
ermüden zu dürfen; der englische Geschäftsträger erklärte, die Gesandtschaftswache
sei nur zum Schutze seiner Person berufen, und
so fiel die ganze Last auf die anderen, vorzüglich die französischen
und die preussischen Truppen. Einziges Ergehniss der Conferenz
war der Beschluss, täglich eine Streifpatrouille in die Umgegend zu
senden, deren Bewachung bis dahin ganz den Japanern zustand.
Die Ansiedler wünschten dringend Organisirung eines nächtlichen
Patrouillendienstes in dem Städtchen, wozu hei der Weigerung der
Engländer die Kräfte nicht ausreichten. Die Mannschaft der Gazelle
nahm während der ganzen Dauer ihrer Anwesenheit vollen Antheil
an der Bewachung und machte hin und wieder unter Führung ihres
Commandeurs Uebungsmärsche in die Umgegend.
In der zweiten Hälfte des Octoher mehrten sich die Zeichen
der Unsicherheit in bedenklicher Weise: man fand eines Morgens
ein Placat an der Thür des Gouverneurs von K a n a g a v a , welches
zweiundzwanzig der angesehensten japanischen Kaufleute in Y o k o h am a
mit dem Tode bedrohte, wenn sie den Handel mit den Fremden
nicht aufgähen. Die Namen waren strassenweise geordnet, und der
Mordbrief gab als Motiv an, dass Jene die unglückliche Krisis über
das Land gebracht und für die Noth der leidenden Bevölkerung
niemals ein Herz gezeigt hätten. Der Umstand, dass mehrere der
Genannten die Geschäfte der Regierung vermittelten, schloss den
Gedanken einer Spiegelfechterei von dieser Seite aus. Schon waren
mehrere japanische Kaufleute, die mit Fremden gehandelt hatten,
in Y e d d o , O s a k a und F io g o umgebracht worden, und man durfte
am Ernste der Drohung nicht zweifeln. Von den jetzt genannten
stellten zwölf sofort die Geschäfte ein und verliessen meist unter
Schliessung ihrer Häuser die Niederlassung. Der Handel gerieth
immer mehr in das Stocken, alle Beschwerden bei der Regierung
blieben fruchtlos. Im Gegentheil drückte diese den Verkehr -jetzt
nicht nur durch solche Lasten, welche ihr selbst Vortheil brachten,
sondern beschränkte die Zufuhr auf das kleinste Maass; das Gerücht
behauptet, sie habe damals drei Viertheile aller Seidenwürmer ver-
iilireri lassen. Man näherte sich offenbar einer Krisis.
Am 24. October Hess der Reichsrath die Vertreter von Niederland
und Amerika nach Y e d d o bescheiden, wo er ihnen wichtige
Mittheilungen zu machen habe. Die Herren van Polsbroek und Pruyn
erschienen dort am 26. und wurden zu ihrem Erstaunen in ein ihnen
ganz fremdes, des Empfanges von Diplomaten nicht sehr angemessenes
Local in der Vorstadt S i n a g a v a geführt. Es. soll ein altes
Schiffsdock gewesen sein. Ausser den Mitgliedern des G o r o d z i o
waren dort auch der zweite Reichsratli, der Statthalter von N a n g a s a k i
und andere Würdenträger gegenwärtig; man wollte offenbar der
Versammlung das Ansehn äusserster Wichtigkeit geben. Der Wortführer
begann mit der Eröffnung, dass die Regierung ihre am 24. Juni
durch O n g a s a v a r a D s u s i o - n o - k am i an die diplomatischen Agenten
gerichtete Notification von der Schliessung der Häfen jetzt amtlich
zurückziehe; dass aber die grossen Verlegenheiten, welche die Anwesenheit
der Fremden in Japan ihr bereite, eine erhebliche
Modification der Verträge erheischten. Diese seien ihrer Zeit geschlossen
worden, um Verwickelungen mit dem Auslande vorzubeugen,
aber u n te r dem V o rb e h a l t, d a s s sie n u r a ls V e rsu c h
g e lte n so llte n . Jetzt drohe in Folge derselben eine politische Umwälzung,
die nur vermieden werden könne, wenn die Fremden sich mit
dem Verkehr in N a n g a s a k i und I I a k o d a d e begnügten. Der Hafen
vonKANAGAVA solle deshalb geschlossen werden, und die Fremden
müssten Y o k u h a m a räumen. Widersetzten sich die Diplomaten, so
werde nicht nur der Handel, sondern auch die Freundschaft auf hören.
Diese Mittheilung wurde in trotzigem Tone, mit Umgehung
der gewöhnten höflichen Formen gemacht. Die beiden Diplomaten
verstanden deren Tragweite vollkommen: man wollte die Fremden
in diejenige Stellung zurückweisen, welche die Holländer wahrend
ihrer Absperrung auf D e s im a eingenommen hatten. Sie antworteten,
dass es ihnen nicht zustehe eine Eröffnung mit anzuhören, welche
den offenen Bruch der Verträge in sich scliliesse; dass sie dieselbe
als nicht, geschehen»betrachteten und ihre Regierungen wie die
Repräsentanten der anderen Vertragsmächte von dem völkerrechtswidrigen
Gehahren der japanischen Regierung benachrichtigen würden.
Die Minister bestanden auf der Räumung von Y o k o h a m a , gaben
deutlich zu verstehen, dass der Widerstand der Fremden zum offenen
Bruch, zu Feindseligkeiten führen werde, und ersuchten die beiden
Diplomaten, ihren Amtsgenossen in Y o k u h am a nichts von der Mittheilung
zu sagen, da diese sich sonst der Einladung nach Y e d d o
entziehen würden. H e r r Polsbroek und General Pruyn wiesen dieses
in dringender Weise wiederholte Ansinnen kategorisch zurück und
entfernten sicli unter Protest.
Am folgenden Tage erhielten denn auch die Vertreter von
England und Frankreich Einladungen nach Y e O d d o , antworteten aber