
hatte der Besitzer eine reiche Sammlung japanischer Gewächse aus
allen Theilen und Lagen des Reiches gepflanzt und die Bodenverhältnisse
seines Grundstückes mit grösser Einsicht benutzt, um jeder
Pflanze die ihrer Entwickelung zuträglichen Lebensbedingungen zu
schaffen. E r .verfügte über eine reichhaltige wissenschaftliche Bibliothek
und sammelte eifrig Material zur Vollendung seines encyclopädischen
Werkes. Die Schwierigkeit japanische Karten undBücher historischen
oder geographischen Inhalts zu erlangen, war seit Zulassung der
Fremden viel geringer als früher; Herr von Siebold hatte zur Zeit
unserer Anwesenheit wieder eine Sammlung von achthundert Bänden
zusammengebracht und vermehrte deren Zahl bei seinem Aufenthalt
in Y e .d d o , im Sommer desselben Jahres, wahrscheinlich noch bedeutend.
— Er und sein ältester Sohn, der später als Dolmetscher
und Gesandtschafts - Attache in englische Dienste getreten ist, lebten
in N a .- s g a s a Ki fast ausschliesslich im Verkehr mit Japanern und
kamen mit den Bewohnern von D e s i a t a und den übrigen Eremden
wenig in Berührung. Herr von Siebold ist bekanntlich ein grösser
Bewunderer des japanischen Volkes und tief durchdrungen von dessen
hoher Begabung, Intelligenz und Tüchtigkeit. Er schien bei seinen
einheimischen Nachbarn grösser Achtung und Freundschaft zu
gemessen.
An der neuen Ansiedlung der Fremden am Südost-Ufer der
Bai wurde damals rüstig gearbeitet. Der Baugrund ist eben; man
hat eine Bucht, deren seichtes Wasser zur Ebbezeit den Boden fast
trocken zu lassen pflegte, durch einen Damm vom Meere abgeschnitten,
entwässert und ausgefüllt. Ein schnurgrader stattlicher Quai
hegränzt die Niederlassung nach dem Hafen zu, auf der Landseite
umgibt sie ringsum ein grüner Hügelkranz, an dessen Abhängen die
Consuln in Tempeln und zierlichen Landhäuschen mitten im Camelien-,
Lorbeer- und Myrthengebüsch wohnen. Die Niederlassung ist
städtisch angelegt, mit graden, rechtwinkligen Strassen; nur wenige
Häuser waren zur Zeit unserer Anwesenheit fertig, aber man baute
mit grossem Eifer.
Der Weg von da nach der Stadt führt am Seegestade entlang
und an dem T o d z i n - Y a s i k i , dem mauerumschlossenen Stadtviertel
der Chinesen vorüber. Ihr jetziger Handel scheint gering, was
theils in der steigenden Concurrenz der westländischen Fremden,
zumeist aber wohl in der Erschlaffung der Nation, dem Verfall
ihrer politischen Einrichtungen, und der Verwüstung der gewerbreichsten
Provinzen durch die Rebellen seinen Grund hat; es mag
an Capital und Unternehmungslust fehlen. Die Chinesen haben
keinen Vertrag mit Japan, sondern werden nur aus Gewohnheit und
auf Grund uralten Uebereinkommens in N a n g a s a k i geduldet. Sie
besitzen auf den benachbarten Höhen ihre eigenen Tempel und
bilden eine abgeschlossene Gemeinde, die sich allem Anschein nach
ohne Einfluss der heimischen Behörden constituirt und verwaltet,
eine selbständige kleine Handelsrepublik von sehr losem Zusammenhänge.
Sie scheint nicht aus den besten Elementen des chinesischen
Volkes zu bestehen und in ihren vier Pfählen ziemlich gesetz- und
sittenlos zu leben. Kein Europäer, dem seine Haut lieb ist, wagt
sich in die Einzäunung; die es gethan, sind jedesmal ubel
zugerichtet worden, oft kaum mit dem Leben davongekommen. -
Jetzt wohnen auch viele Chinesen als Commis und Diener der westländischen
Handelshäuser .in N a n g a s a k i ; diese haben mit dem
T o d z in - Y a s ik i keine Gemeinschaft.
Beim Abschied von N a n g a s a k i , dessen Herrlichkeiten sattsam
zu gemessen unsere Zeit leider viel zu kurz war, möge es erlaubt
sein, noch Einiges über die merkwürdige Vergangenheit des kleinen
D e s im a nachzutragen. Von seiner Lage-, Grösse und Geschichte
ist schon im einleitenden Abschnitt gehandelt worden; hier soll
versucht werden, ein Bild von dem Zustande des Inselchens und
den Leiden und Freuden der Niederländer in den verschiedenen
Phasen ihrer Einschliessung zu entwerfen.
Das alte D e s im a war von dem heutigen sehr verschieden.
Hohe Stackete und Zäune umschlossen die Insel; ringsumher stand in
geringer Entfernung eine Reihe Pfähle im Wasser, mit Warnungen,
dass sich bei Todesstrafe niemand unterstehen möge, mit, Booten
dort anzulegen oder zwischen den Pfählen und unter der nach
dem Lande führenden Brücke durchzufahren. In der Mitte der Insel
lief, wie noch heut, eine Strasse quer durch ihre Länge, gekreuzt
von einer zweiten kürzeren, die auf das Brückenthor stiess. Die
Häuser dieser Strassen beschreibt Kämpfer als »schlechte, aus
Tannenholz und Leimen zusammengepappte Bauten, die etwa das
Ansehen von Ziegenställen haben; . . . . das untere Stockwerk dient
zu Packkellern und Niederlagen, der Söller aber zur Wohnung.«
Ausserhalb dieser Häuserreihen, welche Bürgern von N a n g a s a k i