
alle S am r a i tragen das Wappen ihres Lehnsherrn auf dem Rock
und der mit dem blutigen Schwerte entweichende muss a*uf der
belebten Strasse von Vielen bemerkt worden sein; B er soll in der
That das Zeichen der S a t s u m a geführt haben. Dennoch war keine
Genugthuung zu erlangen. Die Yaklnme wollten, zum Zeugniss
aufgefordert, anfangs gar nichts gesehen haben, konnten diese
Ausflucht aber nicht aufrecht halten. Dann hiess es, Natale habe
mit dem Revolver gedroht, als der S a m r a i seinen Hund trat, —
was nicht ganz unwahrscheinlich klingt. Gewiss ist, dass der
Angreifer straflos blieb; man hörte sogar, er habe mit einigen
Genossen Natale den Tod geschworen und es würde zweckmässig
sein, diesen fortzuschicken. Herr von Bellecourt hielt die Drohung
damals nicht für Ernst, musste sich aber später, als sein Gardien
de pavillon nochmals angegriffen wurde, doch entschliessen, ihn aus
Japan zu entfernen.
Das H a r a k ir u (H a r a - w o - k i r u , aufgeschlitzter Bauch) wird
für alle Männer der Adelsclasse zur Nothwendigkeit, sobald ihnen
Schande droht. Der Krieger entleibt sich, um nicht in Gefangenschaft
zu gerathen, der Beamte, wenn sich unter seiner Verwaltung
Ungehöriges zugetragen hat, gleichviel ob er es verschuldet oder
nicht; er rettet dadurch seinen Nachkommen Ehre, Vermögen und
die'erbliche Würde, deren sie durch seine schimpfliche Bestrafung
verlustig gegangen wären. Nur in zweifelhaften Fällen scheinen
Männer von Rang das Urtheil des T a ik ü n abzuwarten, und d a u n
gilt es als Gnade, wenn das H a r a k ir u befohlen wird. Es ist die
Zuflucht des japanischen Edelen in jeder Calamität; die Knaben
werden jahrelang in der Kunst unterrichtet, sich mit Würde und
Grazie den Leib aufzuschlitzen, wie man bei uns tanzen lernt. Vor
Zeiten war es noch ungleich beliebter als jetzt: in den Schlachten,
der Bürgerkriege scheinen viel mehr Menschen durch Selbstmord
gefallen zu sein, als durch des Feindes Schwert. Die portugiesischen
Missionare rühmen den zum Christenthum bekehrten Soldaten
ausdrücklich nach, dass sie allein unter allen japanischen Kriegern
sich lieber gefangen nehmen liessen, als Hand an sich legten. —
In den Annalen des dreizehnten, vierzehnten und fünfzehnten Jahrhunderts
sind jene Schlächtereien mit lebhaften Farben geschildert,
besonders bei Erwähnung erstürmter Festen und Städte, wo die Sieger
alle Tempel undPaläste voll blutender Leichen zu finden pflegten. Auch
gefallene Günstlinge entleibten sich gewöhnlich nach ihrem Sturz mit
Hunderten von Anhängern; Freunde gaben und hielten sich das Wort,
einander nicht Aberleben zu wollen. Die Jahrhunderte des Friedens
haben die Sittln sehr gemildert, auch die Gesetzgebung ist eingeschritten;
— so wurde schon 1663 der Selbstmord der Diener beim
Tode ihrer Herren durch kaiserliche Edicte verboten. Die heutigen
Japaner sprechen mit Fremden sehr ungern vom H a r a k ir u , doch
soll es noch häufig Vorkommen. Einer der letzten Handelsvorsteher
auf D e s im a erzählt folgenden Fall. Ein japanischer Beamter, mit dem
er lange in Freundschaft gelebt hatte, besucht ihn eines Tages,
und sagt, nach stundenlanger unbefangener Unterredung ganz beiläufig
im Weggehen, ein gewisser Auftrag, den ihm der Vorsteher
gegeben, werde am folgenden Tage durch einen Anderen ausgeführt
werden, ^.uf die Frage warum entgegnet Jener mit grösser Gemüths-
ruhe, die Behörde habe gegen einen anderen Beamten, seinen Freund
und Woblthäter, eine Untersuchung eingeleitet, in welcher er am
folgenden Tage als Zeuge auftreten solle. Seine Aussage müsse
nachtheilig wirken, und er werde sich heut Abend den Leib aufschlitzen,
um seinen Freund und Wohlthäter nicht in Schaden zu
bringen. Der Handelsvorsteher suchte ihm seinen Vorsatz auszureden,
Jener aber blieb unbeugsam und that wirklich wie er
gesagt hatte.
Das überlegte öder vom Kaiser gebotene H a r a k i r u wird nach
altherkömmlicherEtiquette mit grosserFeierlichkeit vollzogen; Männer
von Stande führen das für solchen Fall vorgeschriebene weisse
Sterbekleid auf allen Reisen und Ausgängen bei sich, ebenso die
weissen Zelt-Vorhänge, mit denen die Wohnung des Aufzuschlitzenden
während der That von aussen bekleidet sein muss. Oft wählt
man zum Sterben die Terrasse eines schöngelegenen Budda-Tempels,
wo dann die Priester gleich für die Bestattung sorgen. Alle Verwandten
und Freunde sind zu der Feierlichkeit eingeladen, man
reicht Speisen und Getränke und bringt einige Stunden in traulichem
Gespräche zu. Dann trinkt das Schlachtopfer mit den Seinen die
Abschiedsschale, sagt feierlich Lebewohl, hört in ehrerbietiger
Stellung noöh einmal den Erlass des S i o g u n vorlesen, wenn ein
solcher da ist, und ergreift dami auf vorgeschriebene Art das zum
H a r a k i r u bestimmte kleine Schwert bei der Klinge. Er umwickelt
diese, um sie zu halten, in der Mitte mit seinem Gewände, und bringt
sich, geneigten Hauptes auf der Matte sitzend, mit der Spitze einen
Querschnitt in den Leib bei. Sein vertrautester Diener ist unterdess
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