
einfliessende warine Strom gewesen sein muss, beweist der Umstand,
dass man auf einer Strecke von zwanzig Seemeilen im Wasser einen
Temperatur-Unterschied von zehn Grad Reaumur bemerkte. — Die
Brise wurde Nachmittags immer schwächer und starb gegen Sonnenuntergang
ganz fort; plötzlich wehte es wieder heftig und stoss-
weise bald aus dieser bald aus jener Himmelsgegend, so dass
beständig Segel gewechselt werden mussten und die Mannschaft
nicht von den Füssen kam. Unser Cours lag südlich zwischen der
Insel O h o - S im a und Cap Insu hindurch; der östliche Eingang des
Golfes zwischen O h o - s im a und Cap King ist ein ganz unbekanntes
Gewässer, das nur von japanischen Dschunken befahren wird. Da
aber der Wind, nachdem er eine Weile mit gefährlicher Schnelligkeit
durch alle Puncte der Windrose gewandert war, zu heftigem
Südweststurm erstarkte, so war uns der gewöhnliche Weg verlegt.
An Rückzug konnte bei dem engen Eingang des inneren Golfes
und dem Mangel an Leuchtthürmen nicht gedacht werden, die
Nähe des Landes drohte überall Verderben, und die Schiffe mussten
sich in das ganz unbekannte Fahrwasser zwischen O h o - s im a und
Cap King wenden, um, an den Wind gehend, während der Nacht
die hohe See zu gewinnen. Die Meerenge wimmelte von Dschunken,
die, vom schlechten Wetter überraschst, auf wohlbekannten Pfaden
die gastlichen Häfen suchten, während wir nur vom Lande frei zu
werden wünschten. Auszuweichen war in der Dunkelheit unmöglich,
denn die Dschunken stecken niemals Lichter aus. Mehrere
sausten auf halbe Kabellänge an der Arkona vorüber und verschwanden
den nächsten Augenblick gespentisch in der schwarzen
brausenden Nacht; ein Wunder dass keine übergesegelt wurde. Der
Sturm pfiff und heulte im Takelwerk. Im Aufruhr der rasenden
Wogen, die kochend und schnaufend die ächzenden Schiffswände
bedrängten und sich tobend in leuchtendem Schaum über Bug' und
Verdeck ergossen, in den schwarzen zerfetzt über die Fläche gejagten
Wolken stellte sich der lebhaften Phantasie leicht das Urbild
jenes Drachens dar, den die Japaner durch düsteres Gewölk und
schäumenden Meeresschwall daherfahrend abbilden. — Es war eine
wilde Nacht und vielleicht die bedenklichste Lage in der die Schiffe
sich mich befunden hatten, denn niemand wusste, ob nicht verderbenbringende
Riffe die Meerenge durchsetzten, und den Cours
konnte man »wegen der unbekannten und heftigen Strömungen nur
annähernd bestimmen. Anfangs diente noch die Vulcan-Insel als
Landmarke, eine breite düstere Masse, um deren Gipfel hin und
wieder ein röthlicher Feuerschein zu zucken schien; aber ihre
Umrisse verschwammen mehr und mehr im Dunkel der Nacht, und
das Licht des Mondes war, auch wenn es auf Augenblicke durch
die Wolken brach, zu dämmerig, um die gefahrdrohenden Küsten
von A v a deutlich zu zeigen. Der Sturm raste die ganze Nacht mit
ungeschwächter Heftigkeit. Auf der Arkona brach der Stock vom^
Klüverbaum; Thetis kam schon bei Einbruch der Nacht ausser
Sicht, jedes Schiff suchte seinen eigenen Weg.
Bei Tagesanbruch lagen wir vom Lande frei, der Wind aber
nahm bedeutend zu; das Grossmarssegel, Vormarssegel und der
Sturmfock der Arkona zerrissen in tausend Fetzen und mussten
unter grossen Anstrengungen der Mannschaft durch neue ersetzt
werden. Dann brach die Vorbramsaling und der darauf stehende
Matrose wurde hinabgeschleudert, aber zum Glück vom"Takelwerk
aufgefangen ohne sich zu verletzen. — Im Laufe des Morgens
erschien Thetis am fernsten Horizont; als sie näher kam, konnten
wir von der Arkona aus durch die Fernröhre bemerken, dass sie
zwei Boote verloren hatte. Beide Schiffe gingen, in beträchtlichem
Abstande von einander, unter dicht gerefften Marssegeln so hart
als möglich an den Wind, wurden aber trotzdem fortwährend nach
Ost-Süd-Osten in den Stillen Ocean hinausgejagt, während der
beabsichtigte Cours südwestlich lag. So währte es drei volle Tage
und Nächte lang; nur auf kurze Fristen liess der Sturm zuweilen
etwas nach, um dann mit erneuter Heftigkeit wieder loszubrechen.
Die Windstärke wurde von den Seeleuten meist als Nummer elf verzeichnet,
wir konnten nur dichtgereffte Marssegel führen; zwölf ist
die höchste Nummer und bedeutet orkanartige Heftigkeit, bei
welcher ein Schiff gar kein Segel mehr tragen kann. — Am 2. Fe-- 2.
bruar wurde amHorizont eine Insel, wahrscheinlich F a t s i s i o , sichtbar.
Den 3. Nachmittags endlich liess der Wind merklich nach. Capitän 3.
Sundewall wollte auf der Arkona ausser den Sturmsegeln noch den
Sturmbesan aufbringen, der aber gleich zerriss. Wir befanden, uns
an diesem Tage um Mittag auf 141° 3' östlicher Länge und 32° 18J
nördlicher Breite; die Schiffe lagen noch immer mit den Nasen
nach Amerika, statt nach Asien zu.
Unsere Existenz war in diesen drei Tagen nicht 4je ange- .
nehmste und Hess an Comfort Manches zu wünschen übrig- Sämnft-
liche Stückpforten der Batterie mussten zugeschraubt Reiben; das