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sigkeit herbeygefuhrt war, welche die leeren Räume, die in den fibrösen
Röhren durch die Verdickung ihrer Säfte entstanden waren, aus-
gefüllt hatte. Schon die Phänomene der eintretenden Thränen machen
es wahrscheinlich, dafs die Gefafse, welche diese Feuchtigkeit
zuerst in die Pflanze leiten, yon den Röhrchen verschieden sind,
welche sie in der Folge mit solcher Heftigkeit ausstofsen. In den
ersten Tagen blutet der Stamm kaum einen Fufs hoch über der Erde
j mit zunehmender Wärme blutet er an immer höhern Stellen,
und endlich in seinen äufsersten Zweigen. «■ *) Aber selbst dann,
wenn der Baum nur einen Fufs hoch über der Erde aus dem Holze
blutete, und die ganze Rinde trocken war, sah W a lk e r deutlich den
Saft zwischen der Rinde und dem Holze in kleinen Kügelchen aus—
treten, doch nicht in solcher Menge, dafs sie einen Tropfen hätten
büden können. 2 23 24) Wenn die Thränen aufhörten, trat der Saft zwischen
Holz und Rinde, wenn gleich mit geringerer Heftigkeit, aus. 2 4)
Und bey den Bäumen, welche gar nicht thränen, erhebt sich der
Saft sichlbarlich zwischen der Rinde und dem Holze. 25) Wir sehen
also, dafs die yon den Wurzeln emgesogene Flüssigkeit in be-
sondern Wegen, welche nach andern Gesetzen wirken, selbst in die
äufsersten Theüe der Pflanze tritt, wenn die fibrösen Röhren des
Holzes noch gar keine bemerkbare Feuchtigkeit zeigen; und wir sind
berechtigt zu yermuthen, dafs sie aus diesen Wegen, wo wir sie bey
dem nicht tliränenden Baum allein antreffen, sich allmählich in den
fibrösen Röhren anhäuft, und aus diesen, besonders da, wo sie eine
beträchtliche Länge haben, durch die Wirkung der Wärme und die
Auflösung der Niederschläge, welche wir bey kälterer Witterung in
22) W a l le er a. 'a. O. S, 46o f. 470.
23) Daselbst S. 45t).
24) Daselbst S. 483,
a5) Daselbst S. 477.
ihnen angehäuft finden, mit temporeller Heftigkeit austritt Freylich
gibt es zwischen Holz und Rinde keine freyen Wege für die Saftbewegung,
aber wir haben gezeigt, dafs oft sehr nahe liegende Spi-
ralgefäfse gewöhnlich die ersten Anfänge der jungen Holzschicht bilden.
2 6)
Sobald die eigentliche Vegetation des Baumes wieder hergestellt
und seine Lebensthätigkeit wieder wirksam ist, hört das Bluten der
fibrösen Röhren immer mehr und mehr und endlich völlig auf, indem
bey zunehmender Ausdünstung der Saft nicht mehr in solcher
Menge vorhanden ist, dafs ihn die Spannung dieser Röhren heben
könnte; und wir entdecken nur eine mäfsige, aber mehr gleichförmige,
ununterbrochne Feuchtigkeit in dem Theile des jungen Splints,
wo wir sie vor den eintretenden Thränen gleichfalls zuerst bemerkten
und wo sich die jungen Spiralgefäfse zeigen, welche die gefärbte
Flüssigkeit mit vorzüglicher Lebhaftigkeit einsaugen; ob gleich der
Zeitpunkt ihrer Bildung bey den besonderen Arten eben so verschieden
ist, als die bestimmten Perioden der Saftbewegung selbst. Wenn
sich zugleich mit endender Tliränenzeit die Absonderungen der neu
gebildeten Blätter vermehren, und die Säfte der Rinde sich häufen,
sind es schon nicht mehr die Spiralgefäfse des Splintes allem, welche
die fibrösen Röhren füllen, wenn sie durch den Wechsel der
Wärme und Kälte und andere Ursachen einen Theil ihrer Flüssigkeit
verloren haben. Die Thränen färben sich und gewinnen emen
Grasgeschmack: die Strahlengänge der Rinde senden die Säfte, wel-
26) Wenn ich zur Tliränenzeit einen Zweig der w eiten Robinie, von dem ich
das obere Endo abgcschniUen batte, mit dom untern in ein Decoct von
v Fernambuk stellte, so stieg die gefärbte Flüssigkeit in den Spiralgefifseu
des Untern Splints mit solcher Lebhaftigkeit auf, dafs sie sich auf die Abplattung
des Zweiges ergot.