Man wird in der Folge sehen, dafs ich nichts weniger beabsichtige,
als diese Analogie auf eine ähnliche Bestimmung und Wirkungsart
des erwähnten Pflanzentheils auszudehnen. Eben diese Vergleichung
fuhrt darauf, dafs das Wesen des Muskels, wenigstens nicht
allein, in den röhrenförmigen Scheiden, sondern in der Substanz besteht,
welche in diesen Scheiden enthalten ist. Diese bisher als einfache
Fibern betrachteten, röhrenförmigen Scheiden sind in ihrer
Verbindung das einzige Organ, welches fähig ist, die Muskelsubstanz
aus dem Blute abzusondern. Die fibrösen Röhren der Pflanzen bilden
gleichfalls in ihrer biindelförmigen Zusammenlegung ein besonderes
Organ, welches allein im Stande ist, gewisse eigentümliche
Säfte aus dem Gehalt der umgebenden zellichten Substanz abzusondem.
Indefs finden wir im Blattstiel der niedrigen Sago-Palme
(Cycas reyoluta) diese fibrösen Röhren nicht blofs in der Nähe der
Oberhaut., in einzelnen sehr Meinen Bündeln, oder in einfache Reihen
geordnet, sondern sie stehen auch mehr nach innen einzeln, zwischen
den mit einem wasserhellen Safte erfüllten Zellen der eigentlichen
Marksubstanz; zum Beweise, dafs die eigentümliche Absonderung
dieser fibrösen Röhren nicht allein in ihrer biindelförmigen Zu-
sammenftigimg, sondern vorzüglich in ihrer besondern Textur und
Mischung begründet ist. Doch trifft man diese fibrösen Röhren äufserst
selten einzeln an. Oft wenn sie einzeln gestellt zu seyn scheinen, verlassen
sie blofs ein Bündel, um sich an ein anderes anzulegen. Ueber-
haupt verbinden sie mit der gröfsten Allgemeinheit in den verschiedensten
Pflanzen den gleichförmigsten Bau. In der Rinde und dem
Holze des gemeinen Hollunders und den Gefäfsbündeln des gemeinen
Schöllkrauts sind sie nur durch den geringeren Durchmesser verschie- _
den, in andern Pflanzen durch die gröfsere oder geringere Länge.
Wir können sie daher, in welchem Pflanzenteil sie sich auch immer
finden mögen, unter dem allgemeinen Namen der fibrösen Röhren
begreifen. - Freylicli wenn es sich dartun liefse, dafs der Bast, welchen
diese fibrösen Röhren allein ausmachen, sich allmählich in das
Holz des neuen Jahrringes verwandele, wenn also die fibrösen Röhren
des Holzes vorher Bast gewesen wären; so würde allerdings der
Name der Baströhren etwas für sich haben. Aber kein Bastbündel der
Rinde geht in den Holzring über, sondern es behält seine Stellung in
der Rinde, bis es endlich, mit der veralterten, abgängigen Rinde, selbst
abgeworfen wird. Und doch finden wir fibröse Röhren im Holze.
Der Name der Baströhren kann also keine allgemeine Benennung der
fibrösen Röhren seyn.
§. i 5.
Ich mufs mich hier auf einige der wichtigsten Gründe für diese
Behauptung beschränken, welche zugleich die Unveränderlichkeit der
fibrösen Röhren in ihren wesentlichen Bestimmungen dartlmn, weil
ein ausführlicher Beweis mich zu weit von meinem Hauptzweck ab-
fiihren würde. Ich darf hier also nur solche Beobachtungen vortragen,
welche mit einer entscheidenden Deutchkeit den V o r te il verbinden,
dafs sie sich leicht verfolgen lassen, und sich auf Gegenstände
beziehen, die äufserst gemein und einem jeden zur Hand sind. Diese
V o rte ile sind besonders im Weinstock vereinigt. Wenn man im
Frühjahr einen jungen Trieb dieses Baums in seiner ersten Entwicklung
betrachtet; so entdeckt man leicht in der äufsersten Rinde eine
einfache Reihe einzelner im Durchschnitt halbzirkelförmiger, mit ihren
Bogen nach aufsen, mit ihren flachen Seiten einwärts sehender Bast-
biindel, welche durch eine grüne zellichte Substanz von einander abgesondert
sind, und der Länge nach halbcylinderförmige, senkrecht
fortgepflanzte Bündel darstellen. Querschläuche finden sich zwischen
diesen Bündeln nicht. Die ganze Masse ist wiederum durch eine zellichte
Substanz vom Holze abgesondert. Aber bald erzeugt sich zwi