
die Häuser städtischer. Der Raum zwischen dem Meere und der
steil abfallenden Höhe verengt sich zu einem schmalen Streifen,
den ein Labyrinth gewundener Gassen und Gässchen erfüllt. Auf
der Höhe rechts und an ihrem Abhange liegen Tempel und andere
ansehnliche Gebäude, die Wohnungen der Consuln; schwindelnde
Treppenfluchten führen bis zum Gipfel hinan. —- Her Gesandte stieg
bei Herrn von Bellecourt ab, der grade in Geschäften anwesend
war; seine Begleiter fanden im englischen und im portugiesischen
Consulat gastliche Aufnahme. Hie Y a k u n in c wurden entlassen, denn
hier durfte man sich ohne Escorte bewegen.
K a n a g a v a bietet ausser seiner schönen Lage und dem Blick
von den Höhen auf die freundliche belebte Bucht kaum etwas
Bemerkenswerthes; Einige von uns fuhren noch denselben Nachmittag
nach Y o k u h am a hinüber zu ihren dort wohnenden Reisegefährten.
Die Bootsfahrt dauert bei gutem Wetter kaum eine halbe Stunde;
der F u s i - y a m a , der uns an diesem Tage zuerst im weissen Winterkleide
erschien, spiegelte majestätisch sein glänzendes Haupt in
dem weiten Becken.
Wir fanden unsere Freunde in dem damals in Entstehung
begriffenen Y o k u h a m a - Hotel, — das ein gewesener holländischer
Schiffscapitän haute, zwar nicht sehr bequem eingerichtet, aber
zufrieden mit ihrem Aufenthalt. Das Vordergebäude des Gasthofes
wurde eben in Angriff genommen und noch im Laufe des Winters
vollendet; der geräumige Hof, an drei Seiten von langen einstöckigen
Baracken umschlossen, lag voll Baumaterial; auf der einen Seite
der Speisesaal mit Billard und Schankzimmer, gegenüber eine Reihe
kleiner Wbhn- und Schlafstuben, im Gründe, dem Hauptgebäude
gegenüber, die Pferdeställe, Alles in Eile budenartig zusämmenge-
zimmert und halb japanisch, halb europäisch eingerichtet. Das
Ganze glich damals einer improvisirten Jahrmarktsschenke; aber
Küche und Keller waren g u t, der Wirth zuverlässig und gefällig,
und für Bedienung sorgte man seihst. Y o k u h a m a , zwei Jahre vorher
noch ein elendes Fischerdorf, blühte mächtig auf, und, war auch
die goldene Zeit der K o e a n g - Ausfuhr vorüber, so wurden doch
täglich noch bedeutende' Summen gewonnen. Alle grossen westländischen
Handelshäuser China’s hatten dort ihre Commanditen und
setzten grosse Massen haaren Silbers in Umlauf; die W^aaren-Ausfuhr
blieb immer hinter der Nachfrage zurück. Japanische, europäische
und amerikanische Kaufleute, Handwerker und Abentheurer strömten
in Menge zu, um von einander Vortheil zu ziehen und den Markt
auszubeuten, ein reges schwindliges Treiben.
Den Mittelpunct des kleinen Verkehrs bildete eine lange
gerade Strasse, mit Krambuden und Kaufläden Haus für Haus, wo
man die grösste Auswahl von Lack- und Bronze-AVaaren und alle
die tausenderlei Kleinigkeiten findet, deren schon bei der Beschreibung
von Y e d d o gedacht wurde. Die meisten Sachen aber sind
von geringer Qualität, aussen glatt und glänzend, doch wenig dauerhaft,
dabei wohlfeiler J als in Y e d d o und grossentheils auf das
Bedürfniss und den Geldbeutel der Schiffsmannschaften berechnet.
Das fremde Publicum ist hier ja auch viel zahlreicher und weniger
wählerisch als in der Hauptstadt; die Meisten kaufen aus Speculation,
nicht aus Liebhaberei, daher denn auch der europäische Markt mit
mittelmässigen japanischen Fabrikaten überschwemmt ist, die im
Lande selbst keinen Absatz finden würden, während die besseren,
namentlich alte Lack- und Bronzewaaren, welche in Japan hohe
Preise haben, verhältnissmässig selten zu uns gelangen. Einzelne
werthvolle Stücke kommen auch in Y o k u h a m a vor und finden an
den wenigen Liebhabern unter den Consuln und gebildeteren Kaufleuten
bereitwillige Käufer. Die japanischen Krämer wissen ihr
Publicum sehr wohl zu beurtheilen, und hüten sich kostbare Sachen
in den offenen Läden der Kntik und Betastung des Schiffsvolkes
preiszugeben; in den Hinterzimmern aber kramen sie bereitwillig ihre
Schätze aus, oder bringen guten Kunden auch wohl die werthvollsten
Sachen in die Häuser.
Am Ende der langen Strasse lag eine kleine Menagerie,
richtiger Thierhandlung, in der für die Eingeborenen ein europäisches
Schaaf und ein Kakadu das Merkwürdigste waren, für uns
dagegen die weissen Kraniche und japanischen Affen, welche nur in
den südlichen Theilen des Reiches Vorkommen. Der Zoologe der
Expedition Dr. von Martens that dort und auf dem Fischmarkt, wie
der Botaniker Regierungsrath Wichura bei den Kunstgärtnem und
Saamenhändlem manchen erwünschten Fund. Beide Naturforscher
und auch der Geologe Freiherr von Richthofen waren mit ihrem
Aufenthalte in Y o k u h am a sehr zufrieden; sie konnten sich hier frei
bewegen und machten weite Ausflüge in die Umgegend. Ueberall
nahmen die Landleute sie freundlich auf, bewirtheten sie gern mit
Thee, Eiern und Apfelsinen, und waren oft erstaunt einige T em p o —
Groschen — dafür zu erhalten. Sie zeigten sich niemals misstrauisch