.Neuerlich liefs Herr Professor R u d o lp h i diese Ringgefäfse aus
verwachsenen Spiralfibern entstehen 4).
Jede dieser sich einander widersprechenden Meinungen hat ihre
Anhänger gefunden. Eben so verchiedcn sind die Urtheile unserer
vorzüglichsten Beobachter über den Bau der Spiralgefäfse überhaupt;
und diejenigen, welche eine YerWandlung der Schraubengänge in Treppengänge
und umgekehrt behaupteten, gestanden dennoch, dafs diese
Verwandlung durchaus unerklärlich sey 5). Verschiedene Erklärungsarten,
welche man jüngst über den Zusammenhang der mannigfaltigen
Bildungen der Spiralgefäfse wagte,, sind nichts weniger als allgemein
befriedigend ausgefallen. Eine solche Verschiedenheit in den
Aussprüchen der angesehensten und aufrichtigsten Beobachter über
einen Gegenstand, der seit so langer Zeit mit gespannter Anstrengung
bearbeitet worden ist, läfst besorgen, dafs wir diese Gcfäfse überhaupt
noch nicht völlig kennen, sie läfst vermiitlien, dafs noch etwas in
ihrem Bau, in üirer Entstehung, oder in ihren Umgebungen seyn
müsse, welches den Grund der widersprechenden Urtheile und der
ganz verschiedenen Formen enthält, unter denen, man diese Gefäfse
in derselben Pflanze, in demselben Theile, an derselben Stelle und in
demselben Alter mit vollkommner Deutlichkeit gesehen hat.
§•■ 2.
Als ich vor zehn Jahren ein sehr bequemes Mittel fand, besonders
im Mays und Zuckerrohr die Ringgefäfse sowohl als die Schrauben
und Treppengänge unverletzt von den benachbarten Theilen
„W or te: ein Treppengefafs bleibt ein Treppengeföfs, ein Ringgefäfs wird
„nie etwas anderes als ein Ringgefäfs, und ein Scliraubengefäfs ist beständig'
„ein Schraubengefäfs.*’
4) R u d o l p h i Anatomie der Pflanzen. Berlin 1807. S. 198.
abzusondern, widerstand ich den Bitten meiner Freunde, die schon
damals vollendeten Zeichnungen bekannt zu machen, in der Absicht,
meinen Untersuchungen denjenigen Grad der Keife und Gewifsheit
zu geben, welchen sie nur durch die wiederhohlten Bemühungen mehrerer
Jahre, und durch die genauere Vergleichung nicht allein der
verwandten, sondern auch der verschiedensten Pflanzenarten erreichen
konnten. Indessen mufs ich mich in dieser vorläufigen Anzeige besonders
auf diejenigen Beobachtungen beschränken, Welche sich am
leichtesten verfolgen lassen und die Sache 'selbst am auffallendsten
darstellen. Offenbar wird diefs da der Fall seyn, wo sich Ring-,
Spiral - lind Treppengefäfse nebst allen übrigen Grundtheüen der
Pflanzen neben einander befinden, wo man ihre verschiedenen Veränderungen
fast mit einem Blick übersehen, und sie entblöfst, oder mit
ihren nächsten Umgebungen, ohne grofse Schwierigkeit darstelleu kann.
Nun sind im Mays, so wie in mehrern Pflanzen aus der Klasse
der Monokotyledonen, in jedem der Gefäfsbiindel, welche sich ein-
und getrennt m der Marksubstanz auffallend untei scheiden j,
6) Eigonthünilich ist dieser Bau den Monokotyledonen kein'cswegcs, in den
Dikotyledonen. selbst findet ein allmählicher Ucbergang von dem zusammenhängenden
Gefafsring zn der ohne Ordnung zerstreuten Lage einzelner, abgesonderter
Bündel Statt. Schon im Stengel des gemeinen Schöllkrauts,
(Chelidonium majus Linn.) sind die Gefäfsbiindel zwar nicht eigentlich zerstreut;
sie sind, wie bey einigen Gräsern, gewissermafsen in einen Zirkel,
aber keinesweges ganz genau geordnet; sie haben eine gerade senkrechte
Lichtung, sie nähern sich einander nicht, und es findet daher keine Spur
von Querschläuchen, oder Strahlengängen Statt, sondern die Zellen sind
durchaus in senkrechte Schlauchreihen geordnet, ausgenommen, wo ein hcr-
vortretendes Blatt oder Zweig ihre Richtung etwas verändert. Eben so
wenig ist hier eine bestimmte Glänze des Parcnchymas der Rinde und der