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hatte. 5) Nun aber bildet bey den meisten Raupenlarven der Haupt-
stamm der Tracheen einen zusammenhängenden Canal , welcher fast
von einem Ende des Körpers zum andern geht, und durch kurze
Seitenzweige, welche beträchtlich dünner sind, als der Hauptstamm,
mit den Stigmaten verbunden ist Daher ist es offenbar, dafs die
Lähmung des Gliedes nicht durch den Mangel der eintretenden Luft
entstehen kann, indem bey diesem Bau die Stigmate der nächsten
Glieder den Defect leicht ersetzen könnten. Und wenn nur eine bestimmte
Quantität Luft durch die Stigmate der benachbarten Glieder
eintreten könnte, so würden die letztem wenigstens den Defect mit
dem Gliede, dessen Stigmate verstopft sind, theilen müssen.
Selbst der plötzliche Tod, welcher sogleich erfolgt, wenn man
die Stigmate mit Butter, Talg oder Speck bedeckt, 6) verträgt sich
keinesweges mit der angenommenen Function der Tracheen; da selbst
vollkommnere Thiere, welche durch eigentliche Lungen athmen, den
erneuerten Eintritt der atmosphärischen Luft weit länger entbehren
-können, wenn nur der von der Ausdehnung und Bewegung der Lungen
abhängige Kreislauf der Säfte, wovon wir bey den Insekten keine
Spur finden, durch besondere oder zufällige Einrichtungen weniger
gestört wird. Wollte man dagegen einwenden, dafs solche Thiere,
bey denen diese Einrichtungen beständig Statt finden, oder durch
Uebung erhalten werden, eine beträchtliche Quantität Luft in ihren
Lungen aufbewahren können; so schliefsen ja die Canäle aller Tracheen
zusammengenommen gewöhnlich einen verhältnifsmäfsig ungleich
gröfseren Raum ein. Zugleich erträgt die Raupe, welche augenblick-
v fich durch das Verschliefsen ihrer Stigmate getödtet wird, das Versenken
in Wasser bey weitem länger, als irgend ein anderes athmen—
5) L y o n e t anat. de Ja chenille, qui ronge le bois de saule. Chap. V , p. 79.
6) R e a u m u r a. a. O. p. i 32.
des Thier, selbst im Sommer achtzehn Tage lang, und verliert ihre
Bewegung erst eine Stunde nach der Versenkung. 7)
Und wenn nun wirklich die Tracheen die Luft mit solcher Leb-
haftigkeit ausstiefsen und einsögen, dafs das Insekt keinen Augenblick
derselben entbehren könnte, so liefse es sich doch wenigstens erwarten,
dafs die Stigmate in Wasser oder Weingeist versenkter Raupenlarven
mehr Luft, als der ganze übrige Körper von sich geben wurden.
Dagegen entdeckt man selten ein kaum bemerkbares Luftbläschen
am Stigma, indem sich der ganze übrige Körper mit einer unendlichen
Menge gröfserer und kleinerer Perlen schmückt ; 8) und die
Luft, welche dem Stigma anhängt, macht kaum r sW derjemgen aus,
welche sich von allen übrigen Theilen der Raupe erhebt. q) Auch
bemerkt man so wenig ein wechselweises Aus- und Eintreten, d s
das kleine Lüftbläschen in der Grube des Stigma weder gröfser noch
kleiner wird. Daher glaubte R eaum u r , dafs die Respiration der
Insekten auf eine ganz andere Art, als bey allen andern Thieren vor
sich gehe, dafs die feinsten Zweige der Tracheen sich auf der ganzen
Oberfläche des Körpers öffneten, und durch sie die Luft ausstiefsen,
welche das Stigma eingenommen hat. 10) Aber wir dürfen
nicht den Bau der Theile nach den blofs vermutheten Phänomenen
bilden; und die Beobachtung zeigt uns, dafs die Zweige der Tracheen
sich nie nach aufsen öffnen, nie die Haut durchbohren. Solche Noth-
behelfe sind immer die sichern Zeichen einer baufälligen Theorie.
Nicht also aus dem Stigma, wohl aber aus dem Munde und dem
After läfst die Raupe gleich nach der Versenkung einige Strome von
7 ) L y o n e t a. a. O. eh. 5. p. 78»
8) R e a um u r a. a. O. p. i 35.
9) Daselbst p. 1.37.
10) Daselbst p. i 36.