
Vertreter von England, Frankreich, Holland und Amerika, die Ratifi-
cirung der Verträge durch den M i k a d o z u betreiben, und, falls
sie zugleich die Freigebung von F i o g o und einige wichtige Zoll-
ermässigungen erlangten, der japanischen Regierung die Kriegsentschädigung
ganz zu erlassen.
Der Reichsrath hatte zwar aus freien Stücken versprochen
die Ratificirung durch den M i k a d o anzubahnen, aber nichts dafür
gethan. Seine wachsende Rathlosigkeit liess auch keine Hoffnung
für die Zukunft, und so beschlossen die Diplomaten Ende October
1865, mit einigen Kriegsschiffen nach der Rhede von F i o g o z u
gehen und ihre Forderung dort selbst zu betreiben. Die Minister
in Y e d d o zeigten sich über dieses Vorhaben sehr bestürzt, aber
der Zeitpunct war zu günstig um ihn verstreichen zu lassen; denn
man hatte Nachricht von einem Reichstage, zu dem .die meisten
D a im i o ’s zwischen O s a k a und M i a k o um den T a ik ü n und den
M i k a d o versammelt wären.
Das Geschwader der vier Mächte verliess Y o k u h a m a Anfang
November und ankerte bald darauf vor F i o g o . Die Diplomaten
gingen nach O s a k a hinauf und hatten am 11. und 15. November
dort Besprechungen mit den anwesenden Mitgliedern des Reichs-
rathes, welche sich zur Beantwortung der Forderungen eine vierzehntägige
Frist erbaten. Kurz nach der zweiten Zusammenkunft
erfuhren die Bevollmächtigten aber, dass der M i k a d o aus eigener
Machtvollkommenheit die Minister des T a i k ü n A b e B u n g o - n o - k a m i
u n dM A T S M A ilD S u -N O -K A M i , welche mit ihnen verhandelten, des Amtes
und der KAMi-Würde verlustig erklärt und auf ihre Besitzungen verbannt
habe. Dieser unerhörte Eingriff in die Rechte der Excutivgewalt
machte unter den Japanern die grösste Sensation und zeigte die tiefe
Erniedrigung der S i o g d n - Herrschaft. Die Vertreter der vier Mächte
richteten nun sogleich identische Schreiben an den T a i k ü n , des kurzen
Inhalts, dass sie angewiesen seien, die Aufrechthaltung und Sanctioni-
rung der Verträge nöthigenfalls mit Waffengewalt zu erzwingen.
Schon nach vier Tagen erfolgte die Antwort mit dem Ratifications -
Instrument, einem kurzen Schreiben des M i k a d o an den T a i k ü n :
An Jve-Mo: c s i
Der Vertrag ist angenommen, deshalb sollen die nöthigen
Maasregeln getroffen werden.
Dieses lakonische Document wurde den vier Bevollmächtigten
in gleichlautenden Exemplaren zugestellt; der erste Minister theilte
ihnen dabei mit, dass eine mächtige D a i 'u u o - Coalition, welche
auf den Sturz der Centralgewalt hinarbeite, die Ratificationsfrage
jetzt wieder zur Aufstachelung des M i k a d o benutze; dass dieser
nur einer Drohung des T a i k ü n , seine Truppen auf M i a k o marschi-
ren zu lassen, und dem kategorischen Auftreten der Gesandten
gewichen sei.
Bald nach Ankunft des Geschwaders in Y o k u h a m a stellte
das G o r o d z io auch dem preussischen Consul von Brandt eine Abschrift
des Ratifications-Instrumentes zu, das der äusseren Form nach mit
denen der anderen Diplomaten nicht übereinstimmte. Das begleitende
Schreiben sagte, »der Vertrag sei von dem M i k a d o a u f d a s neue
gut geheissen.« Da nun bei allen Verhandlungen mit ostasiatischen
Behörden die Etiquette niemals ohne Schaden vernachlässigt werden
kann, so verlangte Herr von Brandt für seine Regierung ein auch
in der Form mit den anderen übereinstimmendes Exemplar, und
erhielt ein solches mit der entschuldigenden Bemerkung, dass jenes
erste nur für ihn persönlich bestimmt gewesen sei. . Die Worte
»auf das neue gut geheissen« erklärte der Reichsrath für einen
Schreibfehler, wahrscheinlich um weitere Auseinandersetzungen zu
vermeiden. Noch wenige Jahre zuvor war es ja unter der Würde
der Gentralgewalt, beim Abschluss der Verträge die Einwilligung
des M i k a d o - einzuholen; dann sprach man von dessen stillschweigender
Anerkennung ihrer Politik durch Vermählung seiner
Schwester an den T a i k ü n ; jetzt bedurfte dieser der feierlichen
Sanction des Erbkaisers zu jeder wichtigen Handlung, um seiner
Herrschaft ein kümmerliches Dasein zu fristen. Auf jene stillschweigende
Gutheissung bezog sich wahrscheinlich der Ausdruck
»auf das neue.«
Welchen Werth die förmliche Ratification der Verträge, —
wenn das lakonische Document sie wirklich ausdrückt, — für die
Mächte des Westens hat, ist sehr fraglich. Durch die ganze Ge-,
schichte des Landes geht der sonderbare Zug, dass alle alten oder
verbrieften politischen Rechte nominell für heilig und unantastbar
gelten, ihre Ausübung aber nur soweit zugelassen wird, als der Berechtigte
sie durchsetzen kann. Daher ist denn auch eine Wi r k s
amke i t dieser »Ratification« in bedenklichen Eventualitäten kaum
zu erwarten. Der Japaner wird nominell immer die Heiligkeit der
Verträge anerkennen, wird sie aber nur soweit halten, als er dabei
nicht Schaden nimmt oder durch Kriegsschiffe gezwungen wird.