
dürfen, weil die öffentliche Stimmung für aufgeregt und fremdenfeindlich
gilt, und zweitens ist es ihr unangenehm, den diplomatischen
Agenten eines fremden Staates in Y e d d o z u sehen. In Bezug
auf Preussen hat sie dieses Widerstreben überwunden und sich zu
einem Vertrage bereit erklärt; warum benutzt sie nun den Moment
nicht um denselben mit einem Federstrich auf die anderen deutschen
Staaten auszudehnen, und für diese alle nur e in e n diplomatischen
Vertreter zu bekommen? Lässt sie den Augenblick vorübergehen,
so werden wahrscheinlich über kurz oder lang alle oder doch die
grösseren schiffahrttreibenden deutschen Staaten einzeln Gesandtschaften
schicken, und jeder für sich einen Vertrag und einen besonderen
Vertreter begehren. — Die japanische Regierung kann
dann zwar das Ansinnen dieser Gesandtschaften verweigern, aber
sie hat bereits die Erfahrung gemacht, wie unangenehm und peinlich
ein solches Abweisen für sie ist. Glaubt sie, dass der Titel der
conträhirenden Mächte zu lang ist und das Nationalgefühl verletzen
würde, so kann man über Abkürzung desselben nachdenken.
Zwar ist mit dem Erbieten der japanischen Regierung, einen Vertrag
mit Preussen zu schliessen, der Hauptzweck meiner Mission
erfüllt, und ich bin deshalb bereit sofort in Verhandlungen einzutreten;
aber die Vortheile, welche Japan aus einem gleichzeitigen
Abschluss mit allen genannten deutschen Staaten ziehen würde,
scheinen mir so gross, dass ich dem Minister nur rathen kann, die
Sache nochmals in Betrachtung zu nehmen.
Der Minister. Der T a ik ü n hat b e fo h le n , der vielen ent-
eeeenstehenden Hindernisse ungeachtet mit O - Ö o Preussen, aber auch
n u r mit Preussen einen Vertrag zu schliessen.
Der Gesandte. In der Vollmacht der B u n y o ’s steht, dass
sie beauftagt sind mit dem preussischen Gesandten ȟber alle
G e g e n s tä n d e» zu verhandeln; das schliesst nicht aus, dass sie
mit ihm auch den Vertrag zwischen Japan und den übrigen deutschen
Staaten berathen. Glaubt der Minister aber, dass es dazu noch
eines besonderen Befehls des T a ik ü n bedürfe, so möge er demselben
nochmals darüber Vortrag halten.
Damit wurde dieser Gegenstand abgebrochen. Auf eine Besprechung
des Vertrags-Entwurfes wollte der Minister nicht ein-
gehen, weil er denselben noch nicht geprüft habe. Graf Eulenburg
berührte darauf die Ueberreichung des Schreibens Seiner königlichen
Hoheit des Regenten an den T a ik ü n , worauf der Minister
sein Bedauern aussprach, dass in dem neu erbauten Palast bis dahin
nur die PrivatOg emächer fertOig seien,' nicht aber der Audienz-Saal,
vor dessen Vollendung der bei Ueberreichung eines königlichen
Schreibens erforderte feierliche Empfang nicht statt finden könne.
Er fragte, ob die Uehergabe nicht bei der künftigen Auswechselung
der Vertrags - Ratificationen, oder gleich an ihn selbst erfolgen
könne; dieser Palast sei nicht der seine, sondern ebensogut ein
kaiserlicher als das Schloss. Graf Eulenburg lehnte beide Vorschläge
ab und liess für jetzt den Gegenstand fallen.
Der Minister kam nun wieder auf den Vertrag: man sei
übereingekommen, dass derselbe hei Auswechselung der Ratifications-
Urkunden in Wirksamkeit träte; er habe nun die Bitte und werde
es als ein Zeichen besonderer Freundschaft ansehen, wenn diese
Auswechselung möglichst lange hinausgeschoben würde und die
preüssische Regierung ihren diplomatischen Vertreter erst nach
längerer Frist entsendete. Diese Wendung beutete Graf Eulenhurg
zum Vortheil der in Y o k o h am a ansässigen Deutschen aus. Sie
sollten, wie schon berichtet, als unberechtigt zum Aufenthalt in
Japan nach dem Willen der Regierung das Land verlassen. Der
Minister sprach ihnen auch jetzt die Befugniss ab dort zu verweilen,
Graf Eulenburg gab aber zu bedenken, dass man sie eine Zeit lang
ohne Protest geduldet und ihnen dadurch stillschweigende Veranlassung
zu ausgedehnten Handelsoperationen gegeben habe,
welche sich ohne grosse Verluste nicht plötzlich abbrechen liessen.
Er trage deshalb darauf an, dass man dieselben, oder, wenn man
wirklich nur mit Preussen abschlösse, wenigstens die Unterthanen
dieser Macht ungestört in Japan verweilen lasse, und in letzterem
Falle den nichtpreussischen Kaufleuten eine längere Frist zur bequemen
Abwickelung ihrer Geschäfte gewähre. Könne der Minister
ihm das in einem schriftlichen Versprechen zusichem, so wolle er
selbst gern nach Möglichkeit auf die Verzögerung der Ratifications-
Auswechselung und der Ahsendung eines diplomatischen Vertreters
hinwirken. Entgegengesetzten Falls aber sei es seine Pflicht solche
im Interesse der preussischen Unterthanen zu beschleunigen, und
er müsse dies auch dann thun, wenn die japanische Regierung den
deutschen Kaufleuten in der Zwischenzeit nicht alle Vortheile gewährte
und sie mit derselben Rücksicht behandelte, wie die Unterthanen
der Vertragsmächte. So kam es in dieser schwierigen Sache
zu einem vortheilhaften Compromiss.