
muthung. Sicher hatte in Y e d d o die conservative Parthei, welche
den fr eundschaftlichen Verkehr mit denFremden zu erhalten wünschte,
für den Augenblick die Oberhand. Die Geschäftsträger von England
und Frankreich waren sehr erstaunt, als wenige Tage nach Insinuirung
des Verbannungsdecretes die Minister mit dem Anhegen hervortraten,
ihnen einige der grössten vor Y o k u h a m a hegenden Kriegsschiffe zum
Truppentransport nach O s a k a z u leihen. Der T a i k ü n , hiess es, sei
in M i a k o von Feinden umringt, die seinen Thron zu stürzen suchten;
er müsse befreit werden, um dem M i k a d o wieder offen entgegentreten,
ihn von seinen unklugen und unausführbaren Beschlüssen
gegen die Fremden zurückbringen zu können. Die Diplomaten
mussten, da der Reichsrath den Transport der Truppen u n te r
ja p a n i s c h e r F la g g e verlangte, das Gesuch natürlich ablehnen,
hoten aber die Mitwirkung ihrer Geschwader in der Weise an, dass
diese unter ihren eigenen Flaggen vor O s a k a erscheinen und dort
die japanischen Truppen ausschiffen sohten. Darauf ging man nicht
ein: jedes offene Bündniss mit den Fremden müsse zum Bürgerkriege
führen, und man hoffe noch auf friedlichem Wege, durch Demonstrationen
zum Ziele zu gelangen. Die Vertreter erlaubten ihnen
darauf, einige im Hafen hegende europäische Handelsdampfer zu
miethen, auf welchen am 9. Juli eine ansehnliche Streitmacht nach
dem Binnenmeere abging.
Gegen die Schliessung der Häfen hatten die Repräsentanten
der Vertragsmächte natürlich sofort formellen Protest erhoben und
erklärt, dass die Commandanten der Kriegsschiffe zur gewaltsamen
Wahrung der Vertragsrechte angewiesen seien. Es war auch weiter
nicht die Rede davon; im Gegentheil trat die japanische Obrigkeit
in noch engere Verbindung mit den Befehlshabern des englischen
und französischen Geschwaders und bevollmächtigte dieselben förmlich
zur Yertheidigung von Y o k u h a m a . Die Japaner sagten dort allgemein,
dass die Nachgiebigkeit des Reichsrathes gegen Herrn Neale
im Lande sehr schlechten Eindruck gemacht, den stolzen Trabanten-
Adel auf das Aeusserste erbittert habe; die Umgegend war unsicherer
als jemals. Die Regierung zog denn auch die dort stehenden D a im i o -
Soldaten zurück und ersetzte sie durch kaiserliche Miliz, eine Truppe
aus bewaffneten Bauern mit einem Säbel, zu der die Dörfer auf
je zweihundert K o k Einkommen einen Mann zu stellen haben.
Der Generalstabs - Officier des französischen Admirals ordnete im
Einverständniss mit dem japanischen Anführer ihre Aufstellung auf
den benachbarten Höhen. In Y o k u h a m a lagen nur europäische
Mannschaften: die französische Corvette Monge brachte Anfang Juli
zweihundertfunfzig Mann vom dritten afrikanischen Jägerbataillon aus
China herüber, die englischen Kriegsschiffe landeten zahlreiche
Matrosen und Marine-Soldaten, die holländischen und amerikanischen
kleinere Detachements. Capitän Roderik Dew vom Encounter und
der französische Generalstabs-Officier Layrle führten den Oberbefehl
und organisirten einen regelmässigen Wacht- und Ronden-Dienst.
Das für die Vertheidigung sehr wichtige Vorgebirge südlich von
Y o k u h a m a hatte die japanische Regierung den Franzosen überwiesen
und dort verpallisadirte Schanzen bauen lassen, wo eine Abtheilung
Marine - Füsiliere Stellung nahm.
Am verhängnissvollen 24. Juni 1863, dem Tage an dem in
Y o k u h a m a die Entschädigung gezahlt und die Ausweisung der
Fremden insinuirt wurde, ging der amerikanische Handelsdampfer
Pembroke auf seiner Reise durch das Binnenmeer Abends unter dem
Schutz der kleinen Insel N a n g a s im a östlich von S im o n o s e k i 10) vor
Anker. Bald nach ihm kam eine Brigg europäischer Bauart unter
japanischer Flagge dort an, legte sich auf kürze Entfernung neben
ihn und feuerte einen blinden Schuss, der von verschiedenen Küsten-
puncten beantwortet wurde. Gegen ein Uhr Nachts lief dann noch
ein japanischer Dampfer ein und eröffhete plötzlich zugleich mit der
Brigg eine heftige Kanonade auf den Pembroke. Glücklicherweise
war es dunkel und der Commandant hatte, Argwohn schöpfend,
seine Feuer brennen lassen; er lichtete sofort Anker, entkam mit
Verlust des Vormastes und der grossen Raae, und dampfte direct
nach Shanghai,
Am 2. Juli ging der französische Dampf-Aviso K i e n - t s a n von
Y o k u h a m a nach China ab und nahm seinen W eg durch das Binnenio\
g t ¿¡e Karte im ' X. Bd. S imonoseki ist eine bedeutende Handelsstadt am
Eingang des Binnenmeeres aus dem Krusenstern- oder Korea-Canal, der Ausgangs-
punct aller Reisenden, welche von K iusitj nach F iogo und O saka gehen. Sie war
eine Hauptstation auf den Hofreisen der holländischen Handelsvorsteher, welche
immer mehrere Tage dort verweilten und sie mit Vorliebe beschreiben. S imonoseki
gehört zum Territorium des Pürsten von N angato und Suwo, das die südwestlichste
Ecke der Insel N ippon bildet, und beherrscht mit seinen Batterieen die westliche
Einfahrt in das Binnenmeer vollständig. Siebold hat die Meerenge »Van der Capellen-
Strasse« getauft.