Augen, oder doch gewifs mittelst einer schwachen einfachen Loupe,
in den Spiralgefäfsen stecken sehen und aus ihnen herausziehen.
§, 58.
Indefs blieb noch immer die Bedenklichkeit übrig, ob nicht jene
innere Membran die Folge eines Niederschlages der in den Gefäfsen
bewegten Säfte seyn könnte, der dann erst Statt fand, als die Ge—
fafse erkrankten und ihre Flüssigkeiten stockten. Diese Frage liefs
sich nur durch eine chemische Analyse entscheiden, und es war mir
um so schätzbarer, dafs auch Herr S ü e r s e n in K i e l , dessen ausgezeichnete
Einsichten und Genauigkeit in Versuchen zu bekannt sind,
als dafs sie meiner Erwähnung bedürften, diese Beobachtungen seiner
Aufmerksamkeit würdigte, indem das Ganze dadurch die Aucto-
rität einer höchst unparteyischen Untersuchung erhielt. Zur Vergleichung
wählten wir die möglichst reine Membran der trocknen abgängigen
Markröhre eines einjährigen Zweiges des gemeinen Hollunders,
von der alle xgefäfsartige Theile sorgfältig entfernt waren, und
welche ich, in Gestalt eines zusammenhängenden Cylinders, abgelöst
und einige Zeit in kaltem Wasser maeerirt hatte.
Die Untersuchung wurde auf folgende Art angestellt. Dreyfsig
Stück jener häutigen aus den Spiralgefäfsen der Eiche gezogenen
Scheiden, 5) welche einige Elasticität, aber eine sehr unbedeutende
Festigkeit in ihrem trocknen Zustande, und ein weifses seidenartiges
Ansehen hatten, ungefähr vier Linien lang waren, und zusammengenommen
■{■ Gran wogen, wurden in einem Loth destillirten Wassers,
bey der Temperatur von 12— 20 Grad ft., so wie die Wärme der
5) Herrn S ü e r s e n theilte ich nicht einzelne Röhren, sondern so bereitete
Präparate mit, dafs diese röhrenförmigen Scheiden bequem aus den Spiralgefäfsen
gezogen werden konnten.
Atmosphäre im Monat Julius abwechselte, in Maceration gestellt, das
Gefafs aber sorgfältig verschlossen. Nach Verlauf von acht Tagen
ward das überstehende Wasser, welches nicht im geringsten gefärbt
schien, mit salpetersaurem Silber, salzsaurem Baryt, schwefelsaurem
Eisen, salzsaurem Zinn und mehreren andern Reagentien geprüft,
ohne dafs sich nach mehreren Tagen etwas unter der Loupe und
dem Mikroskop Bemerkbares ausgeschieden hätte. 6) Ueberhaupt war
bey allen erhaltenen Auszügen und Abkochungen, welche mit Eisenauflösungen
auf die Gegenwart von Gallussäure und Gerbestoff geprüft
wurden, nicht die geringste Färbung bey diesen Prüfungen
wahrzunehmen. 7)
Die übrige wässerige Feuchtigkeit ward auf einem Uhr glase im
Sandbade über Lampenfeuer abgedampft, wobey kein, mit bewaßne-
ten oder unbewaffneten Augen bemerkbarer, Rückstand zu finden war.
Die Substanz wurde hierauf mit Wasser einer anhaltenden Digestion
im Sandbade ausgesetzt, und zuletzt beynahe bis zum Sieden
erhitzt. Sie quoll hierbey auf, wurde ganz durchsichtig und biegsam
und gleichsam so frisch, als sie nur im lebenden Zustande seyn
kann. *) üebrigens schien sie nichts durch das anhaltende Digeri-
6) In allen Versuchen, bey welchen Niederschläge bemerkt werden sollten,
wurden die geprüften Flüssigkeiten mehrere Tage in verschlossenen Gefäfsen
ruhend aufbewahrt, und die Erfolge wurden nicht allein mit blofsen
Augen betrachtet, sondern überdem noch mit scharfen doppelten Linsen,
und wo es nöthig schien, selbst unter dem zusammengesetzten Mikroskop.
7 ) So klein auch die Gewichtsmenge war, mit der diese Versuche angestellt
wurden, so bedurfte es doch keiner gröfseren, um diese Färbung wahrzunehmen,
indem das Decoct von § Gran Eichenrinde die Eisenvitriolauüö-
sung selir deutlich violet lingirte.
8} Diefs bewog Herrn S ü e r s e n , einige Exemplare unter einem sehr guten
Englischen Mikroskop mit nach und nach zunehmenden Vergröfserungen
zu betrachten. E r fand eine unverkennbare Röhre, und sah an den Ver