
248 Landanweisung. Verkauf von Landesproducten. Anh. II.
stand sicli die Regierung zur Aufstellung eines Tarifes, Vermehrung
der Boote und Arbeiter, und als es nöthig wurde, auch zur Verlängerung
des Bollwerkes und Einrichtung neuer Landungsplätze.
Was die unzureichende Land-Anweisung betrifft, so trugen
die fremden Ansiedler selbst den grössten Theil der Schuld. Sie
hatten die Bemühungen der Diplomaten um die vertragsmässige
Ereigebung von K a n a g a v a , w o der Ausdehnung der Ansiedlung
kein physisches Hinderniss entgegenstand, durch ihr Verharren in
Y o k u h a m a und die Besitznahme des hier angewiesenen Landes vereitelt.
5) Dieser Ort ist aber von Sümpfen umgeben. Fast alles
disponible Land war an die ersten Ankömmlinge ausgetheilt worden,
die damit glänzende Geschäfte machten, und nun wusste man keinen
Rath. Nach langen Verhandlungen, die im Frühjahr 1861 zum Abschluss
gediehen, verstand sich die Regierung dazu, die Bevölkerung
des den Kern der Niederlassung bildenden ursprünglichen Fischerdorfes
äuszukaufen und deren Besitz den Fremden zu überlassen.
Bei der neuen Land-Anweisung wurde auch die Ausstellung gesetzlicher
Besitztitel durchgesetzt, nach denen die Ansiedler und deren
Erben gegen Zahlung eines jährlichen Grundzinses auf immer im
Genüsse ihres Besitzrechtes bleiben und dasselbe ohne Zuziehung
der Behörden nach Gefallen an Andere sollten übertragen können.
Solche förmliche Legalisirung war in den Verträgen nicht vorgesehen,
bei der ersten Land-Anweisung auch nicht verlangt worden.
Später bei vermehrtem Zuzug machte der Punct der Landverthei-
lung neue Schwierigkeiten und scheint auch jetzt noch nicht genügend
geregelt zu sein.
Dass die japanische Regierung dem Verkauf der Landeserzeugnisse
Hindernisse bereitete, liess sich nur in wenigen Fällen
b ew e is e n . Sie machte kein Hehl aus ihrem Wunsche die Ausfuhr
zu beschränken, da nach der »öffentlichen Meinung« die steigende
Vertheuerung aller Bedürfnisse das Land zu Grunde richten müsse,
leugnete aber jede thätige Einmischung. Das Verlangen die Ausfuhr
zu beschränken sprach sich auch in der von A n d o T s u s - s im a für
den Abschluss des preussischen Vertrages anfänglich gestellten Bedingung
aus, dass die japanische Regierung berechtigt sein sollte
die Verschiffung gewisser Artikel zeitweise zu verbieten, und die
Diplomaten wurden 1861 bei jeder Gelegenheit mit dem Anliegen
bedrängt, ihre Regierungen möchten im directen Widerspruch mit
6) S. Bd. I. S. 275.
Aull. II. Beschränkung des Ausfuhrhandels.
den Verträgen in die Limitirung der Ausfuhr gewisser Hauptartikel
auf bestimmte Quantitäten für eine lange Reihe von Jahren willigen.
Die T e n d e n z zur Beschränkung war also offenbar, die T h a t s a c h e
wurde aber geleugnet. In den ersten sechs Monaten des Jahres
1861 nahm nun besonders der Ausfuhrhandel einen solchen Aufschwung,
dass die Vertreter der angesehensten Firmen in Y o k u h a m a
den Argwohn einer ernstlichen Einmischung der Regierung fallen
Hessen.0 Allerdings musste jedes Geschäft auf dem Zollamte gemeldet
und sanctionirt werden; kein Japaner durfte ohne dessen Er-
laubniss liefern oder empfangen; die Behörde nahm auch den einheimischen
Verkäufern eine Advalorem-Steuer von 1 Procent zur
Bestreitung der Verwaltungskosten ab; - die meisten Fremden
sahen aber diese Einrichtung für keine wesenthche Beschränkung,
sondern nur für eine Ueberwachung des Verkehrs zu statistischen
Zwecken und zur Controle der Agenten an, welche die Geschäfte
der grossen Handelsgilden, in Y e d d o vermitteln. Dagegen klagten
einzelne Kleinhändler in Y o k u h a m a , von denen die Fremden die
Rohseide in kleinen Posten, oft Sack fiir Sack einkauften, über den
unerträghchen Druck, welchen je n e G ild e n durch ihre Preiserhöhungen
auf sie übten. Y e d d o ist ein grösser Mittelpunct des Pro-
ductenhandels, und die dortigen Handelsgesellschaften haben, soweit die
Regierung sie gewähren lässt6), den Markt vollständig in der Hand.
Ihrem einmüthigen Zusammenwirken wurde denn auch vorzüglich
die bedeutende Steigerung der Preise zugeschrieben. In späteren
Perioden bestätigte sich aber die schon damals von Vielen gehegte
Meinung, dass die Regierung die Zufuhr derWaaren nach Y o k u h a m a
theils gradezu verbiete, theils den Verkauf nur gegen hohe Abgaben
gestatte. - Was die Einfuhr betrifft, so kannte man damals nur
ein Verbot an die Japaner, fremde Rohbaumwolle zu kaufen, welches
zum Schutz der einheimischen Production erlassen wurde und
von Seiten der Fremden keine Anfechtung fand. - Später wurde
Baumwolle sogar in grossen Massen a u s g e f ü h r t .
Die Verträge waren von den Contrahenten verschieden gemeint.
Die Fremden wollten freien Handelsverkehr mit der Bevölkerung
anbahnen; die japanische Regierung aber glaubte, in
«) Die Regierung scheint den in lä n d i s c h e n Verkehr sorgsam zu überwachen
und iede künstliche Preissteigerung durch kaufmännische Speculationmit Gewalt zu
unterdrücken. Man erzählt zur Zeit unserer Anwesenheit von einem Getreidehandler,
der wegen Zurückhaltung seiner Vorräthe geköpR worden wäre.