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gen wahrnahm, oder bey dem angewendeten Verfahren wahrnehmen
konnte, so gewöhnte man sich allmählich, auf eine bequemere Art,
die blofse Unmöglichkeit des Abrollens als den Charakter der Treppengänge
anzusehen. Aber* Herr Professor R u d o lp h i scheint sich
genauer an die; ursprüngliche Definition gehalten zu haben. Die Spi-
ralgefäfee des, Mays und anderer Gräser schienen ihm „das Mittel
„zwischen Spiralgefäfsen und Treppengängen zu halten,” 3) weil er
keinen Zusammenhang der Windungen unter einander wahrnahm,
und doch nicht im Stande war, die Gefäfee abzurollen. Da sich aber
nun diese Gefäfse, wie wir gesehen haben, (Tab. I. fig. 5. n.) wirklich
abrollen lassen,. so mufs durchaus noch etwas in dem Bau derselben
seyn, warum sie sich bald sehr leicht, bald gar nicht abrollen
lassen, da ihre Windungen nie verwachsen, sondern blofs im
jiingern Zustande einander näher, im älteren entfernter sind. Denn
glauben mufs man, dafs Herr R u d o lp h i diese Gefäfse von ihren
Umgebungen getrennt betrachtet hat, weil ja sonst die Beobachtung
blofs für die Consistenz und feste Verbindung der Umgebung, nicht
für den Bau und die Art der Gefäfse selbst, entschieden hätte.
H edw ig wollte zuerst eine besondere Haut bemerkt haben, um
welche der spiralförmige Faden, den er für ein Gefäfs hielt, gewunden
sey. Seitdem ward das Daseyn dieser Membran fast allgemein
angenommen, bis Herr Mir b e i zur ursprünglichen Bestimmung des
ersten Entdeckers dieser Gefäfse in so weit zurückkehrte, dafs er
diese Gefäfse blofs aus einem spiralförmig gewundenen Bande bestehen
liefe; 4) und nun wurde die Gegenwart jener Membran, welche
3) A. a. O. S. 191.
4) M a lp ig h i anal, plant. Lond. 1675. Fol. pag. 8* Argentea lamina, in spi-
ram contorta, componuntur, ^ut facile laceratione, (velut in bombycinis
tracheis expertus sum; ) in hanc oblongam et conlinuatam fasciam resol-
vantnr.
allerdings die Auetorität des ersten Entdeckers und eines neuern
Schriftstellers, der doch bekanntlich so manches zuerst und allein sali,
gegen sich hatte, zum Theil unbedingt geläugnet, oder doch gewisser
Mafsen in Zweifel gezogen, 5) obgleich sie fortdauernd durch eine
eben so bedeutende Stimmenzahl ihren Platz unter den Grundtlieilen
der Spiralgefäfse behauptete. Weder M a lp ig h i, noch Gr.ew konnten
nach der Art ihrer Beobachtungen diese Membran wahrnehmen.
Der erstere untersuchte die Spiralgefäfse besonders in solchen Hölzern,
wo sie selbst zwar sehr grofs sind, aber ihre Windungen gewöhnlich
sehr nahe an einander liegen, und daher ihre Zwischenräume
sehr dunkel erscheinen und nichts Bestimmtes .bemerken lassen,
wenn nicht das Instrument von vorzüglicher Güte ist, und das
seinige war, wie er selbst klagt, sehr mangelhaft. Es zeigte die Gegenstände
milehicht und schimmernd. Diefs beweist seine Darstellung
der Spiralgefäfse der Kastanie, wo er offenbar ein punktirtes
Gefäfs vor sich hatte, (Tab. VI. fig. 25.) und ein eigentliches Spiral-
gefäfs zu sehen glaubte, weil er die feinen Verbindungsfäden der
Windungen iibersah. Er sah eben daher das spiralförmige Band breiter,
als es wirklich ist. Wenn man seine Zeichnung der Spiralgefäfse
des Weinstocks (Tab. V. fig. 19. K.) ansieht, so sollte man beym
ersten Anblick glauben, dafs die feinen dunkeln Linien die spiralförmigen
Fäden, die hellen Zwischenräume hingegen eine Haut darstellen
sollen; aber das abgerollte kleine Spiralgefäfiä (bey L.) zeigt
offenbar das Gegentheil, und wir sehen, was seine lamina argentea ist.
G r ew hielt alle Pilanzenmembranen überhaupt für ein Aggre-
<TQ.t von Fibern, durch die Runzeln der Häute verleitet, welche,
5) L i n k a. a. O. S. 4g. „A b e r es ist mir nicht möglich gewesen, ein sol-
„ches Häutchen genau zu sehen, und in vielen Fällen war ge wils kein«
„vorhanden.”
6) Anat. o f Tr. II. 3. C. 4. §. 13. p. 121. Whence it follows, that the whole
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