
als eine bevorzugte gelten müsse. Dieser habe den ersten Handelsvertrag
geschlossen und so viel länger als alle anderen in Japan
gelebt, habe auch als Vertreter der amerikanischen Regierung
vielleicht andere Grundsätze zu befolgen, als die Gesandten der
europäischen Mächte; seine Sicherheit werde durch die Abreise der
anderen Diplomaten nicht compromittirt werden; sein Zurückbleiben
nehme der Maassregel nichts von ihrer Bedeutung, mildere aber
vielleicht die davon zu befürchtende Aufregung; Jeder möge die
Ueberzeugung des Anderen ehren und so handeln, wie es ihm seine
Ansichten und die Interressen seiner Regierung vorschrieben.
Es gelang, dem Grafen die etwas aufgeregten Gemüther zu
beschwichtigen; Herr Alcock aber, der Urheber des beabsichtigten
Schrittes, blieb bei seiner Meinung und berief die Gesandten zu
einer zweiten Conferenz am 21. Januar, welcher Herr Harris nicht
beiwohnte. Der englische Gesandte drückte hier nochmals sein tiefes
Bedauern über die Trennung des amerikanischen Minister - Residenten
von seinen Amtsgenossen aus, welche die Wirkung ihrer Maassnahmen
in dieser wichtigen und schweren Krise lähmen werde. Das
Auftreten desselben müsse die japanische Regierung ermuthigen, dem
auf sie zu übenden Drucke zu widerstehen, zum Nachtheil Amerika’s
nicht weniger als aller anderen Mächte. Herr Alcock gab ferner
mit Nachdruck zu erkennen, wie die von ihm und seinen Gollegen
beabsichtigten Schritte keinen anderen Zweck hätten, als einen
Wechsel herbeizuführen, der ihre Stellung haltbar mache und einen
Bruch abwende, welchem sonst die Verhältnisse mit zunehmender
Gewalt entgegentrieben. Er verfasste endlich ein Protocoll der beiden
Sitzungen, worin alles auf die gegenwärtige Lage und die sie
bedingenden Zustände des Landes Bezügliche, soweit man sich
Kenntniss davon verschaffen konnte, sehr ausführlich niedergelegt
war, und sandte dasselbe den Theilnehmern der Conferenzen, auch
Herrn Harris zur Unterschrift. Dieser verweigerte die seinige mit
der Bemerkung, dass er zur zweiten Besprechung nicht eingeladen,
also auch nicht dabei gegenwärtig gewesen sei. Der englische Gesandte
hatte ihn zugleich um eine schriftliche motivirte Darlegung
seiner Ansichten ersucht, um sie dem Protocolle und den Zusatzerklärungen
der anderen Gesandten beizufügen und seiner Regierung
einzusenden. In der darauf erfolgten Note des Herrn Harris heisst
es: »Die japanische Regierung hat die diplomatischen Vertreter seit
dem Tage ihrer Ankunft in dieser Stadt vor den bestehenden Gefahren
gewarnt und ihre Sorge an den Tag gelegt, denselben Schutzmittel
zu gewähren. Es wurde nur verlangt, dass die Fremden dieselben
Vorsichtsmaassregeln anwenden möchten, deren die Japaner
sich ohne Ausnahme unter einander bedienen; denn es ist genugsam
bekannt, dass alle, deren Rang dem der fremden Gesandten entspricht,
eine zahlreiche Wache um ihre Wohnungen haben, und
dass sie niemals ohne ein grosses Gefolge bewaffneter Trabanten
ausgehen. Ist es gerecht zu verlangen, dass die Japaner uns mit
anderen Mitteln vertheidigen, als sie zu ihrem eigenen Schutze verwenden?
Wäre die Handlungsweise der japanischen Regierung
trügerisch, wünschte sie in der That die Ermordung der fremden
Gesandten, So würde der einfache Ausdruck eines solchen Wunsches
genügen, und das Werk wäre in einer Stunde vollbracht. — Wir
haben in Y e d d o ungefähr neunzehn Monate in Sicherheit gelebt,
und diese Thatsache beweist den Wunsch und die Fähigkeit der
Regierung, uns hinreichenden Schutz angedeihen zu lassen. Die
Ermordung des Herrn Heusken, des so ausgezeichneten Dolmetschers
der amerikanischen Gesandtschaft, den alle betrauern und ich beweine,
ist seiner Nichtachtung der wiederholten Warnungen der
japanischen Behörden zuzuschreiben, sich nicht fortwährend zur
Nachtzeit Gefahren auszusetzen; sein Tod war die Erfüllung der
Besorgnisse, die ich seit meiner ersten Ankunft in Y e d d o gehegt
habe. Wenn man die Handlungen dieser Regierung beurtheilt, so
ist es von Wichtigkeit, die früheren politischen Vorgänge zu bedenken.
Mehr als zwei Jahrhunderte war das Land allen Fremden verschlossen;
diese Schranke wird plötzlich beseitigt und das Reich
dem Verkehr geöffnet. Es ist bekannt dass viele Männer von hohem
Rang der neuen Ordnung der Dinge feind sind, dass ihre Opposition
sich in der Hauptstadt concentrirt und hier in ihrer grössten Stärke
empfunden wird. Die Kundgebungen feindseliger Gesinnung gehen
lediglich von Trabanten der D a im io ’s aus, deren Ansichten der
Abglanz von denen ihrer Herren sind. Nach meiner Anschauung
ist es unzweifelhaft, dass die ungeheuere Erhöhung der Preise von
Gegenständen allgemeinen Verbrauches nach der Zulassung des
fremden Handels die feindseligen Gefühle verstärkt hat. Eine Regierung
kann Verträge machen und deren Bestimmungen beobachten,
aber es steht ausser ihrer Macht die öffentliche Meinung zu beherrschen.
— Alle Beweisführungen bei der neulich gehaltenen Conferenz
scheinen mir auf der Annahme zu beruhen, dass die japanische