
gehörten, bauten die Holländer, zum Theil aus eigenen Mitteln,
zwei feuerfeste Vorrathshäuser, ein zu Geschäftsverhandlungen bestimmtes
Comtoir, »eine ansehnliche Küche«, ein Haus zum Aufenthalt
der 'Deputirten des Statthalters von N a .n g a s a k i und ein anderes
für den Dolmetscher; sie legten dort auch einen Küchengarten und
»einen anderen zum Vergnügen«, einige kleine Privatgärten und ein
Badehaus an. »Einen Theil des Raumes hatte der japanische
Gassenrichter zu seinen Wohn- und Lusthäusern, Küche und einem
Gärtchen, das bloss zum Vergnügen diente, eingenommen. Ein
Theil des Platzes hleiht endlich noch übrig für die Kramläden, die
hei Anwesenheit der Schilfe aufgestellt werden, und ein anderer
dient zur Niederlage der ausgepackten Waaren; auch ist hier ohn-
längst noch ein blutiger Gerichtshof eingeweiht worden, wo die
Schleichhändler künftig hingericht werden sollen, und zwar, wie
uns der Statthalter noch ohnlängst versicherte, nicht nur Japaner,
sondern auch Holländer.« Es ist aber, soviel bekannt wurde, bei
der Drohung geblieben.
Seit Kämpfer’s Zeit ist D e s im a öfters abgehrannt, das heutige
Etablissement gibt von dem alten keine Vorstellung. Alle jene Gebäude
und Gärten waren auf den engen Raum von fünfhundertsechszehn
Fuss Länge und zweihundertzwanzig Euss Breite zusammengedrängt.
So lange die Factoreibeamten allein waren hatten
sie Platz genug, aber bei Anwesenheit der Schiffe, deren in'den
blühenden Zeiten des Handels jährlich acht bis neun kamen, muss
dort ein buntes Gedränge geherrscht haben. Die Schiffsmannschaften
wurden abtheilungsweise »um sich zn verfrischen«, auf die Insel
gebracht, und von der Stadt strömten die japanischen Händler und
Krämer herbei um die ausgestellten Waaren zu besehen,- öffentlich
und heimlich zu kaufen, zu schachern. Die Aufsichtsbeamten mögen
alle Hände voll zu thun gehabt haben, denn Schmuggeln war die
allgemeine Losung. Die weiten Pumphosen der Matrosen bargen
ganze Ladungen von Conterbande, oft krähte sehr’ zur Unzeit ein
vorwitziger Cacadu daraus hervor. Die wohlbeleibten Schiffscapitäne,
welche allein mit den Handelsvorstehern des Vorrechtes Og enossen,|
nicht am Körper untersucht zu werden, kamen alle Tage nach
D e s im a , den künstlichen Bauch voll kostbarer Waare, die sie bei
der Rückfahrt durch ein .dickes Kissen ersetzten. Erst im Jahre
1772 entdeckten die Japaner auf einem von den Holländern im
Sturme verlassenen und nach den G o t o -Inseln getriebenen Schiff
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diese Schmuggelbäuche, und die Bevölkerung von N a n o a s a k i , w o
man seit über hundert Jahren Corpulenz für ein - nothwendiges
Attribut des Schiffscommando’s gehalten hatte, soll sehr erstaunt
gewesen sein, als seitdem auch magere Capitäne kamen.
Mitte August pflegten die niederländischen Schiffe vor N a n g
a s a k i einzutreffen und Anfang November fuhren sie wieder ab.
So lange gab es Leben und Bewegung genug auf der Insel, ihre
Bewohner hatten Beschäftigung und Aufregung in Fülle, waren
aber nachher der tödtlichsten Langeweile preisgegeben. Männern,
die höheren Lebensgenusses und wissenschaftlichen Strebens fähig
gewesen wären, begegnet man selten unter dem Personal der
Factorei; unter den Aerzten des 17. und 18. Jahrhunderts scheinen
sich nur zwei, der Deutsche Kämpfer und der Schwede Thunberg
um die Natur und den Zustand des Landes gekümmert zu haben.
Einzelne holländische Aerzte haben auch meteorologische Beobachtungen
veröffentlicht, sonst aber nichts von Bedeutung. Auch unter
den Handelsvorstehern jener Zeit können nur wenige genannt
werden, die für etwas anderes als ihre Handelsgeschäfte Sinn gehabt
und Beiträge zur Kenntniss des Landes geliefert hätten, wie Titsingh,
der mit Eifer und Verständniss sammelte und mit Hülfe der Dolmetscher
wichtige japanische Wbrke übersetzte. Die meisten führten,
soweit das in solchem Gefängniss möglich ist, ein Schlaraffenleben.
Man versah sich reichlich mit allen Luxusartikeln europäischer
Schwelgerei und suchte sein Heil in den Freuden der Tafel. Wie
noch heut in manchen chinesischen Häfen, so verschwanden auch
auf D e s im a die Ausgaben des ausschweifendsten Lebens -gegen
den ungeheueren Gewinn, den der Handel abwarf; es war Ton,
sich nichts Erreichbares zu versagen. Die höheren Beamten der
Factorei assen bei dem Handelsvorsteher auf Kosten der Compagnie.
Nachmittags machte sich die ganze Gesellschaft, einige Dutzend
Mal um die Insel spazierend, die nöthige Leibesbewegung, und den
Abend brachten die Meisten bei dem Handelsvorsteher zu. Hier
scheinen die H e ie n einander meist gravitätisch gegenüber gesessen
und aus mächtigen Pfeifen den Tabaksqualm in die Luft geblasen,
dabei auch nicht allzuviel geredet zu haben. Thunberg wenigstens
nennt seine Genossen auf D e s im a Automaten, deren einziger Genuss
in ihrer Tabakspfeife stecke. — Spuren der alten Gewohnheiten
haben, sich bis auf unsere Tage vererbt; man lebt noch heute auf
D e s im a herrlich und in Freuden; noch heute geht die ganze dort