
Kriegsflotten. Unter solchem Schutz bricht sich deutsches Wesen
überall selbst seine Bahnen und gewinnt durch seine natürliche
Lebenskraft und höheres sittliches Bewusstsein schnell ein sicheres
Uebergewicht. Jede Ansiedelung, wo die deutschen Interessen die
aller anderen Colonisten überflügelten, wäre ja in Wahrheit deutsches
Eigenthum, welcher Krone sie auch gehorchte. Die Geschichte
zeigt, dass die Colonieen durch innere Nothwendigkeit immer derjenigen
Nation zufallen, welche den blühendsten Handel und die
mächtigsten Flotten hat. Von dieser Regel gibt es wenige, künstliche
Ausnahmen. Die Verbreitung nach aussen entspringt aus der
inneren Kraftfülle einer Nation und ist für Deutschland Beruf und
Nothwendigkeit. Nur die Theilnahme am Weltverkehr kann es befähigen
alle seine Kräfte gebührend zu verwerthen, jedem seiner
Söhne den angemessenen Wirkungskreis zu bereiten; nur durch
grossartige Entwickelung seines Handels, durch den ausgedehntesten
Absatz der Erzeugnisse seines Kunstfleisses kann das Heimathland
zu ansehnlichem Reichthum gelangen. Mit der Verbreitung materiellen
Wohlstandes aber wird sich dort auch das Bedürfniss und die
Fähigkeit zu höherem Lebensgenüsse steigern, welche den weiteren
Aufschwung der Cultur bedingen und in allen Richtungen die herrlichsten
Früchte tragen müssen.
Am Tage nach Heuskens Begräbniss waren die Vertreter von
England, Frankreich, den Niederlanden und Amerika in der englischen
Gesandtschaft zu einer Besprechung über ihre Lage zu-
sammengetreten, der auch Graf Eulenburg beiwohnte. Man zählte
alle während der letzten anderthalb Jahre gegen Ausländer verübten
Unbilden und Verbrechen auf und vergegenwärtigte sich das
Verfahren der japanischen Regierung, welche in keinem Falle weder
ausreichenden Schutz noch angemessene Genugthuung geleistet hatte.
So weit konnte kein Zweifel walten. Während aber Herr Harris
den Grund dieser traurigen Erfahrung in den Zuständen des Lahdes
sah, welche prompt und nachdrücklich abzuändern ausser der Macht
der Regierung hege, neigten die Vertreter der drei anderen Mächte
dahin, die Wurzel des Uebels in dem bösen Willen der japanischen
Obrigkeit zu suchen. Sie sprachen ihre Ueberzeugung von der beständigen
Lebensgefahr, in der sie schwebten, und der Unmöglichkeit
sich zu schützen aus, so lange die japanischen Behörden in ihrer
Thatenlosigkeit gegen das Verbrechen beharrten, glaubten ihren
eigenen Regierungen gegenüber nicht die Verantwortung eines
längeren Aufenthaltes in der Hauptstadt und der aus ferneren Mordversuchen
mit grösser Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Coinpli-
cationen übernehmen zu können, und kamen überein, sich auf
einige Zeit nach Y o k u h a m a zurückzuziehen. Von da könnten sie
unter dem Schutz ihrer Kriegsschiffe, ohne gradezu einen Bruch
mit der japanischen Regierung herbeizuführen, volle Genugthuung
für die erlittenen Unbilden und wirksame Maassregeln zur Abstellung
ihrer Beschwerden fordern. Die gemeinsame Uebersiedelung sollte
eine energische Demonstration sein, um die japanische Obrigkeit
aus ihrer Schlaffheit aufzurütteln, die fremdenfeindliche Parthei,
an deren Spitze ohne Zweifel eine Anzahl mächtiger D a im io s stände,
zur Besinnung und ernsten Erwägung der traurigen Folgen eines
Krieges mit dem Auslande für ihr Vaterland zu bringen, und befriedigende
Zustände für die Zukunft herbeizuführen. .Alle Bemühungen,
Herrn Harris von der Richtigkeit dieser Ansicht zu
überzeugen und zur Theilnahme an dem beabsichtigten Schritt
zu bewegen, waren fruchtlos; er sah die Uebersiedelung nach
Y o k u h a m a als einen vollständigen Bruch mit der japanischen
Regierung an, der zum Kriege führen müsse, und gab seinen festen
Willen kund in Y e d d o auszuharren, um seinem Vaterlande und
Japan den unheilvollen Kampf zu ersparen. Denn der Versuch,
welchen der grossbritannische Gesandte zu beabsichtigen scheine,
irgend einen Landestheil mit fremden Truppen zu besetzen, werde
eine solche Besorgniss hervorrufen und den Nationalstolz dermaassen
verletzen, dass Zusammenstoss und Krieg unvermeidlich wären. «Die
Regierung: sei nach seiner Ansicht nicht im Stande die verlangte
Genugthuung'und Garantie der Sicherheit zu leisten, und man könne
dann niemals mit Ehren nach Y e d d o zurückkehren, das man freiwillig
verlassen habe. — Der preussische Gesandte fand den Beschluss der
Vertreter von England, Frankreich und den Niederlanden- durch die
Umstände gerechtfertigt und sprach sich dahin aus, dass er wahrscheinlich
ihrem Beispiele folgen würde, wenn sein Vertrag schon
unterzeichnet wäre und er selbst einen längeren Aufenthalt im Lande
beabsichtigte; wie die Sachen ständen, würde er in Y e d d o ausharren
und sich nach Beendigung seiner Geschäfte nach China einschiffen.
Er stellte jedoch die Ansicht auf, dass die Verhältnisse
ein gemeinschaftliches Handeln der Vertreter nicht unbedingt forderten,
dass die Stellung des Herrn Harris zur japanischen Regierung