einem langen schmalen Gebäude, in welchem die Königin Mutter
nebst allen Verwandten ihres Geschlechts in einer Reihe safsen,
und uns zu erwarten schienen. Kaum hatten wir den Bezirk
dieser Wohnungen betreten, so- kam uns auch der König entgegen,
und bewillkommte mich mit vieler Zutraulichkeit und
Freundschaft. Hier blieb auch das Volk stehen, und zertheilte
sich, denn die Wohnung des Königs ist Tahbu. Ich mufste in
der Mitte der königlichen Frauenzimmer sitzen, die mich alle
mit vieler Neugierde betrachteten. Sie hielten wechselsweise
meine Hand fest in der ihrigen, und liefsen sie nur los, Tim
meine Kleidung; die Stickerey der Uniform, meinen Hut u. s. w.
zu besehen. Es schien so viel Herzensgute in. allen ihren Gesichtern
zu seyn, dafs ich auf das vortheilhafteste für sie eingenommen
ward. Ich beschenkte sie mit Knöpfen, Mefsern, Schee-
ren und andern Kleinigkeiten, die ich zu mir genommen hatte,
welche aber bey ihnen nicht die Freude veränlafsten, die ich erwartete.
Sie schienen sich mehr mit uns selbst, als mit unsern
Geschenken zu beschäftigen. Die Tochter des Königs, ein junges
Weib von ungefähr 24 Jahren, und seine Schwiegertochter,
die einige Jahre jünger zu seyn schien, sahen beyde sehr wohl
aus, und man würde selbst in Europa ihnen dieses nicht abgesprochen
haben. Sie waren alle in ein gelb gefärbtes Zeug eingehüllt.
Ihren Kopf zierte nichts als ihr schwarzes, stark mit
Cocosoel eingerfebenes Haar, das in einen Zopf dicht am Kopf
gebunden ist. Ihr Körper, den die gelbe Hülle nicht ganz bedecken
konnte, war weder gefärbt noch tatuirt. Nur der halbe Arm und
die Hand waren schwarz und gelb tatuirt, und es schien dadurch,
als ob sie kurze Handschuhe, wie' ehemals unsere Damen sie zu
tragen pflegten, angezogen hätten.
Nachdem wir hier ausgeruht hatten, führte uns der König,
bey dem alle seine Verwandten versammelt waren, nach einem
andern Gebäude,, welches i 5 Schritt vom erstem stand, und
blos zu Mahlzeiten bestimmt ist *}. Man breitete hier sogleich
Matten aus, auf welchen wir uns niederliefsen. Unsere Wirthe
schienen alle so froh zu seyn, uns in ihrer Mitte zu sehen,
dafs sie "verlegen waren, auf welche Art sie uns ihre Freude
beweisen sollten. Der eine holte uns Cocosnüfse, der andere
Bananen, der dritte Wasser, mehrere setzten sich nahe zu uns
und fächelten uns mit ihren Fächern. Nach einem Aufenthalte
von einer halben Stunde empfahlen wir uns, und kehrten zu
unsern Böten zurück. Nicht der König, sondern sein Stiefvater
begleitete uns, und zwar eben so weit, als er uns entgegen gekommen
war. Eine unzählige Menge Volks umringte uns abermals,
und viele waren sehr laut, ohne indefs, wie ich glaube,
böses im Sinne zu haben. Doch waren die sechs Mann unter
Gewehr, von denen drey vor uns-, und drey hinter uns gingen,
wohl die Hauptursache ihres ruhigen Betragens. Um Mittag
kämen wir an Bord zurück. Ich fertigte sogleich die Barkafse
mit leeren Wafserfäfsern ab, und nach drey Stunden kam sie schon
wieder. Die Eingebomen bewiesen sich gegen unsere Leute
aufserordentlich dienstfertig. Sie füllten die Fäfser und schwammen
mit denselben durch -die Brandung zurück. Ohne ihre
Hülfe wäre es nicht möglich gewesen, mehr als eine Barkafse
mit Wafser täglich zu erhalten; und selbst dieses hätte nur mit
grofser Anstrengung unserer Leute, und mit Gefahr ihrer Ge-
*) Im nächstfolgenden Capitel wird dieses Haus, wenn ich von ihren
Wohngebäuden sprechen werde, ausführlicher beschrieben.
1804
M a y