
Strenge ausgeübt; sie hat ihren Hauptsitz auf der Insel Canaria.
Für einen freydenkenden Mann mufs es entsetzlich seyn, an
einem Orte zu wohnen, wo er derWillkühr der Inquisition und
des Gouverneurs, der unumschränkte. Gewalt über Leben und
Tod eines jeden Bürgers hat, ausgeselzt ist. Bis jetzt hatten
die Gouverneure von. Teneriffa, die auch zugleich Vice-Könige
aller Canarischen Inseln sind, diese unumschränkte Macht nicht.
Durch das Paquetboo't, welches zugleich mit. uns hier ankam,
soll aber, wie mir Herr Armstrong erzählte, dem Gouverneur
dieser neue Zuwachs von Macht überbracht worden seyn. Was die
Regierung dazu bewogen habe, konnte ich nicht erfahren. Zwar
kann eine so .unumschränkte Gewalt in den Händen eines aufgeklärten
und wohldenkenden Mannds, wie der Marquis, de Cahigal
s e y n soll, nicht, schädlich seyn; wer bürgt aber dafür, dafs ein
despotisch denkender zügelloser Mensch nicht einst diese Stelle
bekleiden wird! Wie sehr hier die Freiheit eines Bürgers eingeschränkt
ist,, sieht man schon daraus, dafs niemand ohne Erlaub-
nifs des Gouverneurs auf die Rhede, nicht einmal zum Besuch
fahren darf.
Die Jahreszeit war zwar schon ziemlich weit vorgerückt, wir
fanden aber dennoch einen Ueberflufs an Weintrauben, Pfirsichen,
Citronen, -Apfelsinen, Melonen, Zwiebeln und Kartoffeln. Alles
war indess im Verhältnifs aufserordentlich theuer.. Auch ist
der Preis des Weins in einigen Jahren sehr gestiegen; denn ich
bezahlte go Piaster für die Pipe, welche sonst nur 60 zu kosten
pflegte. Doch ist er gut, und verbessert sich durch eine lange
Seereise sehr, wenn er gleich dem Madeira Weine nicht gleich
kömmt. Da die schlechtere Gattung des hiesigen Weins nur
um 15 Piaster wohlfeiler war, als die bessere, so kaufte ich zum
Gebrauch der Matrosen nur von der guten. Der Brandtwein,
der hier gemacht wird, ist schlecht, und wird blos im spanischen
Amerika consumirt, in Europa würde er nicht getrunken werden.