
in der Nische, dem Ehrenplatze des Hauptgemaches auf und setzt
ihnen auf grünen Binsenmatten eine zierliche Malzeit von Reis,
Gemüsen und Früchten vor. In der Mitte steht ein Gefäss mit
Rauchkerzen, ein Wasserkrug, aus dem der Reis mit Hanfbüscheln
besprengt wird, eine Schüssel, in welcher ungekochte Reiskörner
auf Blumenblättern im Wasser schwimmen, und Becher mit Blumen
und grünen Sträussen. Lichter und Laternen brennen dabei die
ganze Nacht; die Hausbewohner verrichten dort ihre Andacht und
rufen den helfenden B u d d a - A m id a um ein seliges Leben für die
Verstorbenen an. Am Morgen des zweiten Tages wird der Wasserkrug
durch Theetassen ersetzt; zum Frühstück und Mittag trägt
man Schüsseln mit Reis und Leckerbissen auf; Abends werden vor
allen Gräbern Laternen angezündet, und Becher mit grünen Zweigen,
Schüsseln mit Leckerbissen und Rauchkerzen daneben gestellt. Die
Laternen brennen die ganze Nacht; früh um drei den folgenden
Morgen packt man die Lebensmittel mit bunten Leuchten, Rauchkerzen
und Geldmünzen — der Reisezehrung - auf strohgeflochtene
Schiffchen mit Papiersegeln und lässt diese in das Wasser. In den
Häusern wird zugleich grösser Lärm durch alle Gemächer und Winkel
bis unter das Dach gemacht, damit ja kein Seelchen zurückbleibe
und Spuk treibe; — sie müssen ohne Gnade hinausi#pj Die Beleuchtung
der Friedhöfe von N a n o a s a e i , welche in steilen Terrassen
ansteigend die Uferhöhen rings um die Bai bedecken, soll zauberisch
wirken. Die Strassen der Stadt sind die ganze Nacht hell erleuchtet
und von Menschen belebt; alle Glocken läuten, die Priester singen
Litaneien, Jeder lärmt auf seine Weise so laut er kann; — wenn
dann ein Windstoss- die Strohschiffchen in die Bucht hinaustreibt,
so tanzen auch auf dem Wasser unzählige Lichtchen, und ein kleines
Fahrzeug nach dem ändern geht in hellen Flammen auf. Arme Leute
stürzen sich trotz den ausgestellten Wachen schaarenweise in das
laue Meer, um die Geldmünzen und Lebensmittel zu erbeuten, und
zuweilen sollen sich förmliche Seeschlachten entspinnen.
Mit der Geburt, Hochzeit und Bestattung sind in Japan
feierliche Gebräuche verbunden wie hei uns. — Das Kind wird
dreissig Tage nach der Geburt gereinigt, geschoren und festlich
aufgeputzt in den Tempel des K a m i gebracht, zu dem die Familie sich
hält; das Loos bestimmt seinen Namen, wobei eine Art Taufe durch
Besprengung mit Wasser vollzogen wird, während der heilige Chor
die Litaneien singt. Man besucht nach der Einsegnung noch andere
KAMi-Hallen und bringt endlich den Säugling zu den nächsten Verwandten.
Ist es ein Knabe, so erhält er dort zwei Fächer und ein
Hanfbündel; ein Mädchen wird mit einer Schale Schminke, emem
Hanfbündel, Talismanen und anderen Kostbarkeiten beschenkt. Die
Fächer bedeuten Schwerter, männliche Tapferkeit, die Schminke
weibliche Reize; das Hanfbündel soll sich zum langen Lebensfaden
ausspinnen. Beim Uebergang in das Jünglingsalter wird dem Knaben
das Haupt feierlich in der,Art geschoren wie es die Männer tragen, -
von der Stirn bis zur Scheitel kahl; das Haar bleibt in Hufeisenform
um den Hinterkopf und bis zu den Schläfen stehen, wird oben zusammengebunden
und in einem kurzen steifen Schopf nach vorn
gebogen. Der Jüngling erhält jetzt einen anderen Namen, der sich
nachher bei wichtigen Lebensereignissen gewöhnlich noch mehrfach
ändert. -
Das Ehebündniss wird im Hause des Bräutigams in Gegenwart
der Eltern und einiger Zeugen geschlossen, indem man demBautpaare
unter gewissen Formalitäten eine Schale S a k i reicht. Man bringt
zugleich dem Jahresgotte Opfer, damit er langes Leben verleihe,
stellt beim Hochzeitsgelage das S im a d a i , ein Sinnbild des glücklichen
Alters auf, und geniesst zum Gedächtniss der Voreltern deren einfache
Nahrung, Seetang und Muscheln. Die Braut ist in weiss, die Farbe
der Unschuld gekleidet; — ihr Gewand soll zugleich ihre Tugend
und ihre Betrübniss beim Scheiden aus dem elterlichen Hause andeuten,
— denn Weiss ist, wie in China, zugleich die Farbe der
Trauer. — Im Einzelnen sind d i e V e r l o b u n g s - und Hochzeitsgebräuche
sehr complicirt und mannichfaltig, für jeden Stand besonders geregelt.
Titsingh hat ein japanisches Buch übersetzt, in welchem
alle Formalitäten, die F’estgeschenke und ihre Ueberreichung, die
Kleidung und das Betragen der Brautleute, Verwandten, Hochzeits-
gäste: Dienstboten und Vermitteler bis ins kleinste geregelt, jeder
Schritt und jede Stellung genau beschrieben sind.
Die Leichen werden meist nach buddistischem Ritus bestattet;
— den S in t o - Priester würde die Berührung der Todten, ja selbst
die Begräbnissfeier unrein machen. Der Sarg besteht aus einem
leichten, mit weissem Papier beklebten Holzgestell, in welchem der
Todte aufrecht sitzt; man soll ein Mittel haben, den steifgewordenen
Körper wieder biegsam zu machen und in die sitzende Stellung zu
bringen. So wird er auf den Schultern der weissgekleideten Angehörigen
hinausgetragen und unter dem Gesänge von Litaneien in