§. 68.
Aber nicht immer läfst sich der eigentliche Bau dieser Gefäfse
mit derselben Leichtigkeit wahrnehmen. Je näher die Windungen
liegen, je weniger sie von der horizontalen Richtung abzuweichen
scheinen, desto dunkler zeigen sich, wegen des wenigen durchfallenden
Lichtes, ihre Zwischenräume, und desto mehr gewinnen sie
das Ansehen horizontaler Querspalten, bis man sie endlich, wenn
die spiralförmigen Windungen noch näher liegen, als feine dunkle
Linien sieht, die beym ersten Anblick ganz horizontal zu liegen
scheinen, 9) ob es gleich, bey schärferer Betrachtung, irgend eine
Theilung der Fäden ist, welche ihnen eine horizontale, oder gar
der eigentlichen Windung entgegengesetzte Richtung gibt, und um
so eher übersehen wird, da die Spaltungen der Fäden hier oft sehr
selten sind, ob sie gleich wegen der Nähe der Fäden einen dauernden
Einftufs auf ihre Richtung haben, welche überhaupt bey einer
so gedrungenen Spirallinie wenig von der horizontalen Linie ab weichen
kann. Die i7te Figur der fünften Tafel zeigt jene Form in
einem Spiralgefäße der Alpen-Bärlappe, (Lycopodium alpinum,) und
diese Form ist es besonders, welche zu der Meinung verleitete, dafs
die Treppengänge aus verschobenen, mit ihren Rändern verwachsenen
Spiralwindungen entständen. Die angeführte Figur zeigt diese
sehr kleinen Gefäfse unter derselben Vergröfserung, nach welcher
die bisher erwähnten Gefäfse gezeichnet sind. Die Windungen liegen
hier so nahe beysammen, und sind nur durch eine so feine dunkle
gie die wahren Namen der Dinge aufgegeben, dafs man sich lieber bey
der einmahl eingeftihrten Benennung wird beruhigen wollen.
9) Daher unterschied man die Treppengänge von den Schraubengängen oder
wahren Spiralgefäfsen dadurch, dafs sie nur Canäle mit QueröflhungCn
bildeten, und sich eben defshalb nicht abrollen liefsen. S p r e n g e l Aul.
zur Kenntuifs d. Gew. Samml. I. S. io 4.
Linie getrennt, dafs es sich allerdings bey dieser Ansicht nicht ganz
sicher ausmachen läfst, ob sie getrennt oder verwachsen sind. Und
wenn gleich bey einem. solchen Verwachsen jene dunkle Gränzlinie
we»fallen miifste, so suchte man dieser Schwierigkeit bald durch
eine wahrscheinliche Verschiebung abzuhelfen. Wirklich widerstehen
auch diese Gefälse, selbst dann,, , wenn man sie in möglichst dünnen
Segmenten abtrennt, dem Abrollen mit großer Hartnäckigkeit,
und zerreissen in die Quere bey jedem Versuch sie abzuwickeln.
Wenn man aber eiri solches Gefäfs einzeln ablöst und eine Zeit lang
in Wasser macerlrt, so trennen sich die spiralförmigen Fäden mit
Leichtigkeit, und das Ganze scheint sich in keinem Umstande von
den wahren Spiralgefäfsen zu unterscheiden. Um die Markröhre
des gemeinen Hollunders findet man wahre Spiralgefäße, mit sehr
leicht zu trennenden, obgleich eben so gedrungenen Windungen,
welche unter derselben Vergröfserung völlig mit dem vorhegenden
Gefäfse Übereinkommen, und wenn sie gleich den doppelten Durchmesser
haben, doch die schräge Richtung der fast eben so gedrun-
genen Windungen nicht viel leichter bemerken lassen.
Deutlicher zeigt sich der Bau dieser, allgemein als Treppengänge
angesehenen, Gefäfse der Alpen-Bärlappe, wenn man dasselbe
Gefäfs Tab. V. fig. 17. unter einer stärkeren Vergröfserung
betrachtet, wie es fig. 18. darstellt. In den gröfseren Zwischenräumen
der Windungen unterscheidet man nun denselben, nur hier
aufserst feinen, der Länge nach fortlaufenden Grundtheil, den wir
oben die Treppengänge der Mayspflanze bilden sahen. Hierdurch
klären sich von selbst alle Erscheinungen auf, welche wir an diesen
Gefafsen bemerkten. So lange jener Faden seine natürliche
Festigkeit hat, zerreissen die Spiral Windungen oft, wenn gleich nicht
immer, eher als der Faden, oder die Kraft, welche angewendet
wird, die Windungen zu lösen, trennt beide Grundtheile zugleich,