Immer bcßndc't sich dieses, hier bald mehr, bald weniger vertie
fe , der Achse des Gefäfses parallele Band, da wo die bündelförbey
der ersten Ansicht dieser Beobachtungen äufserte, und mir in der
Folge schriftlich nuttheilte, haben ein so wichtiges allgemeines Interesse,
dafs ich mit desto gröfserem Vergnügen die Gelegenheit nutze, ihnen eine
frühere Publicität zu verschaffen.
Indem Sie, schrieb mir der scharfsinnige, verdienstvolle Mann, bey
Ihrer genaueren Darstellnng der Spiralgcßifse auf der dritten Tafel, in
der gten Figur den vertiealen Faden abbilden, welcher diese Spiralgefiifsc
begleitet und ihre Spiralwindungeu Zusammenhalt, und die Mischungsverschiedenheit
dieser beiden Grundtheile bemerken, fügen Sie hinzn: , Eine
besondere Substanz, von eigenthümlicher Mischung, mufs also bey der
ersten Entstehung des Gefäfses an derselben Stelle angehäuft gewesen seyn,
wie sie sich auch immer zu derjenigen verhalten mag, welche die spiralförmigen
Fäden bildete.” Gerade in dem Gegensätze dieser, beiden sich
begleitenden Substanzen, sowohl was ihr äufscres Ansehen, Consistenz,
Dichtigkeit, Auilockerbarkeit durch Maceration u. s. w ., als auch was ihre
eigentliche organische Bildung betrifft, scheint mir das ganze Gelieimnifs
der u r s p r ü n g l i c h e n Bildung zu liegen. Ein gleichförmiger Schleim,
ein gallertartiges Wesen, das stets Wasser als einen Hauptbestandtheil
enthält, ist die Urmaterie, aus welcher die bildende Kraft ihre raannig-
faltigen Gebilde schafft. Trotz ihrer scheinbaren Mannigfaltigkeit lassen
sich dieselben doch immer unter z w e y H a u p t g e g e n s ä t z e so wohl
der Mischung als des organischen Gewebes bringen: — in der einen Klasse
ist offenbar der W a s s e r s t o f f überwiegend, Lockerheit, Expansion, Ausbreitung
in die Fläche ist vorherrschend, — der andern Klasse hat der
S a u e r s t o f f sein Gepräge aufgedrückt, die durch ihn gebildeten Gewebe
charaklerisiren sich durch eine gröfsere Festigkeit, Dichtigkeit, Ge-
diungenheit, Richtung in die Länge. Der B i ld u n g s p r o c e is ist ein
höherer chemischer Procef«, sein G e s e t z kommt mit dem g a l v a n i s
ch e n am nächsten überein. In allen Fällen der Zerlegung, wo das
relativ indifferente in differente Factoren zerfällt, finden wir bereits die
Materie polarisch aus einander treten. Bey der Zerlegung des Stärkemehls,
Schleims, Eyweifssfoffes u. s. w. tritt neben dem mehr oxydirten Stoffe,
der Säure, gewöhnlich ein desoxydirter hydrogenreicher Stoff, eine Art
mig vereinigten Gefäfse fester verbunden sind, so dafs die Bänder
zweyer benachbarten Gefäfse genau auf einander liegen. Eben defi-
halb gewinnt es eine mehr oder weniger schräge, die Achse des
von talgartiger Materie oder ein harziger Stoff auf. Selbst wenn die Factoren
der Zerlegung blofse S ä u r e n sind, sind es immer zwey verschiedene,
die eine mit überwiegendem Sauerstoffe, die andere relativ hydro-
genisirt. In diesem Verhältnisse stehen z. B. Kleesäure und Apfelsäurc,
Kleesäure und Sehleimsäure, Kleesäure und Benzoesäure gegen einander,
■ wenn sie bey Zerlegungen zu gleicher Zeit gebildet werden. Noch bestimmter
polarisch treten die Materien im rein galvanischen Processe aus einander.
Hier tritt das indifferente Wasser in die höchste Differenz von Sauerstoff
und Wasserstoff aus einander, und zieht jede Materie, die durch seine
Hülfe in den galvanischen Proccfs eingeht, in gleiche Differenzirnng hinein.
So begreifen w ir , wie aus einer ursprünglich homogenen wasserreichen
Materie, aus einer blofsen Gallerte, zwey so verschiedene Gebilde entstehen
können, wie sie die Beobachtung an den Spiralgefäfsen. nachweist,
wie sie sich in dem organischen Körper 'allenthalben wiederhohlen. Jene
äufsere, weniger glänzende, mehr lockere, leichter zu macerirende Substanz
fällt dem Hydrogenpol zu, die eigentlichen Spiralfäden gehören dem
Sauerstoffpole. Da wo sich der Sauerstoff des Wassers mit der gallertartigen
Substanz verband, entstand Conlraction, Dichtigkeit, Festigkeit,
Q]anZj _ der auf der entgegengesetzten Seite nach aulscn austreteiide
Wasserstoff wandelte die'Gallerte in eine Materie von entgegengesetzten
Eigenschaften um. Dieselben Polaritäts-Gesetze, die sich 111 der Bildung
des Ganzen aussprechen, bestimmten auch die Bildung der untergeordneten
Organe. Diese verhalten sich zum Ganzen gleichsam wie einzelne
Elemente der Voltaisclien Säule zur ganzen Säule, in beiden herrscht dasselbe
Gesetz, nur sind .die Gegensätze an den Polen der gatlzen Säule
gesteigert. Nach denselben Polaritäts-Gesetzen bildete sich der Muskel-
haut der Arterie ihre äufsere mehr zcllichte Haut, der Muskelfaser nach
verschiedenen Richtungen die zellichte Scheide, die Aponeurose, die Flechse,
und vorzüglich die Nervenfaser, dem. Halpighischen Gewebe die Oberhaut,
dem Dermalsystem das ganze Epidermalsystem, dem Knochen das
Mark, der Medullarsubstanz die Corlicalsubstanz, dem mehr lockeren
Parencliyma der Eingeweide ihre festere Haut entgegen.
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