
herrschte rege Thätigkeit: die Japaner hauten neue Batterieen, versahen
die alten mit schwerem Geschütz und verstärkten deren Besatzungen.
In der Maschinenfabrik zu A k u - n o - u r a wurden Tag und
Nacht Kugeln gegossen. Die Umgegend wimmelte von Soldaten, die in
starken Abtheilungen aus dem Inneren anrückten, während die friedlichen
Bewohner der Stadt und der umliegenden Dörfer in grossen
Schaaren mit Hab und Gut abzogen. Auch die meisten Tagelöhner
verliessen die Niederlassung oder waren nur durch verdreifachten
Lohn zu halten; aller Handelsverkehr hörte auf und die Unsicherheit
stieg von Tage zu Tage. Der Statthalter war sichtlich besorgt und
gab der Niederlassung eine Wache, ersuchte jedoch die Fremden
auf ihrer Hut zu sein, da er bei der starken Ansammlung von Soldaten
und der unter ihnen herrschenden Aufregung für nichts bürgen
könne. Die Japaner in N a n g a s a k i waren vom Vornehmsten bis zum
Geringsten überzeugt, dass man die Forderungen der Engländer
nicht erfüllen werde, und der Statthalter drang mit wohlwollender
Fürsorge in die Fremden, Alles zur schleunigen Einschiffung bereit
zu halten, da es ausser seiner Macht stehe, sie heim Eintreffen der
Nachricht vom Ausbruch des Krieges vor Unbilden zu schützen.
Sie hatten auch ihre Bücher und Kostbarkeiten sowie die werthvollsten
Waarenvorräthe auf die Schiffe gebracht, und versammelten
sich, einen nächtlichen Angriff befürchtend, allabendlich in zwei
dem Landungsplätze zunächst gelegenen Häusern der Niederlassung,
während der englische Consul, der seine Person besonders exponirt
glaubte, die Nächte an Bord eines der englischen Kanonenboote —
Swallow und Ringdove — zuzubringen pflegte. Für den Kriegsfall
hatte der Admiral ein grösseres Schiff versprochen.
An den Schutzmaassregeln für die Niederlassung in Y o k u h a m a
betheiligten sich die diplomatischen Agenten und Consuln aller Vertragsmächte
ausser den amerikanischen, welche noch immer eine Ausnahme
Stellung einnahmen und, die Solidarität der Interessen verkennend,
sich von den gemeinsamen Handlungen der übrigen Vertreter
ausschlossen. Eine amerikanische Handelsgesellschaft versorgte
die Regierung des T a ik ü n mit Waffen und Kriegsmaterial aller Art
und hatte sogar die Lieferung gross'er Kriegsschiffe zugesagt. Dieser
Handel nahm besonders seit Beginn der kriegdrohenden Verwickelungen
mit England einen lebhaften Aufschwung, und man
glaubte in der Niederlassung, dass der amerikanische Minister-
Resident — ohne Wissen seiner Regierung — sich mit grossen
Sufnmen daran betheilige. Herr Pruyn hatte von Herrn Harris
dessen Vertrauensstellung und Antagonismus gegen die Vertreter
einiger europäischen Mächte, aber nicht dessen Tact und Einsicht
geerbt, und zerstörte durch sein Auftreten allmälich das Werk seines
Vorgängers, dessen Früchte er anfangs genoss. Bis zum Mai 1863
war er der einzige Diplomat, der seinen Sitz bleibend in Y e d d o
behielt, — denn die Vertreter der anderen Mächte gingen schon
lange nur zur Abwickelung ihrer Geschäfte hinüber, — der amerikanische
Consul und einige Missionare die einzigen, die noch in
K a n a g a v a wohnten. Der Reichsrath hatte Herrn Pruyn schon
wiederholt deutlich zu verstehen gegeben, dass er seine Uebersiede-
lung nach Y o k u h a m a wünsche. In der Nacht des 23. Mai brach
dann plötzlich in dem an die Gesandtschaft stossenden Priesterhause
Feuer aus und griff so rasch um sich, dass Herr Pruyn mit Mühe
nur das Archiv rettete. Er siedelte nun in einen kleinen Tempel
in der Nähe über und bestand darauf in Y e d d o z u bleiben, wurde
aber in der Nacht zum 1. Juni unter Vorspiegelung einer grossen
Lebensgefahr plötzlich halb gewaltsam aufgehoben und an Bord
eines japanischen Dampfers1 gebracht, der ihn am folgenden Morgen
in Y o k u h a m a absetzte. Zu gleicher Zeit mussten auch der amerikanische
Consul und die Missionare aus K a n a g a v a dahin übersiedeln.
Am 24. Mai kehrte T a k e m o t o K a i - n o - k a m i aus M i a k o nach
Y e d d o zurück und hatte am 25. eine Unterredung mit dem englischen
Geschäftsträger, welcher auch Herr von Bellecourt und die
Geschwadercommandanten beiwohnten. Aus seinen Mittheilungen
ergab sich , dass der T a ik ü n für jetzt nicht an Feindseligkeiten denke,
also die Anerbietungen der fremden Vertreter ab lehnen müsse. Die
regierungsfeindliche Bewegung trete in Gestalt zahlreicher L o n i n -
Banden auf, welche das Land beunruhigten und die Bevölkerung
aufhetzten. Der T a i k ü n habe sich mit dem M i k a d o ausgesöhnt
und wünsche nach Y e d d o zurückzukehren, aber die um M i a k o versammelten
aufrührerischen Heerhaufen beeinflussten den dortigen
Hof und widersetzten sich seiner Abreise. Die Majorität des Reichs-
' rathes und der den T a i k ü n vertretende Fürst von O w a r i hätten die
Zahlung der Strafsumme beschlossen, doch könne man sie vor Rückkehr
des T a i k ü n ohne grosse Gefahr für die Fremden sowohl als
für die Regierung nicht öffentlich vollziehen; die Erbitterung der
LomNe würde sonst den höchsten Grad erreichen und einen Angriff
auf Y o k u h a m a zur Folge haben, die regierungsfeindliche Parthei