
von Y e d d o theils das unseres Nachbarn T o s a v a K a d s u s a N o f s k i
trugen; vor jedem paradirte eine schnurgrade Reiht’ langer Piken
mit leuchtenden Rosshaarpuscheln. Das Ganze machte den Eindruck
militärischer Genauigkeit und Ordnung bis auf die Soldaten, die
wohl kräftig aber nicht kriegerisch aussehen; ihre mangelhafte
Fussbekleidung lässt kein festes Auftreten, die weiten, hängenden
Rockärmel weder freie noch knappe Bewegungen zu. — Die Besatzung
zog Tag und Nacht halbstündlich - wo es schmutzig war
im Gänsemarsch und sehr behutsam tre ten d— in starken Patrouillen
um das Haus, und unsere B ü n y o ’s , vor Allen M u r a g a k i , erschienen
oft spät in der Nacht, um die Wachen zu revidiren.
Wir trafen natürlich auch unsererseits Vorsichtsmaassregeln.
Capitän Sundewall schickte noch zehn Seesoldaten von der Arkona
und einige von der Thetis, mit Gewehren, Munition und Signalraketen,
so dass wir eine Wache von zwanzig Mann mit Zündnadelgewehren
hatten. Auf den Kriegsschiffen hielt man Alles zur
armirten Landung bereit und stellte Posten, die beständig nach
den Signalen ausschauen mussten. In A k a b a n e organisirten die
Attaches Lieutenants von Brandt und Graf Eulenburg die Ver-
theidigung, wiesen Jedem von uns für den Fall des Angriffs seine
Stellung und Thätigkeit an, stellten Nachts an geeigneten Plätzen
in und ausser dem Hause militärische Posten aus und gingen häufig
die Ronde, v— In der Nacht zum vierten kam es beinah zum Zu-
sammenstoss mit den Japanern: der Uhterofficier der Wache wollte
die Posten revidiren und begegnete in tiefer Dunkelheit einer japanischen
Patrouille; beide Theile glaubten auf den Feind zu sfossen;
schon ^nackten die Pistolenhähne des Unterofficiers und die Schwerter
der Japaner fuhren blitzend aus den Scheiden, als man sich zum
Glück noch erkannte.
Wir waren also gerüstet, wussten aber nicht recht ob an
Gefahr zu glauben wäre. Wollten die Verschworenen uns ernstlich
zu Leibe, so hatten wir wenig Aussicht auf Rettung; die engen
winkligen Gänge und die Papierwände unserer kleinen Zimmer waren
der Vertheidigung sehr ungünstig, die Aussenhöfe nur durch niedrige
Bretterzäune und Hecken von den nächsten Grundstücken getrennt,
und ihr Umfang zu ausgedehnt um Nachts mit Erfolg bewacht zu
werden; wir konnten durch einen entschlossenen Angriff überrumpelt
und sämmtlich niedergemacht werden, ehe wir nur auf die Beine
kamen, oder durch nächtliche Brandstiftung ausgeräucheft, im Tumult
den Bravo’s in die Klingen laufen, Sie hatten den grossen Vortheil,
uns überall sogleich an der Kleidung zu erkennen, während wir sie
erst beim Angriff von anderen Japanern zu unterscheiden gewusst
hätten. Ehe Hülfe von den Schiffen anlangte vergingen im günstigsten
Falle beinah zwei Stunden, so lange konnte man sich gegen
einen entschlossenen Angriff nicht halten; ein heftiger Westwind,
wie wir ihn kannten, cernirte uns aber vollständig. Solche Betrachtungen
Hessen wohl Manchen die ersten Nächte in unruhigem Schlafe
verbringen , wir ritten auch an den beiden ersten Tagen weniger aus
als sonst; dann aber wurde die Vorsicht unbequem, die Mögfichkeit
der Gefahr erweckte nur frischeren Lebensmuth und wir gingen
ganz unsere früheren Wege.
Auf den anderen Gesandtschaften hatten die Japaner ähnliche
Vorsichtsmaassregeln getroffen wie bei uns. Vor dem amerikanischen
Tempel waren sogar Kanonen aulgefahren, trotz allen Protesten des
Herrn Harris, der anfangs an keine Gefahr glaubte und die ganze
Verschwörungsgeschichte für eine List der Regierung hielt. Man
hatte ihn schon beim ersten Aufenthalt in Y e d d o , als er 1857 den
Vertrag verhandelte, ebenfalls mit einer starken mifitärischen Wache
umseben und einen nächtlichen Patrouillendienst organisirt, ihm
_ auch täghch die Lebensgefahr vorgestellt in welcher er schwebe,
nur um ihn einzuschüchtern und aus der Hauptstadt zu vertreiben;
als aber das Alles keinen Eindruck machte, stellte man damals stillschweigend
den Patrouillendienst wieder ein und zog die Wache
zurück. AehnHch deutete er die jetzige Lage: die Regierung hatte
wiederholt den dringenden Wunsch ausgesprochen, dass die fremden
Consuln in Y o k u h am a statt in K a n a g a v a wohnen, die Gesandtschaften
in Y e d d o aber sämmtlich ein Gebäude innerhalb des S ir o ,
der kaiserfichen Stadt beziehen möchten, wo bei weit grösserer
Sicherheit auch der Verkehr mit den japanischen Behörden viel
bequemer wäre; die Diplomaten sahen in diesen Vorschlägen aber
nur die Absicht sie zu beaufsichtigen und immer mehr zu beschränken,
und lehnten sich consequent dagegen auf. Da jetzt die Japaner
mit ähnlichen Ansinnen hervortraten, so hielt namentfieh Herr Harris
die Vorspiegelung der Gefahr für einen Versuch, jenen Zweck durch
Einschüchterung zu erreichen. Herr Alcock sah die Sache ernster
an; die Japaner schienen ihm wirklich beunruhigt, das Auftreten der
B u n y o ’s hatte etwas Ernstes und Aufrichtiges und eine gewisse
Aengstfichkeit Hess sich auch unseren Hausbeamten und Dienern