Pflanze an ein helles Fenstèr, nur nicht in den brennenden Sonnenschein
stellt, der die feinem Säfte, welche durch die Injection nicht
ersetzt werden können, zu schnell erschöpft.
Es kann also nicht mehr zweifelhaft scheinen, dafs seihst dickere
Flüssigkeiten ans den Spiralgefafsen in ihre Umgebungen treten können.
Da nun die nächsten Umgebungen der Spiralgefafse gewöhnlich
ungleich dünnere Flüssigkeiten enthalten, so läfst es sich nicht ein-
sehen, warum diese dünnen Flüssigkeiten nicht eben so gut durch die
Seitenwände m die Spiralgefafse dringen können, als wir jene dickeren
auf demselben Wege austreten sehen, da in dem ganzen Bau des
Gefäfses durchaus nichts vorhanden ist, welches den Eingang schwe-
ler als den Ausgang machte. Oder man müfste annehmen, dafs die
Luft in den Spiralgefafsen den Eintritt der tropfbaren Flüssigkeit verhindere.
Nun aber finden wir in den meisten Färbehölzern, z. B.
déni Campecheholze, dem rothen Santelholze und verschiedenen Cäs-
alpmien, besonders in den ringförmigen Verengerungen der Spiralge-
fäfse, beträchtliche Anhäufungen eines rothen Färbestofis, den sie entweder
ursprünglich führten, oder aus ihren nächsten Umgebungen
mitgetheilt erhielten. Auch in den frischen Spiralgefafsen der Eiche
zeigen sieh an der innern Haut dieser Gefäfse, wie wir bereits (j. 60.)
bemerkt haben, verschiedene Niederschläge, welche nur von einer
tropfbaren Flüssigkeit abgesetzt seyn können.
§■ 9°-
Schon die grofse Schnelligkeit, mit der welke Pflanzen sich nach
der Befeuchtung des Erdreichs erhohlen, beweist, dafs diese Feuchtigkeit
nicht in den verschlossenen Schläuchen der zellichten Substanz
aufsteigen kann, in welchen selbst die dünnste gefärbte Flüssigkeit,
bey frischen sowohl, als trocknen Zweigen, sich wenig oder gar'’nicht
über den versenkten Theil des Stengels erhebt. Ich habe bereits
(S. iG. S. 56 f.) die Gründe angeführt, welche es verbieten, die Ursache
dieser schnellen- Saftbewegung in dem einzigen noch übrigen
Grundtheil, den fibrösen Röhren, zu suchen. Auch erheben sich die
gefärbten Flüssigkeiten eben so wenig in der Rinde und ihren fibrösen
Röhren, als im Mark, ob sich die letztem gleich im Holze leicht
durch Mittheilung aus den Spiralgefafsen färben. Aber in der Rinde
sieht man sie nicht eher tingirt, bis die Injection in die Gefäfsbun-
del der Blätter gedrungen ist,' wo sich die Bastbündel der Rinde naher
mit den Spiralgefafsen verbinden. Das im Frühjahr rund umher
abgeschälte nackte Holz ernährt oft bis zum Herbst den Stamm mit
allen seinen Zweigen, 12) und würde ihn noch länger ernähren, wenn
nicht das Organ entfernt wäre, welches die Erzeugung neuer Gefa-
fse bewirkt, die nur für die Dauer eines Jahres berechnet sind. Aber
die Rinde allein, mit a llen ihren Bastbündeln, kann nicht den schwächsten
Zweig erhalten, l3) wenn man nur sorgfältig die jungen Spiral-
gefäfse entfernt, welche ihr bisweilen, wie man,es oft bey der gemeinen
Robinie bemerkt, nach der Trennung vom Holze anhängen,
indem diese nicht so genau, wie es dem blofien Auge scheint, in
einer regelmäfsig bogenförmigen Linie, sondern da entsteht, wo die
zwischen Holz und Rinde neuerzeugten Theile den schwächsten Zusammenhang
zeigen. Selbst zur Thränenzeit, wenn die Birke am
häufigsten blutet, fliefst nioht eher Saft, bis man die Rinde durch
schnitten hat. Aus der Rinde selbst fliefst kein Saft, man mag sie
schneiden ? wie man will* 14)
12) R u d o lp h i a. a. O. $. 161. S . a3o. L i n k a. a. O. Kap. 3. §. 2. S . y 3.1
1 3t Nach Herrn Prof. L i n k ’ s Versuchen wurden die Blätter schon nach einigen
Stunden welk, und nach einigen'Tagen war der Zweig völlig erstorben.
! 4) W a lk e r ’ s Versuche über die Bewegung des Saftes in den Bäumen. Samml.
zur Physik und Naturgescb. Band 4. S. 461-.
m m
m